Service im Test

Bauinfos im Test: U5-Sperrung Strausberger Platz—Alexanderplatz

Vom 9. bis 26. Mai 2016 war die Berliner U-Bahn-Linie U 5 auf dem wichtigen Abschnitt Strausberger Platz—Alexanderplatz gesperrt. Fahrgäste mussten auf Busse ausweichen. Oder die Baustelle umfahren, was die Berliner Verkehrsbetriebe jedoch abermals mit sehr schlechter Baustellenkommunikation zu verhindern wussten. Erschwerend kam dann noch das Formel-E-Rennen auf der SEV-Strecke an zwei Tagen hinzu.


IGEB Stadtverkehr

9. Jul 2016

Im Vorfeld war noch alles im grünen Bereich: Presseerklärung, Sonderflyer, ausführliche Besprechung im Bauinfo-Heft „Navi“. Und auch die Medien haben darüber berichtet, mit welchen Einschränkungen auf der U 5 „bald“ zu rechnen ist.

U-Bf Strausberger Platz: Von der Ankunftshaltestelle des Ersatzbusses ist der U-Bahn-Eingang äußerst ungünstig positioniert. Entweder man quert die Fahrbahn direkt, gefährlich und regelwidrig, oder man läuft zur Ampel vor und muss nach der Straßenquerung den U-Bahn-Eingang einmal komplett umlaufen. Foto: Tom Gerlich

Doch am ersten Tag der Sperrung war die ganze Vorbereitung wieder vergessen. Züge und DAISY-Anzeiger an den Stationen zeigten den Normalzustand an, Fahrpläne wurden nicht gewechselt und zeigten ebenfalls weiterhin das Planziel samt Unterwegshalte. Auch die leicht tauschbaren Linienperlschnüre

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an den Bahnhöfen wurden im Alles-Normal-Modus belassen, obwohl diese nach einem kürzlichen Konstruktionswechsel vom folierten Plastik hin zum großen Papierausaushang noch leichter zu tauschen sind als bisher.

Diese Versäumnisse haben damit gerade in der Anfangsphase erneut haufenweise Fahrgäste in die unnötige SEV-Falle gelockt, obwohl doch gerade bei der U 5 mit ihren drei Schnittpunkten zur S-Bahn-Linie S 5 (Wuhletal sogar bahnsteiggleich) eine geradezu paradiesische Umfahrungsalternative besteht. Blöd nur, wenn laut Anzeige in Wuhletal beide Linien angeblich den Alexanderplatz direkt erreichen.

Die ansich guten Bauplakate wurden zur Formel-E wenig hilfreich überklebt – zudem auch noch einen ganzen Tag zu früh! Foto: Tom Gerlich

Dabei hat man sich diesmal an vielen Stellen richtig Mühe gegeben. Manches davon war sogar äußerst sinnvoll. So gab es sehr hilfreiches Fahrgastinformationspersonal an den Endstationen und den SEV-Haltestellen. Am Strausberger Platz überwachten diese, ob sich Umsteiger nähern, organisierten eine gleichmäßige, bedarfsorientierte Abfahrt der SEV-Busse und verwiesen auch mal Fahrgäse an den gleich folgenden Bus. Sie achteten darauf, dass Radfahrer nicht in die ein- und aussteigende Fahrgastgruppe fuhren und gaben gute, korrekte Auskünfte. Dafür ein großes Lob an die BVG und ihre Mitarbeiter! Hier wurde der Dienst am Kunden tatsächlich uneingeschränkt richtig großgeschrieben.

Doch leider war der Großteil der freundlichen und hilfreichen Mitarbeiter nach wenigen Tagen schon wieder abgezogen worden, so dass bereits am Ende der ersten Woche die Aussteiger am Alex wieder unter die Räder der sogenannten „Rüpelradler“ geraten sind. Schade, hier hätte man sich etwas mehr Durchhaltevermögen gewünscht. Doch über den gesamten Zeitraum von drei Wochen wollte man sich diesen Service wohl nicht leisten.

Vier Weichen für ein Halleluja

U5-SEV und Pendelverkehr Bewertung: IGEB

Womit wir beim Zeitraum der SEV-Maßnahme angelangt sind. Drei Wochen waren veranschlagt. Doch was sollte da eigentlich passieren? Um die Abstellanlage der U 5 für den Weiterbau verfügbar zu machen, sollen die Züge künftig am Bahnsteig kehren. Dafür mussten 4 Weichen eingebaut und die Signalanlagen angepasst werden. Ob dafür tatsächlich 3 Wochen nötig sind, kann von uns nicht qualifiziert bewertet werden, kommt einem aber trotzdem reichlich üppig vor.

Schlechte Härtefallregulierung

Wesentlich schneller im Bau (und auch im Abbau) war die Motorsportveranstaltung Formel-E. Für zwei Sperrungstage verwandelte sich die Karl-Marx-Allee zur vollwertigen Rennstrecke. Das fragwürdige Spektakel (siehe auch Seite 2) verhagelte der BVG das Ersatzkonzept. Die Verärgerung reichte sie dann 1:1 an die Fahrgäste weiter, welche mit völlig falscher Fahrgastinformation leben mussten. Aus dem Härtefall wurde mit der schlechten Kommunikation eine wahre Infokatastrophe.

Statt zum Alex zu fahren, pendelten die Ersatzbusse zwischen Platz der Vereinten Nationen (Straßenbahn-Linien M 5, M 6 und M 8) und dem Ostbahnhof (Übergang zum Regionalverkehr sowie zur Stadtbahn, deren Linien aber mit der U 5 bereits in Lichtenberg und Wuhletal direkt hätten erreicht werden können. Doch das zu kommunizieren überforderte die BVG offensichtlich. Die Busse waren in beide Fahrtrichtungen mal mit „Ersatz Richtung Alexanderplatz“, mal mit „Ersatz Richtung Hönow“ beschildert, häufig auch mit „Fahrt endet hier“. Die korrekten Fahrtziele gab es jedoch in keinem Fall, auf keiner Abfahrtstafel weder vom Verbund noch von irgend einem Verkehrsunternehmen – und auch in keiner App. Ausgerechnet der Abfahrtsmonitor der Deutschen Bahn im Empfangsgebäude Ostbahnhof hat als einziges Informationsmedium den Ersatzverkehr richtig angegeben.

Zwei Datenversionen für einen Tag

Trotz Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen behauptet die BVG-App (und alle anderen), die U 5 würde normal fahren. Nach unserem Hinweis hat es mehrere Stunden gedauert, bis reagiert wurde. Das Resultat: Die Auskunft ist danach noch immer falsch, aber mit einem langen, komplizierten Hinweistext versehen. Screenshots links und Mitte BVG-App, Screenshot rechts: Öffi-App

Doch damit nicht genug. Pünktlich zur Formel-E-Sperrung wurden in den Fahrplanauskunftssystemen zwei Datenbestände für die U 5 hinterlegt. Einmal der Bauzustand und zeitgleich der Normalzustand ohne Bauarbeiten. Auf allen Webseiten und in allen Apps aller Verkehrsunternehmen (und des Verbundes) wurde zur U 5 also mehrfach falsch informiert. Diesen Fehler haben wir gemeldet. Doch statt ihn zu beheben, hat es nur dafür gereicht, einen verwirrenden Hinweis unter den Abfahrten anzuzeigen, der den Kunden mitteilt, dass die Daten nicht stimmen. Und um das zu erreichen, hat man auch noch fast einen ganzen Arbeitstag benötigt. Ausreichende Fehlerkorrektur sieht anders aus.

Fazit

Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint. Das Sprichwort passt hier wieder. Schade, denn es scheint einiges an Aufwand bei der Vorbereitung betrieben worden zu sein. Engagierte Mitarbeiter und gute Wegeleitung zu den Ersatzhaltestellen, sowie detaillierte Bauinformationen an den Aushängen und in den Infoheften stehen einer ungenügenden informationstechnischen Durchführung gegenüber. Insgesamt durchwachsen, wobei die unnötigen Nachteile für die Kunden leider stark überwiegen.

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 3/2016 (Juli 2016), Seite 14-15