Tarife
Die Bahn steht unter Druck. Preisdruck! Daher hat die Deutsche Bahn zum 1. August ein paar tarifliche Neuerungen eingeführt. Zwei wollen wir nachfolgend betrachten.
8. Sep 2015
„Hurra!“, wird manch ein Inhaber einer Bahn-Card 50 gerufen haben, als er erfuhr, dass die DB AG im Zeitraum vom 1. August bis 30. September testweise für Reisetage bis 11. Dezember 2015 einen Sparpreis anbieten wird, bei dem der Inhaber einer BahnCard 50 auf seinen Sparpreis 25 Prozent Ermäßigung erhält. Doch der Jubel wird schnell verhallen.
Rückblick: Die BahnCard 50 ist das Urgestein der Rabattkarten für Bahnfahrten. Seit jeher erhält der Inhaber 50 Prozent Ermäßigung auf den Normalpreis. Mit dem Start vom „Preis- und Erlösmanagement Personenverkehr“ (kurz PEP genannt) im Jahre 2002 wurden die Vorläufer der heutigen Sparpreise (Plan&Spar) eingeführt, und die BahnCard 50 erhielt eine kleine Schwester: die
BahnCard 25. Die war im Anschaffungspreis günstiger als die Bahn-Card 50, gewährte dafür auf den Normalpreis aber nur 25 Prozent Ermäßigung. Der Clou war jedoch, dass man die BahnCard-25-Ermäßigung auch auf den Plan&Spar/Sparpreis anwenden konnte und somit nicht selten sogar wesentlich preiswerter fuhr, als mit dem halben Normalpreis. Den BahnCard-50-Kunden blieb diese Kombinationsmöglichkeit jedoch verwehrt, trotz des Sturms der Entrüstung. Bis heute!
Das neue Test-Angebot nennt sich „Bahn- Card 50 Sparpreis“, ist gut gemeint, aber in der Umsetzung eine mittlere Katastrophe. Zunächst kann nun der Inhaber einer BahnCard 50 einen Sparpreis kaufen, wie jeder andere auch. Dieser beinhaltet zusätzlich eine Ermäßigung von 25 Prozent, den bisher schon Bahn-Card-25-Kunden bekamen. Soweit, so gut. Es gibt aber eine Reihe von Haken.
Das Angebot „BahnCard 50 Sparpreis“ gibt es nur für Zugverbindungen im Fernverkehr mit ICE, InterCity oder Nachtreiseverkehr. Will der Kunde aufs Land reisen, kommt er meist ab dem Fernverkehrsbahnhof einer größeren Stadt nur mit einem Regionalzug zum Ziel. In diesem Fall gibt es keinen „BahnCard 50 Sparpreis“, sondern nur den normalen Sparpreis ohne BahnCard-Rabatt (bzw. mit BahnCard-25-Ermäßigung) oder den üblichen halben Normalpreis. Die Nutzung von Regio-Zügen im Zusammenhang mit der City-Funktion (siehe SIGNAL 1/2013) bleibt uneingeschränkt.
Reisen mehrere Personen zusammen, von denen mehre eine BahnCard 50 haben, so erhält jeder Inhaber auf seinen Preisanteil die 25 Prozent Ermäßigung. Eine Kombination von Reisenden mit BahnCard 50 und 25 in einer Fahrkarte ist jedoch nicht möglich. In Abhängigkeit mit der Preisstufe und der Neuregelung des Mitfahrerrabattes (siehe unten) kann eine getrennte Buchung der Reisenden mitunter günstiger ausfallen. Das verkompliziert die günstigste Preisfindung.
Dass Reisepläne sich kurzfristig ändern können, sollte hinreichend bekannt sein. Beim regulären Sparpreis mit oder ohne BahnCard-25-Ermäßigung kann man daher einen so genannten Sparpreis-Zusatz (Differenz zum Normalpreis+Gebühr) kaufen, um die Zugbindung aufzuheben und eine andere Verbindung am Reisetag zu nutzen. Aber für den „BahnCard 50 Sparpreis“ ist diese Regelung ausdrücklich ausgeschlossen! Man kann nur vor dem ersten Geltungstag der Fahrkarte regulär (gegen 17,50 Euro Gebühr) stornieren oder ab dem ersten Geltungstag die festgeschriebene Fahrt nutzen. Ansonsten muss man das Ticket verfallen lassen.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt die Idee der Kombinierbarkeit von Sparpreisen mit der BahnCard 50, kann aber nicht nachvollziehen, warum die Deutsche Bahn so komplizierte Regularien einbaut und somit unnötigen Ärger vorprogrammiert.
„Warum einfach, wenn es doch auch kompliziert geht!?“, muss sich ein Tarifverantwortlicher bei der Bahn gedacht haben, und erfand den Mitfahrerrabatt neu. Egal, welche Sparpreisstufe ein Reisender bisher gebucht hatte, jeder Mitreisende erhielt auf seine Sparpreispauschale 9 Euro Ermäßigung. Das war für Kunden einfach und nachvollziehbar.
Nun gibt es stattdessen einen Festpreis für den Mitreisenden in Höhe von 19 Euro. Damit fällt für jede Sparpreisstufe die Ersparnis unterschiedlich aus (siehe Tabelle). Für nur fünf (!) Stufen wird es etwas günstiger, für alle anderen, insbesondere die höherpreisigen, jedoch teurer. Denn für Preisstufen ab 41 Euro (für einen Reisenden) erhält man keine Mitfahrerermäßigung mehr. Das heißt, dass alle Mitreisenden nun den gleichen Preis zahlen, wie die erste Person. Für Sparpreiskunden der ersten Wagenklasse fällt der Mitfahrerrabatt vollständig weg. Die DB AG nennt das „Dynamisierung des Mitfahrer-Rabatts beim Sparpreis“, der Berliner Fahrgastverband IGEB nennt es „Eine Unverschämtheit!“.
Dass die Deutsche Bahn unter einem enormen Preisdruck steht – insbesondere im Wettbewerb mit den Fernbussen – ist hinlänglich bekannt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist daher eine grundlegende Überarbeitung des Preissystems erforderlich. Aber die Einführung einzelner komplizierter Lockangebote ist der falsche Weg. Der Berliner Fahrgastverband IGEB bekräftigt daher seine Forderung nach einer preiswerten und vor allem einfachen Tarifstruktur ohne Haken, Ausnahmen und tausend Sonderregelungen. Der Schienenverkehr ist das Fundament der mobilen Daseinsvorsorge. Es muss in Zukunft wieder möglich sein, ohne Hochschulstudium des Tarifwesens eine preiswerte Fahrkarte kaufen zu können! (BfVst)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 4/2015 (September 2015), Seite 29