Service im Test
Jedes Jahr aufs Neue nutzt die BVG die Sommerzeit, um auf den oberirdischen U 5-Abschnitten stückweise die Kabelkanäle und Gleise zu erneuern. Vor genau einem Jahr, im SIGNAL 4/2014, berichteten wir über die mehrmonatige Sperrung und den Schienenersatzverkehr zwischen Tierpark und Wuhletal – eine klassische Tragödie in drei Akten.
8. Sep 2015
In diesem Jahr stand nun die Wiederholung an. Selber Abschnitt, andere Baumaßnahmen. Je näher das Ereignis rückte, desto stärker wurde das „Déjà-vu-Gefühl“, denn alle Ankündigungen ließen „Schema F“ erwarten. Was 2014 betrieblich funktionierte, konnte ja 2015 nicht falsch sein, auch wenn der Fahrgastnutzen eher gering war. Doch die BVG wäre nicht die BVG, wenn sie ihre Fahrgäste nicht noch überraschen könnte – leider negativ!
Die besondere Betriebslage hätte auch einer sensiblen Fahrgastinformation bedurft. Zu Beginn der Bauarbeiten schilderten die DAISY-Anzeiger auf den Bahnsteigen und die Züge vom Typ F korrekt Biesdorf-Süd, denn dort enden die U-Bahn-Fahrten ohne
eine Möglichkeit, weiter zu fahren. Der SEV beginnt bereits am Tierpark, eine Station vorher, und die letzte Umsteigemöglichkeit zur direkten Umfahrung mit der S 5 besteht in Lichtenberg, drei Stationen vorher. Doch die H-Züge ließen bereits erahnen wo die Reise hin geht.
Außen schilderte die BVG Hönow, in den Zügen Biesdorf-Süd. Nach und nach wurde die Zielbeschilderung angepasst und nach etwa drei Wochen war im Kampf gegen die Steuerungssoftware auch dem letzten „gallischen“ DAISY-Anzeiger das Ziel Biesdorf-Süd ausgetrieben worden. Nun schildern alle Züge Hönow, egal ob sie planmäßig in Biesdorf-Süd, Tierpark, Friedrichsfelde oder an der Frankfurter Allee enden. Übrigens auch auf den Fahrplanaushängen, denn auch dort zeigt sich die BVG mit ihren technischen Systemen überfordert und hängt falsche Fahrpläne – ohne Fußnoten für verkürzte Fahrten – aus.
Mag das zwischen Alexanderplatz und Friedrichsfelde noch irgendwie als ärgerliches Kuriosum durchgehen, so wird es am Tierpark völlig falsch. Denn obwohl dort der Ersatzverkehr beginnt, sind informieren Fahrplanaushang, DAISY, Zugzielanzeiger und Lautsprecher einheitlich falsch: „Zug nach Hönow!“. Selbst die Wegeleitung wurde, im Gegensatz zu Wuhletal, nicht angepasst. Lediglich die Innenanzeige der H-Züge zeigt unbestechlich Biesdorf-Süd an.
Der SEV von Tierpark nach Wuhletal wurde gegenüber 2014 optimiert. Aber nicht etwa aus Fahrgastsicht, sondern betrieblich. Am U-Bahnhof Tierpark startet er alle 5 Minuten. Das reicht für das recht geringe Fahrgastaufkommen auch aus, denn eigentlich nutzt der SEV nur jenen Fahrgästen, die zum Elsterwerdaer Platz wollen. Nach Wuhletal geht es auch von Tierpark aus schneller mit Straßenbahn und S-Bahn über Friedrichsfelde Ost, und die kundigen Direktfahrgäste sind ohnehin gleich am Alexanderplatz oder spätestens in Lichtenberg in die S 5 umgestiegen. Die Haltestelle Am Tierpark/Alfred-Kowalke-Straße, in der Nähe des U-Bahnhofs Friedrichsfelde gelegen, wird auch 2015 trotz wiederholter IGEB-Anregung nicht bedient.
Die Fahrstrecke wurde zur Stauumgehung leicht angepasst. In Fahrtrichtung Wuhletal entfällt der Schlenker über Grabensprung und Weißenhöher Straße. Die Busse biegen direkt von der B1 in die Köpenicker Straße zum Elsterwerdaer Platz ab und halten dort am Fahrbahnrand statt im Bushafen, was die dortige Situation merkbar entspannt. Für diese neue Haltestellenposition wurde auch ein mobiles Wartehäuschen spendiert. Wie gewohnt wenden die Busse nun durch den Busbahnhof und fahren weiter nach Wuhletal.
Die größte „Optimierung“ besteht allerdings in der Gegenrichtung von Wuhletal nach Tierpark, denn dort fahren die Busse planmäßig nur noch halb so oft: alle 10 Minuten über Elsterwerdaer Platz. Jeder zweite ankommende Bus schildert auf „Betriebsfahrt“ um und fährt ohne Fahrgäste zurück, um dann am Tierpark erneut einzusetzen. In der Realität klappt das natürlich nicht so richtig und so dürfen Fahrgäste in Wuhletal auch schon mal 20 Minuten auf die nächste Fahrgastfahrt warten, während mehrere ankommende Busse ohne sie als „Betriebsfahrt“ zurückfahren.
Begründet wird diese deutliche Einsparung damit, dass die U 5 nur alle 10 Minuten aus Hönow ankommt und somit gar kein Bedarf für einen dichteren Takt bestünde. Abgesehen davon, dass die U 5 planmäßig alle 5 Minuten fährt und hier durch den Bus ersetzt wird, gibt es in Wuhletal auch viele Umsteiger von der S-Bahn. Die S-Bahn fuhr bis zum Ferienbeginn aber in der Hauptverkehrszeit planmäßig alle 5/5/10-Minuten.
Völlig absurd wird diese Argumentation am U-Bahnhof Elsterwerdaer Platz, wo die Ankunft der anderen Buslinien (X 69, 108, 154, 190, 269, 398) weit gestreut und dank der Teilnahme am Straßenverkehr schlichtweg unberechenbar ist. Statt einem stabilen 5-Minuten-Takt mit der U-Bahn erwartet die Umsteiger nun eine ungewisse Weiterfahrt mit dem SEV, theoretisch alle 10 Minuten, praktisch irgendwann.
Durchweg gute Nachrichten gibt es dagegen vom Shuttlebus, der in der zweiten Bauphase (seit 3. August 2015) zwischen Biesdorf-Süd und Elsterwerdaer Platz eingerichtet wurde. Er fährt nun doppelt so oft (alle 5 Minuten) und hält zusätzlich an der Haltestelle Weißenhöher Straße, wo direkt in die Buslinie 108 von/nach Lichtenberg umgestiegen werden kann.
Alle Kritikpunkte wurden von der IGEB bei einem gemeinsamen Ortstermin mit Vertretern von BVG und Aufgabenträger am 14. Juli 2015 angesprochen. Der zusätzliche Halt Am Tierpark/Alfred-Kowalke-Straße wurde auch vom Aufgabenträger ausdrücklich gewünscht. Bis zum Ende der ersten Bauphase am 2. August – also knapp drei Wochen nach dem Ortstermin – gab es aber noch keine Nachbesserung.
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 4/2015 (September 2015), Seite 11-12