söp

Ablauf der Gültigkeitsdauer einer Fahrkarte

Ausstellung eines erhöhten Beförderungsentgelts


söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

8. Mai 2016

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wollte zu einer Freundin fahren und auf dem Weg dorthin noch Besorgungen machen. Für diese Fahrt stempelte sie einen Abschnitt einer zuvor erworbenen 4-Fahrten-Karte ab (Uhrzeit: 13.30 Uhr). Nach einer kurzen Fahrtunterbrechung nahm sie die Fahrt wieder zu ihrer Freundin wieder auf. Sie plante, den Bus mit planmäßiger Abfahrt um 15.08 Uhr zu nehmen. Leicht verspätet stieg die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben um 15.10 Uhr in den Bus. Die planmäßige Fahrzeit mit diesem Bus beträgt ca. 20 Minuten.

Bei der Kontrolle gegen 15.45 Uhr habe die Beschwerdeführerin ihren Fahrschein vorgezeigt, der zunächst auch nicht beanstandet worden sei. Später sei der Kontrolleur zurückgekommen und habe bemängelt, dass sie „15 Minuten über der Zeit“ sei. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin

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die Situation und ihren Fahrtverlauf erläutert und darauf hingewiesen, dass sie noch weitere ungestempelte Fahrkarten habe. Dennoch habe der Kontrolleur ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Höhe von 60 Euro erhoben.

Antwort der Beschwerdegegnerin

Gegen diese Forderung legte die Beschwerdeführerin bei der Beschwerdegegnerin „Widerspruch“ ein. Sie wies auf den verspäteten Bus hin und auf ihre während der Kontrolle vorhandenen weiteren Fahrscheine. Sie ist der Auffassung, dass ein Hinweis des Kontrolleurs zum Zeitablauf gereicht hätte. Sie hätte dann einen weiteren Fahrschein abgestempelt. Die Beschwerdegegnerin bestand aber weiterhin auf ihrer Forderung i.H.v. 60 Euro. Die Gültigkeit des Fahrscheins betrage 120 Minuten und sei bei der Kontrolle bereits seit 15 Minuten abgelaufen gewesen.

Damit zeigte sich die Beschwerdeführerin nicht einverstanden und bat die Schlichtungsstelle um Prüfung und die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens.

Schlichtungsarbeit

Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin und kam zu dem Ergebnis, dass das erhöhte Beförderungsentgelt unberechtigt sein könnte.

Zwar stellte die söp zugunsten des Verkehrsunternehmens fest, dass rein objektiv die Voraussetzungen für den erhöhten Fahrpreis gegeben waren, da die Beschwerdeführerin einen um 13.30 Uhr entwerteten Fahrausweis vorzeigte, der zum Kontrollzeitpunkt nicht mehr gültig gewesen ist. Nach den Bestimmungen des örtlichen Verkehrsverbundes haben Einzelfahrausweise nach der Entwertung eine Gültigkeit von 120 Minuten. Der von der Beschwerdeführerin vorgezeigte Fahrausweis war daher zum Kontrollzeitpunkt um 15.45 Uhr bereits seit 15 Minuten ungültig.

Dennoch ließ sich nach den glaubhaften Schilderungen der Beschwerdeführerin nicht gänzlich ausschließen, dass der Grund für die Ungültigkeit der Fahrkarte nicht in ihren Verantwortungsbereich fallen könnte. Die Schlichtungsstelle wies darauf hin, dass die Beschwerdeführerin mit dem Bus um 15.08 Uhr fahren wollte. Den Zielort der Beschwerdeführerin hätte der Bus bei regulärem Fahrtverlauf um 15.27 Uhr erreicht.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle um 15.45 Uhr hätte die Beschwerdeführerin daher schon längst ihren Zielort erreicht haben müssen. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens kam es dann aber offenbar zu einer längeren Fahrzeit als geplant. Bei planmäßigem Fahrtverlauf hätte die Beschwerdeführerin ihren Zielort daher noch innerhalb der Gültigkeitsdauer ihres Fahrausweises erreicht. Aus Gründen, die nicht in ihren Verantwortungsbereich fallen, verlängerte sich die Fahrtdauer unplanmäßig. Aufgrund dieser Situation hätte der Kontrolleur auch kulanter reagieren und die Entwertung eines weiteren Fahrscheins akzeptieren können.

Die söp schlug daher vor, jedenfalls aus Kulanz die Forderung einzustellen, da die Beschwerdeführerin für die in Anspruch genommene Beförderungsleistung zahlte und sich offenbar auch keine Beförderungsleistung erschleichen wollte. Mit diesem Vorschlag zeigte sich das Verkehrsunternehmen einverstanden und verzichtete – ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht – auf die offene Forderung. Die Beschwerdeführerin nahm den Vorschlag ebenfalls an, so dass die Angelegenheit gütlich geklärt werden konnte.

Dr. Katja Schmidt

Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen. Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern und Sachsen-Anhalt können sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen der Region keine sie zufriedenstellende Antwort erhalten haben.

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

aus SIGNAL 2/2016 (Mai 2016), Seite 30