S-Bahn und Regionalverkehr

S-Bahn-Takt endlich auf U-Bahn-Standard bringen

5-Minuten-Takt auf allen Schnellbahnen in der Berliner Innenstadt auch am Wochenende erforderlich


IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

3. Sep 2016

Überfällig und zugleich sehr erfreulich ist die Ausweitung des Verkehrsangebotes der BVG seit dem Jahr 2014. Damit reagierte der Aufgabenträger, das Land Berlin, endlich auf die steigenden Fahrgastzahlen und die teilweise veränderten Zeiten, in denen U-Bahn, Straßenbahn und Bus genutzt werden. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Nachdem die S-Bahn nach den Krisenjahren nun wieder auf dem Weg zu einer relativ stabilen Leistungsfähigkeit ist und die Fahrgastzahlen auch hier steigen, ist bei der S-Bahn ebenfalls eine zeitnahe angemessene Aufstockung der Verkehrsleistungen erforderlich.

Im Innenstadtbereich, also auf der Ringbahn und den S-Bahn Strecken innerhalb des Rings, sollte das S-Bahn-Angebot außerhalb der Hauptverkehrszeit wenigstens einen 5-Minuten-Takt aufweisen,

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so wie es 2012 bei der U-Bahn eingeführt wurde. Wie richtig die U-Bahn-Taktverdichtung war, zeigt die gute Nachfrage am Abend und am Wochenende.

Auf der kompletten Ringbahn, auf der Nordsüd-S-Bahn zwischen Gesundbrunnen und Südkreuz sowie auf der Stadtbahn zwischen Westkreuz und Lichtenberg soll es mindestens einen 5-Minuten-Takt (in der Regel durch Linienüberlagerung) geben

Zur Erfüllung dieses Standards müssen noch einige Angebotslücken geschlossen werden.

Ringbahn

Hier brennt es bei der S-Bahn: Auf der Ringbahn und täglich auf der Nordsüd-S-Bahn gibt es derzeit noch fahrplanmäßig Lücken über fünf Minuten. Das ist für diese hochbelasteten Innenstadtlinien mit vielen Verknüpfungspunkten nicht angemessen. Für einen attraktiven Schnellbahnverkehr ist es erforderlich, dass mindestens alle 5 Minuten eine Bahn kommt. Auch in anderen Großstädten ist der 5-Minuten-Takt üblich, häufig sogar ein 3-Minuten-Takt. Die Berliner U-Bahn macht es seit 2012 vor. Grafik: Holger Mertens

Auch wenn der Senat 2014 geringfügige Anpassungen vorgenommen hat, so ist die Ringbahn noch immer am weitesten entfernt von diesem Standard. Die S 41/S 42 bietet bisher nur einen 10-Minuten-Takt, der lediglich montags bis freitags jeweils morgens und nachmittags bis zum frühen Abend (insgesamt nur knapp 11 Stunden lang) auf einen attraktiven 5-Minuten-Takt verdichtet wird.

Für den Fahrgast sorgt das für eine schlechte Planbarkeit. „Gilt jetzt der 5-Minuten-Takt, oder muss ich ggf. bis zu 10 Minuten warten?” In letzterem Falle ist der Kunde nämlich häufig schneller, wenn er eine andere Route nimmt. Dabei hat die Ringbahn verkehrsstrukturell eine besondere Bedeutung, die sie durch den vorherrschenden 10-Minuten-Takt bisher nicht angemessen erfüllen kann. Die große Verknüpfungswirkung mit Umsteigemöglichkeiten zu radialen S-Bahn-, U-Bahn-, Straßenbahn- und Buslinien an jeder Ringstation bedeutet ein hohes Umsteigeraufkommen. Dementsprechend wirken sich hier Wartezeiten von über fünf Minuten besonders negativ auf die Reisekette aus.

Taktzeiten Ringbahn S 41/S 42 bis 2014, nach 2014 und IGEB-Forderung. Grafik: Holger Mertens

Doch auch die Betriebsqualität leidet. Denn statt wie bei der U-Bahn einfach eine Linie im 5-Minuten-Takt zu betreiben, muss die S-Bahn genau planen, welche Züge um 10 Uhr in welche Abstellanlage aussetzen oder sogar auf andere Linien übergehen, um dann ab 13 Uhr wieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort in die richtige Taktlücke einzusetzen. Ähnlich kompliziert ist die Dienstplanung. Tritt in diesem komplizierten Gefüge eine Störung auf, dauert es zum Teil mehrere Stunden, bis alle (Zug und Fahrer) wieder im richtigen Umlauf sind.

Ein durchgehender 5-Minuten-Takt tagsüber ist hingegen weniger störanfällig und leichter planbar – für Betrieb und Fahrgäste. Da die Verkehrsleistung nicht in der Hauptverkehrszeit erhöht werden soll, stehen die Fahrzeuge zur Verfügung, die sonst über Mittag oder am Wochenende nur abgestellt sind. Diese S-Bahn-Mehrleistung ist damit ohne Fahrzeugneubeschaffung fahrbar. Um die zusätzlichen Schichten abzudecken, sind allerdings zusätzliche Triebfahrzeugführer nötig, die mit entsprechender Planung aber rechtzeitig eingestellt bzw.ausgebildet werden können.

Stadtbahn

Mit drei simplen Maßnahmen lassen sich die Taktlücken im S-Bahn-Netz schließen. Eine davon ist bereits umgesetzt, fehlen noch zwei. Dann besteht im Innenstadtbereich auf allen S-Bahn-Strecken mindestens ein 5-Minuten-Takt. Grafik: Holger Mertens

Auf der Stadtbahn überlagern sich die Linien S 5, S 7 und S 75 und bilden so einen dichten Takt von 6 Zügen pro Richtung in 20 Minuten. Lange Zeit wurde dieses Angebot aber nur Montag bis Freitag gefahren, während es am Wochenende durch die Verkürzung der S 75 dreimal pro Stunde unschöne Taktlücken von 7 bis 8 Minuten gab, die dem steigenden Fahrgastaufkommen nicht gerecht wurden. 2014 steuerte dann der Senat auf unser Hinwirken am Sonnabend nach, 2015 wurde die Lücke schließlich auch am Sonntag geschlossen. Damit kann hier ein Haken gesetzt werden.

Nordsüd-S-Bahn

Im Nordsüd-S-Bahn-Tunnel besteht außerhalb der HVZ eine unschöne 7-Minuten-Taktlücke, die geschlossen werden kann, wenn der 10-Minuten-Takt auf der S 25 nicht in Potsdamer Platz endet, sondern die Verdichterzüge bis Gesundbrunnen verlängert werden. Dafür sind von Potsdamer Platz bis Gesundbrunnen folgende Mehrleistungen nötig:

Diese Maßnahme benötigt einen zusätzlichen Umlauf auf der S 25, der nach Angaben der S-Bahn Berlin GmbH zu den entsprechenden Zeiten zur Verfügung steht.

Dieser Artikel kommt Ihnen als regelmäßiger SIGNAL-Leser bekannt vor? Richtig! Gratulation zu Ihrem guten Gedächtnis! Bereits in SIGNAL 3/2014 hatten wir dazu geschrieben – der Änderungsbedarf zur Aktualisierung für dieses Heft hielt sich leider in Grenzen. Das Thema der Taktlücken war und ist ein großes Ärgernis.

Die S-Bahn Berlin GmbH begrüßt nach eigenen Angaben grundsätzlich eine Ausweitung ihres Angebots und sieht sich auch zur stabilen Erbringung der Mehrleistungen in der Lage. Somit ist also das Land Berlin als Besteller der Verkehrsleistungen am Zuge. An fehlendem Geld können die Zusatzleistungen nicht scheitern, denn wenn die S-Bahn einen Fahrzeugpark hätte, um die vertraglich vereinbarten Verkehrsleistungen fahren zu können, müsste das Land Berlin ebenfalls deutlich mehr Geld für S-Bahn-Leistungen einsetzen, als es heute bezahlt.

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 4/2016 (September 2016), Seite 16-17