S-Bahn und Regionalverkehr
Deutsch-Polnische
Verbindung
Die ersten PESA LINK-Triebwagen mit deutscher und polnischer Zulassung sind
bei der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) in Betrieb gegangen.
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
9. Jul 2016
Wie schwierig die Zusammenarbeit der
deutschen und polnischen Eisenbahnbehörden
mit ihren unterschiedlichen Vorschriften
ist, zeigt sich wieder einmal bei
der Zulassung der „LINK“ genannten Diesel-Triebwagen,
die die NEB im August 2013
beim polnischen Hersteller PESA in Bydgoszcz
bestellt hat. Insgesamt sind sieben
zweiteilige Züge mit 140 Sitzplätzen bestellt
(von denen am 16. Juni 2016 zwei in Betrieb
gegangen sind) sowie zwei dreiteilige Züge
mit 200 Sitzplätzen, die bisher noch keine
Zulassung für Deutschland erhalten haben.
Diese Züge sollen vor allem bei der
RB 26 auf der grenzüberschreitenden
preußischen Ostbahn Berlin-Lichtenberg—Kostrzyn—Gorzów
eingesetzt werden und
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so eine umsteigefreie Verbindung zwischen
Deutschland und Polen herstellen. Dieser
regelmäßige Betrieb soll voraussichtlich
im September beginnen. Bis dahin werden
die Züge zunächst auch auf der Heidekrautbahn
RB 27 rund um Basdorf unterwegs sein,
denn dort befindet sich die Werkstatt der
NEB, die sich um mögliche „Kinderkrankheiten“
kümmern kann.
Nach langem Warten: Der neue PESA LINK-Zug der Niederbarnimer Eisenbahn mit deutscher und polnischer Zulassung ist in Betrieb gegangen, hier bei der Einweihung im Berliner Bahnhof Friedrichstraße am 16. Juni 2016. Seite 4. Foto: Marc Heller
„Stolz wie Bolle“ präsentiert NEB-Chef Detlef Bröcker (Mitte) mit seinen Mitarbeitern den neuen Zug, dessen Zulassung viel Zeit und unvorhergesehenen Aufwand gekostet hat. Foto: Florian Müller
Blick vom Mehrzweck-/Rollstuhlbereich in den Eingangsraum mit Klappsitzen und in den Hochflur-Sitzplatzbereich über dem Enddrehgestell. Im Durchgang eine Videokamera und eine Fahrgastinformationsanzeige. Foto: Marc Heller
Die Eingangsbereiche und Mehrweckabteile sind niederflurig (600 mm), aber zu den Sitzen über den Drehgestellen geht es nur über vier Stufen. Foto: Marc Heller
Wenig Aussicht bietet dieser Sitzplatz an der Wand des Toilettenmoduls. Foto: Marc Heller
Hochflur-Sitzbereich am Wagenende. Foto: Marc Heller
Um Sitzplätze unterzubringen, wurden auch unkonventionelle Lösungen gewählt, wie hier der Klappsitz im Hochflurbereich. Foto: Marc Heller
Mittelteil mit Jakobsdrehgestell und Hochflur-Sitzbereich. Foto: Florian Müller
Marzipan-LINK, vor der Eröffnung. Foto: Florian Müller
Auf dem Info-Monitor im Fahrgastraum sollen Echtzeitinformationen angezeigt werden, hier mit der Route der Eröffnungs-Sonderfahrt über den südlichen Innenring. Foto: Florian Müller
Der Bestuhlungsplan des Doppeltriebwagens. Die Türen und Mehrweckbereiche sind niederflurig (600 mm), die Sitzplatzbereiche über den Enddrehgestellen und dem Jakobsdrehgestell am Wagenübergang über Stufen erreichbar. Um möglichst viele Sitzplätze anbieten zu können, wurden konsequent Klappsitze verwendet, auch an Stellen, an denen ein besetzter Klappsitz Durchgänge blockiert, zum Beispiel gegenüber der Toilettenkabine oder in den Eingangsbereichen. Es wird auch deutlich, wie viel Platz der Führerstand mit den Aufprall-Verzehrelementen gemäß Chrashnorm benötigt. Zeichnung: NEB/PESA
Die „Haischnauze“ bei der Präsentation der Fahrzeuge im Bahnhof Berlin Friedrichstraße. Durch die gekrümte Frontscheibe treten Spiegeleffekte auf, die den Zugzielanzeiger schwer lesbar machen. Foto: Florian Müller
Der Führerstand des LINK. Foto: Florian Müller
LINK Baureihe 632,Doppeltriebwagen
Triebdrehgestelle 2
Laufdrehgestell 1
Achsanordnung B´ 2´ B´
Spurweite 1435 mm
Antriebsleistung 2 Dieselmotoren mit je 390 kW
Fahrzeughöhe 4,280 m
Fahrzeugbreite 2,880 m
Länge (Doppel-Tw) 43,730 m
Einstiegshöhe 600 mm
Betriebstemperatur -25°C bis +40°C
Dienstmasse 86,5 t
Mehrfachtraktion bis zu 3 Fahrzeuge
Sitzplätze 92 fest + 48 klappbar = 140
Stehplätze 80
Rollstuhlplätze 2
Fahrradplätze 12
Höchstgeschwindigkeit 140 km/h
Min. Bogenradius 150 m im Betrieb
Bremsen: - elektropneumatische Bremse,
- Federspeicherbremse,
- hydrodynamischer Retarder,
- Magnetschienenbremse
im Fahrgastraum: - Klimaanlage,
- Videoaufzeichnung im Fahrgastraum und der Außenbereiche für die Abfertigung,
- eine barrierefreie Toilette,
- Fahrgastinformationssystem mit Anschlussinformationen in Echtzeit,
- Steckdosen an den Sitzen,
- Tischchen in den Viererabteilen,
- Schiebetritte zum Spaltausgleich an den Türen.
Auf der Ostbahn sollen die Züge gekoppelt
mit einem zwei- und dreiteiligen Zug
verkehren, so das sich die Platzkapazität gegenüber
heute erhöht.
Züge des Typs LINK sind bereits seit
mehreren Jahren in Polen, Tschechien und
Deutschland unterwegs, aber bisher nicht
grenzüberschreitend mit Zulassung für zwei
Länder.
PESA und NEB riefen eine gemeinsame,
über 20 köpfige Projektgruppe ins Leben,
die die Projektierung der Fahrzeuge begleitete.
Ihre Zusammenarbeit führte zum
Bau der Fahrzeuge und im November 2015
zum Abschluss der Untersuchungen. Im
Februar 2016 fuhren die ersten beiden LINK
Probe- und Schulungsfahrten bei der NEB.
Am 3. Juni 2016 stellte das Eisenbahn-Bundesamt
(EBA) die Inbetriebnahmegenehmigung
für den Dieseltriebwagen aus. Es ist
das zweite Dieseltriebfahrzeug, das nicht in
Deutschland produziert wurde und eine Zulassung
für das deutsche Netz erhalten hat.
Die markante Frontgestaltung mit der
vorspringenden „Nase“ sorgt für einen
Wiedererkennungswert. Nicht grundlos
fahren PESA LINK-Fahrzeuge bei den Tschechischen
Staatsbahnen ČD seit 2012 unter
dem Markennamen „RegioShark“, also
„Hai“. (fm)
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IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 3/2016 (Juli 2016), Seite 4-7