Titelthema Fahrgastinformation
Informationsmöglichkeiten zu defekten Lifts
Immer wieder fallen auf Berliner Bahnhöfen
die Aufzüge aus. Ärgerlich für Fahrgäste mit
schweren Gepäckstücken. Vernichtend für
die gesamte Fahrt ist das hingegen für mobilitätseingeschränkte
Reisende. Sie sind oft
auf Fahrstuhl oder Rampe angewiesen. Damit
sind nicht nur die Rollstuhlfahrer gemeint,
sondern eine Vielzahl betroffener Menschen.
Hierzu zählen unter anderem Mütter bzw Väter
mit Kinderwagen oder alte Menschen, die
Gehhilfen wie Rollatoren benötigen.
8. Sep 2015
Wer schon im Vorfeld seiner Fahrt verhindern möchte, unvorbereitet vor einem kaputten Aufzug zu stehen, der sollte sich rechtzeitig informieren. Hierzu bietet das Internet mittlerweile mehrere Möglichkeiten:
Um zu erfahren, wo bei der BVG ein Aufzug klemmt, kann man unter www.bvg.de nachsehen. Direkt auf der Hauptseite im linken Teil gibt es einen Link → Alle Aufzugsstörungen. Wer häufiger auf bestimmten Stammstrecken unterwegs ist und nicht
immer nachsehen möchte, kann sich über Aufzugsstörungen per E-Mail informieren lassen. Registrierte Nutzer des Online-Auftritts der BVG speichern im personalisierten Bereich „Meine BVG“ unter Meine Favoriten → Meine Haltestellen die Wunsch-BVG-Haltestellen und erhalten bei Störungsbeginn und Entstörung Benachrichtigungen per E-Mail.
Die S-Bahn Berlin bietet auf www.s-bahn-berlin.de unter der Rubrik Fahren → Barrierefrei unterwegs → Aktuelle Mobilitätsstörungen Informationen über funktionsuntüchtige Fahrstühle nicht nur bei den eigenen Bahnhöfen sondern auch im Regionalverkehr. Darüber hinaus erfährt man dort auch, welche Rolltreppen zurzeit ausgefallen sind, was bei der BVG fehlt.
Schade ist, dass jedes Unternehmen nur über die eigenen Aufzugstörungen informiert. Die S-Bahn bietet einen direkten Link zur entsprechenden BVG-Seite, aber die BVG verlinkt hingegen zu einer dritten Seite www.brokenlifts.org.
Hier hat der Verein Sozialhelden in Kooperation mit dem VBB eine Datenbank geschaffen, die über alle defekten Fahrstühle informiert. Die Seite ruft im Viertelstundenrhythmus die Störungsinformationen von S-Bahn und BVG ab und stellt diese gebündelt dar. Interessant (und erschreckend zugleich) sind die Informationen zu den jeweils letzten drei Ausfällen jedes Aufzuges und deren Reparaturdauer. Doch was macht man mit diesen Erkenntnissen?
Der VBB hat die Brokenlifts-Aufstellung nicht nur als übersichtliche Zusammenfassung für den Fahrgast und interessierten Betrachter schaffen lassen, sondern nutzt die Daten auch gezielt für die VBB-Fahrinfo. Sucht ein Fahrgast unter fahrinfo.vbb.de eine Verbindung, so wird im Falle defekter Aufzüge an Ein-, Um- und Aussteigebahnhöfen unter der Fahrplanauskunft direkt ein Warnhinweis ausgegeben. Nun kann der Nutzer neben den vielfältigen Optionen für eine barrierefreie Reisekette auch angeben, bis zu zwei betroffene Umsteigebahnhöfe bei der Verbindungssuche auszuschließen. Nachteil dabei ist, dass der Halt komplett für Verbindungen „disqualifiziert” wird.
Ein Beispiel: Von U-Bf Vinetastraße nach S-Bf Buch muss in S+U-Bf Pankow umgestiegen werden. Der Fahrstuhl von der U-Bahn zu ebener Erde ist gestört. Schließt man den Bahnhof Pankow aus, so kann die Fahrinfo auch nicht eine alternative Verbindung von Vinetastraße mit der Straßenbahn nach Pankow anstelle der U-Bahn anbieten. Wünschenswert währe, künftig eine intelligente Suche zu haben, die gezielt nur den betroffenen Aufzug umgeht bzw. umfährt.
Bis dahin muss man versuchen, mit den Einstellungsdetails das beste Verbindungsergebnis selbst herauszufinden. Der VBB bietet in der Fahrinfo mit den Optionen für eine barrierefreie Reisekette die umfangreichsten Möglichkeiten. Man kann die Mobilitätseinschränkungen für Verkehrsmittel selbst als auch für den Zugang zu den Verkehrsmitteln definieren.
Im oben genannten Beispiel könnte man das Verkehrsmittel U-Bahn nun abwählen. Problematisch wird es aber, wenn man in einer Reiseverbindung von der U-Bahn auf die S-Bahn und anschließend wieder auf die U-Bahn umsteigen muss. Da die Abwahl für die gesamte Reisekette erfolgt, würde leider auch am Ende der Verbindung die U-Bahn durch andere Verkehrsmittel ersetzt werden. Eine gute Lösung dafür hat die Fahrplanauskunft auf www.bahn.de, wo durch Eingabe eines Via-Bahnhofes die Verkehrsmittel für die Teilstrecken differenziert ausgewählt werden können.
Die S-Bahn nutzt die Funktionalitäten der VBB Fahrinfo in vollem Umfang und bietet ebenso für zahlreiche Aufzüge Zusatzinformationen über deren Größe und Durchfahrtsbreiten der Fahrstuhltüren. Das kann wichtig sein für die größeren Elektrofahrzeuge oder für Reisende, die sperrige Traglasten wie beispielsweise doppelsitzige Kinderwagen (sog. Zwillingswagen) mitnehmen.
Bei der BVG Fahrinfo hingegen kann man bei der barrierefreien Suche neben den üblichen Verbindungseinstellungen unter Optionen für eine barrierefreie Reisekette nur definieren, ob man nicht barrierefrei, bedingt barrierefrei oder voll barrierefrei fahren möchte. In der Hilfe zu diesem Einstellungsbereich steht zwar: „Sie können zudem unter Optionen anzeigen Feineinstellungen vornehmen und somit die Route nach Ihren Bedürfnissen planen lassen”, jedoch konnten wir den Menüpunkt Optionen anzeigen leider nirgends finden. Somit ist es auch nicht möglich, bestimmte Umsteigestationen anzugeben, wo nicht umgestiegen werden soll.
Steht man trotz aller Vorabinformationen vor einem defekten Fahrstuhl, ist es schon zu spät. Was soll man machen? Nicht in Panik verfallen und die örtliche Aufsicht auf dem Bahnsteig fragen. Nur hat die Sache einen Haken: Es gibt fast keine mehr. Konnte man sich früher darauf verlassen, auf jedem Bahnsteig einen Ansprechpartner für den Notfall zu haben, ist es heute schlecht darum bestellt. Als Alternative finden sich auf vielen Bahnhöfen Informations- und Notrufsäulen. Bei U-Bahnhöfen stehen diese mitten auf dem Bahnsteig, bei der S-Bahn sind sie meist an der Seite eines Fahrkartenautomaten versteckt. Den richtigen zu finden, kann aber schon etwas Zeit erfordern und eine Rundreise über den ganzen Bahnsteig bedeuten.
Steht man aber auf einer Zwischenebene oder im Eingangsbereich vor „geschlossenen Türen” so hilft oft nur der Griff zum Mobiltelefon, um sich alternative Fahrtrouten zu suchen bzw. suchen zu lassen.
So umfangreich die Einstellungsmöglichkeiten für eine barrierefreie Fahrt in der Fahrinfo des VBB online sind, so mager sind diese leider in der VBB Fahrinfo-App. Auch fehlen hier die in der Fahrplanauskunft online eingesteuerten Warnhinweise zu den Aufzugsstörungen. Die Berliner S-Bahn greift zwar auf dasselbe Auskunftssystem zurück, bietet aber die Möglichkeit, sich über Störungen unter Info & Service → Hilfe/Kontakt → Barrierefrei unterwegs zu informieren. Dort gibt es einen Link zu den Aufzugs- und Fahrtreppenstörungen an S-Bahnhöfen sowie einen Link auf den Internetauftritt der BVG. Die BVG kann das nicht.
Wir empfehlen daher, das Internet auf dem Smartphone zu nutzen. Die Online-Fahrinfo fahrinfo.vbb.de des VBB bietet auch auf mobilen Endgeräten einfach und übersichtlich die gleichen Funktionalitäten wie auf dem heimischen Computer – inklusive Störungswarnungen. Und unter www.brokenlifts.org kann man sich ebenfalls auf einen Blick verkehrsmittelübergreifend über Aufzugsstörungen informieren.
Doch seien wir mal ehrlich, wie viele von den insbesondere älteren mobilitätseingeschränkten Reisenden haben ein Smartphone oder nutzen das Internet? Wenn ein „rüstiger Rentner” ein Handy hat, gilt er schon als „hipp”. Etliche sind mit der modernen Technik überfordert oder wollen mit dem „elektronischen Firlefanz” nichts zu tun haben. Sie benötigen einen unmittelbaren Ansprechpartner. Vor Ort gibt es jedoch kaum noch Personal. Dafür gibt es bei den Service-Telefonen von VBB, S-Bahn und BVG Auskunft (siehe Infobox).
Die S-Bahn ist – gut für Frühaufsteher – werktags ab 6 Uhr und die BVG – gut für Nachtschwärmer – bis 23 Uhr sowie am Wochenende teilweise sogar nachts erreichbar. Vorausgesetzt, man ist im Besitz eines Handys, eines Haustelefons oder man findet noch einen vom Aussterben bedrohten öffentlichen Fernsprecher im Bahnhof.
Insgesamt betrachtet gibt es in Berlin gute Informationsmöglichkeiten, um zu verhindern, unvermittelt vor einem unüberwindbaren Hindernis wie einem defekten Aufzug zu stehen. Viel wichtiger ist jedoch, dafür Sorge zu tragen, dass die Ausfälle seltener werden. Insbesondere an Umsteigeknoten wie Ostkreuz, Gesundbrunnen oder Friedrichstraße treten diese gehäuft auf. Aber erstaunlicherweise gibt es auch Aufzüge, die seltener ausfallen, wie am Hauptbahnhof beispielsweise. (BfVst)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 4/2015 (September 2015), Seite 8-10