Fernverkehr
In SIGNAL 2/2016 wurde der DBV- bzw. IGEB-Entwurf für ein Gesetz zur Gestaltung des Schienenpersonenfernverkehrs (Schienenpersonenfernverkehrsgesetz – SPFVG) vorgestellt, der auf einem Entwurf des Bundeslandes Rheinland-Pfalz basiert.
3. Sep 2016
Ergänzt wurde der Gesetzentwurf um einen Verordnungsentwurf. Mit der Verordnung sollen verschiedene Details geregelt werden, zum Beispiel zur Ausgestaltung eines Grundangebots für den Tagesreisezugverkehr und zum Nachtreisezugverkehr.
Beide Entwürfe wurden zwischenzeitlich sowohl den zuständigen Ministern der Bundesländer als auch dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zugeschickt.
Während es positive Rückäußerungen seitens der Länderverkehrsminister gab, beispielsweise aus Bayern und Thüringen, erhielt der DBV von Bundesminister Alexander Dobrindt (CSU) eine negative Antwort (s. Kasten Seite 25). Die Argumentation des BMVI zeigt ein kaum zu übertreffendes Desinteresse an diesem Thema; eine ernsthafte Beschäftigung mit den Entwürfen hat offenkundig nicht stattgefunden.
So wird von Herrn Dobrindt argumentiert, dass die Gewährleistung bestimmter Verkehrsangebote im Fernverkehr einer starren Festlegung vorhandener Rahmenbedingungen gleich käme. Es würde verhindert,
dass sich der Schienenpersonenfernverkehr parallel zu den tatsächlichen Bedürfnissen der Bevölkerung entwickelt.
Diese Aussage ist jedoch falsch, denn im Entwurf des Schienenpersonenfernverkehrsgesetzes ist die Erstellung bzw. Fortschreibung eines Schienenpersonenfernverkehrsplans (SPFV-Plan) vorgesehen. So heißt es in § 2 Absatz 1 bzw. 2:
Auch weitere in der Diskussion um ein Schienenpersonenfernverkehrsgesetz häufig vorgebrachte Argumente des Bundes sind nicht haltbar, zum Beispiel:
Demgegenüber scheinen den Bund keine Zweifel am wirtschaftlichen Umgang mit Steuergeldern zu plagen, wenn er so fragwürdige Großprojekte wie beispielweise „Stuttgart 21“ verfolgt. Auch bei den vielfältigen finanziellen Förderungen von Elektroautos, deren Kauf zum Beispiel mit 600 Millionen Euro Steuergeldern bezuschusst wird (hinzu kommt ein Eigenanteil von weiteren 600 Millionen Euro seitens der Automobilindustrie), kann von einem sparsamen Umgang mit Steuergeldern keine Rede sein. Zusätzlich will der Bund auch noch die erforderliche Ladeinfrastruktur mit 300 Millionen Euro fördern. Hier steht offensichtlich nicht das Allgemeinwohl, sondern das Wohl der Automobilindustrie im Vordergrund!
Schon heute ist der Fernverkehr auf der Schiene durch die Fernbusse, die keine Streckenmaut zahlen müssen, wirtschaftlich unter Druck.
Für zusätzliche Probleme des Schienenpersonenfernverkehrs – und auch des Schienengüterverkehrs – dürfte das neue Eisenbahnregulierungsgesetz sorgen. Es sieht vor, den Trassenpreisanstieg für Züge des Regionalverkehrs auf 1,8 Prozent pro Jahr zu begrenzen. Was positiv für die Kunden des Regionalverkehrs ist, wird sich nachteilig auf den Fern- und Güterverkehr auswirken.
Kalkuliert wird mit einer jährlichen Steigerung der Kosten des Schienennetzes in einer Höhe von 2,4 Prozent. Da es sich auf dem Schienennetz überwiegend um Züge des Regionalverkehrs handelt, ist ein umso stärkerer Anstieg der Trassenpreise für den Fern- und Güterverkehr zu befürchten.
Die Problematik wird anhand nachfolgender Zahlen deutlich: So verkehrten im Jahr 2015 allein bezogen auf die Geschäftsbereiche der Deutschen Bahn insgesamt 22 809 Züge des Regionalverkehrs pro Tag, dagegen nur 1304 Züge des Fernverkehrs und 4520 Güterzüge.
Nicht zuletzt dürfte mit den neuen Kostenregelungen die Umsetzung des Zielnetzes IC-NEU entsprechend der Kundenoffensive der Deutschen Bahn gefährdet sein. Deshalb ist für die Umsetzung der DBFernverkehrsoffensive eine staatliche Flankierung notwendig!
Die Regelung der in Artikel 87e Grundgesetz geforderten Gemeinwohlaufgaben sind sachlich berechtigt. Das Grundgesetz muss vom Bund beachtet und daher das bislang fehlende Bundesgesetz zum Schienenpersonenfernverkehr auf den Weg gebracht bzw. beschlossen werden. Da Bundesminister Alexander Dobrindt sich dem verweigert, muss es ein Thema der neuen Bundesregierung nach den Wahlen 2017 werden.
Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) und IGEB Fernverkehr
aus SIGNAL 4/2016 (September 2016), Seite 24-25