Titelthema Tarife

Fehlerhafte Fahrkartenkontrolle


söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

3. Sep 2016

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wollte am 28. Oktober 2015 von Nürnberg nach München fahren. Für diese Fahrt nutzte sie ein Bayern-Ticket, das sie zu Weihnachten 2014 geschenkt bekommen hatte. Bei der Kontrolle in einem Regionalzug wurde das vorgezeigte Bayern-Ticket beanstandet, da es nicht mehr gültig sei. Nach dem Kauf der Fahrkarte sei das Ticket innerhalb eines Monats zu nutzen. Der Beschwerdeführerin wurde eine Fahrpreisnacherhebung über 60 Euro ausgestellt, so dass sie zzgl. der Ticketkosten für die Weiterfahrt insgesamt 70 Euro zahlen sollte.

Gegen diese Forderung legte die Beschwerdeführerin Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass sie bereits seit Jahren mehrere Bayern-Tickets zu Weihnachten geschenkt bekomme und es bisher nie Beanstandungen gegeben habe. Die Tickets

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würden immer an den Automaten des MVV gekauft. Einen Hinweis, dass die Tickets nach dem Kauf nur einen Monat gültig sind, habe es nicht gegeben. Auch der entsprechende Aushang zu den Bayern-Tickets informiere nicht darüber.

Die Beschwerdegegnerin reduzierte die Forderung auf den regulären Fahrpreis i.H.v. 36,40 Euro und teilte mit, dass undatierte Bayern-Tickets zwar im Vorverkauf erworben werden können. Bei diesen Tickets müsse die Fahrt aber innerhalb eines Monats ab Ausgabedatum angetreten werden.

Die Beschwerdeführerin zahlte den reduzierten Betrag, war aber dennoch mit der Antwort der Beschwerdegegnerin nicht einverstanden. Weder auf den Tickets noch auf dem Aushang werde darauf hingewiesen, dass die Tickets eine Gültigkeit von einem Monat haben. Sie bat um Erstattung des bereits gezahlten Betrages sowie um Erstattung von drei weiteren bisher nicht genutzten Bayern-Tickets zu einem Preis von jeweils 23 Euro.

Antwort der Beschwerdegegnerin

Die Beschwerdegegnerin wies den Wunsch nach Erstattung zurück und wiederholte im Wesentlichen die Begründung aus dem vorangegangenen Schriftwechsel. Die Beschwerdeführerin war damit nicht zufrieden und bat um Prüfung durch die söp.

Schlichtungsarbeit

Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin und kam zu folgendem Ergebnis: Nach §§ 9 Abs. 1, 12 Abs. 1 lit. a) Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) ist der Reisende zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet, wenn er bei Antritt der Reise nicht einen gültigen Fahrausweis besitzt. Ausgehend von den Angebotsbedingungen zum Bayern-Ticket ist die Fahrt innerhalb eines Monats ab Ausgabedatum der Fahrkarte anzutreten. Daher war die Fahrkarte bei Antritt der Fahrt am 28. Oktober 2015 nicht mehr gültig, weil sie bereits im Dezember 2014 gekauft wurde. Die Forderung könnte daher berechtigt gewesen sein. Im Übrigen sehen die Angebotsbedingungen zum Bayern-Ticket keine Erstattung vor, so dass ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der drei ungenutzten Tickets ebenfalls fraglich ist.

Vorliegend war jedoch zu berücksichtigen, dass die bereits erworbenen Bayern-Tickets nicht mehr genutzt werden dürfen, obwohl sie noch nicht entwertet worden sind. Insofern wurde für die Inanspruchnahme einer Beförderungsleistung gezahlt, die nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, da anderenfalls die Ausstellung einer Fahrpreisnacherhebung droht.

Auf den erworbenen Bayern-Tickets findet sich kein Hinweis darauf, dass der Fahrtantritt innerhalb eines Monats nach dem Kauf der Fahrkarte erfolgen muss. Auch auf der Informationstafel zu den Bayern-Tickets findet sich hierzu kein Hinweis. Die Beschwerdeführerin konnte daher nicht davon ausgehen, dass die erworbenen Fahrkarten bereits nach einem Monat ungültig werden. Im Übrigen erscheint die Bestimmung hinsichtlich der Monatsfrist entbehrlich, da die Tickets erst mit Entwertung gültig werden. Auch der Preis hatte sich seit dem Kaufdatum nicht verändert. Selbst wenn es nach dem Kauf zu einem Tarifwechsel kommen sollte, bestehen noch Übergangsregelungen, so dass die Fahrkarten ggf. gegen Zuzahlung des Differenzbetrages umgetauscht werden können. Daher ist nicht ersichtlich, warum die Gültigkeit auf einen Monat begrenzt wurde.

Insofern könnte es sich bei dieser Bestimmung in den Angebotsbedingungen zum Bayern-Ticket um eine überraschende Klausel nach § 305 c BGB handeln mit der Folge, dass diese Bestimmung unwirksam wäre und mithin die Fahrpreisnacherhebung ohne rechtlichen Grund ausgestellt wurde.

Die söp schlug daher vor, der Beschwerdeführerin den bereits gezahlten Betrag für die Fahrpreisnacherhebung i.H.v. 36,40 Euro und darüber hinaus auch die drei bisher nicht genutzten Bayern-Tickets im Wert von 69 Euro zu erstatten.

Die Beschwerdegegnerin teilte daraufhin mit, dass die Beanstandung zu Unrecht erfolgt sei, da es im MVV zwischen dem 14. Dezember 2014 und dem 12. Dezember 2015 keine Tariferhöhung gegeben habe, so dass das Ticket am Reisetag gültig gewesen sei. Die erteilten Auskünfte seien nicht korrekt gewesen. Der bereits beglichene Betrag von 36,40 Euro werde der Beschwerdeführerin zurückgezahlt. Auch im Hinblick auf die ungenutzten Bayern-Tickets stimmte die Beschwerdegegnerin dem Vorschlag zu und stellte die Erstattung eines Betrages i.H.v. 69 Euro gegen Vorlage der Fahrkarten im Original in Aussicht. Mit diesem Vorschlag war die Beschwerdeführerin vollends einverstanden, so dass das Schlichtungsverfahren zu einem positiven Abschluss gelangt ist. (Dr. Katja Schmidt)

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aus SIGNAL 4/2016 (September 2016), Seite 8