Stadtverkehr
Bei diesem Thema erinnern Sie sich vielleicht an unsere Artikel in SIGNAL 6/2012, 4/2014 und 5/2015. Dort berichteten wir über die Problematik der Fahrkartenautomaten in den BVG-Straßenbahnfahrzeugen.
3. Sep 2016
Der Katalog der Gründe und Ausreden, warum es keine neuen Automaten bei der Straßenbahn gibt, ist so dick wie das Branchenbuch Berlin.
Auch jetzt hat die BVG die angekündigten neuen Automaten noch nicht eingebaut. Im Gegenteil, sie hat den Auftrag storniert! Das geht aus einer Pressemitteilung der Firma METRIC mobility solutions AG (vormals Höft & Wessel) vom 8. Juli 2016 hervor. Über die Gründe des Vertragsrücktritts der BVG kann nur spekuliert werden, denn eine Erklärung der BVG gibt es dazu nicht.
Fest steht lediglich, dass es in absehbarer Zeit keine neuen Automaten geben wird. Damit bleiben also bei der Straßenbahn die Probleme mit den alten Automaten bestehen. Das heißt: Es wird weiterhin keine Schein- oder Kartenzahlung möglich
sein, und es wird weiterhin Probleme bei der Annahme von 2-Euro-Münzen geben. Problematisch ist auch die Rechtslage. Nach unserer Einschätzung muss die BVG nun den Auftrag für neue Automaten neu starten, also ein neues Lastenheft erstellen bzw. das bisherige den aktuellen Normen anpassen und eine neue öffentliche Ausschreibung durchführen. Nach den Erfahrungen mit der Geschwindigkeit der BVG gehen wir davon aus, bis 2021 neue Automaten haben zu können – sofern der Auftrag nicht erneut storniert wird.
Sollten wir mit der Einschätzung richtig liegen, hätten die bisherigen Automaten ca. 30 Jahre Einsatzzeit hinter sich. Dass es wirtschaftlich ist, solche museumsreifen Automaten zu gebrauchen, darf bezweifelt werden.
Fast täglich ist zu erleben, wie Fahrgäste, die nicht genug Kleingeld dabei haben, von Kontrolleuren als Schwarzfahrer aufgeschrieben werden. Insbesondere Touristen, die ahnungslos das erste mal in eine BVG-Straßenbahn steigen, sind davon betroffen, dass die Automaten weder Geldscheine noch Kartenzahlung akzeptieren, und stehen dann als Schwarzfahrer da. Hinzu kommt, dass die Automaten in der Straßenbahn völlig unzureichend beschriftet sind. Auskünfte über das Tarifsystem sind nur begrenzt und an den Tastern auch nur in Deutsch vorhanden.
Aber selbst wer ausreichend Kleingeld dabei hat, kann teilweise keinen Fahrschein erwerben. Angeblich entstehen der BVG jährlich mehrere Millionen Euro Schaden durch ausländische Münzen. Deswegen fallen oftmals die 2-Euro-Münzen durch, so dass der Fahrgast entnervt aufgibt oder aufgeben muss. Kommt dann ein Kontrolleur, wird einfach gesagt: „Ist doch nicht unser Problem, wie Sie sich einen Fahrschein kaufen.“
Unserer Meinung nach muss der Senat hier endlich einschreiten und seinen Kontrollaufgaben nachkommen. Ob die Vertragskündigung mit der Insolvenz des Unternehmens Metric zu tun hat, können wir nur spekulieren. Fakt ist, dass die BVG bereits 2013 den Auftrag vergeben hatte und nun nach drei ergebnislosen Jahren stornierte. Die bisherigen Kosten des gescheiterten Auftrags dürften im hohen fünfstelligen Bereich liegen. Geld, das ohne Nutzen verloren ist und letztendlich die Fahrgäste bezahlen müssen.
Aber die nächste Tariferhöhung kommt bestimmt. (md)
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 4/2016 (September 2016), Seite 15