S-Bahn und Regionalverkehr
Der Bahnhof Karlshorst verknüpft die in Ost-West-Richtung verlaufende S 3 mit den Flughafenzubringern RE 7 und RB 14 und der wichtigen Straßenbahn-Osttangente mit den Linien M 17, 27 und 37. Zur lokalen Erschließung dienen die Buslinien 296 und 396. Doch der Knoten soll durch den W egfall der Regionalzüge Ende 2017 deutlich geschwächt werden.
9. Nov 2016
Der heutige Zustand des Bahnhofs Karlshorst ist unbefriedigend, geprägt durch lange Umsteigewege, teils schlechte Beleuchtung und langwierige Bauarbeiten. Die einst schmale Bahnbrücke wurde längst durch einen lichten Neubau ersetzt, der leider unter falschen Vorgaben geplant wurde. Die Verdopplung der Breite reicht nicht aus, um eine Straßenbahnhaltestelle in Mittellage mit kurzen Zugangswegen zu den Bahnsteigen anzulegen. Der geplante Verzicht auf den Regionalbahnhof sorgte dafür, dass im Gegensatz zur S-Bahn kein Zugangsbauwerk im westlichen Widerlager vorgesehen und auf die nötige Aufweitung der Gleise verzichtet wurde. Stattdessen ist auf der Südseite der Platz für ein weiteres Gleis ungenutzt vorhanden.
Trotz dieser mäßigen Ausgangslage lassen sich noch sinnvolle Lösungen finden, um den Regionalbahnhalt zu erhalten und die Umsteigewege deutlich zu verkürzen. Einzig gesetzt ist der S-Bahnsteig in seiner heutigen Lage und mit seinen derzeit drei Zugängen,
westlich zu beiden Seiten der Treskowallee und östlich zur Stolzenfelsstraße, Andernacher Straße und Am Carlsgarten. Mit je einem Aufzug an den beiden Zugängen zur Treskowallee weist er bereits heute die erwünschte Redundanz in der Barrierefreiheit auf.
Die Regionalbahnsteige sind das glatte Gegenteil. Der Bahnsteig stadteinwärts liegt auf dem Planum des ehemals stadtauswärtigen S-Bahn-Gleises, welches beim Bau in die Lage des ehemals zweiten Kehrgleises verschwenkt wurde. Er ist relativ schmal und nur über eine Fußgängerbrücke vom S-Bahnsteig aus erreichbar. Seine Lage ist für die Zukunft nicht haltbar, da das stadtauswärtige S-Bahn-Gleis verschwenkt werden muss, um dem verbliebenen Kehrgleis ausreichend Sicherheitsraum für den Bau eines Steges zum Führerstandswechsel zu ermöglichen. Angesichts der langen Wege ist ein Erhalt aber auch nicht sinnvoll.
Anders sieht das beim stadtauswärtigen Bahnsteig aus. Dieser liegt in Seitenlage auf dem Planum eines nie gebauten dritten Gleises und ist derzeit nur über eine einzige Treppe zur Straße Am Carlsgarten erschlossen. Als günstige Lösung wäre ein Neubau des Bahnsteigs mit einem zweiten Zugang zur Treskowallee und einer normgerechten Rampe zur Herstellung der Barrierefreiheit herstellbar. Durch zwei zusätzliche Gleiswechsel vor und hinter dem Bahnsteig wäre eine Nutzung für beide Fahrtrichtungen möglich, was jedoch ein klarer Nachteil für die betriebliche Abwicklung ist und den eher provisorischen Charakter erhalten würde. Bei jedem Fahrplanwechsel bestünde zudem die latente Gefahr, dass der Halt wegen Trassenkonflikten in stadteinwärtiger Richtung entfallen könnte.
Für deutlich mehr Geld lässt sich aber auch eine betrieblich stabile Lösung finden. Hierfür müsste das stadtauswärtige Fernbahngleis direkt nach dem passieren der Brücke Treskowallee verschwenkt werden, so dass auf seinem heutigen Planum ein Mittelbahnsteig angelegt werden kann. Der Bahndamm weist die hierfür nötige Breite auf, und durch den Umbau kann ein neuer direkter Zugang zur Treskowallee auf der einen Seite und zum Fußgängertunnel auf der anderen Seite geschaffen werden. Sofern sich der Aufzug wegen der Gleisverschwenkung nicht am neuen Zugang zur Treskowallee einrichten lässt, müsste er am südöstlichen Ende zum Fußgängertunnel entstehen, wobei dann parallel auch ein weiterer Aufzug zum S-Bahnsteig eingebaut werden sollte.
Kurze Umsteigewege zur Straßenbahn entstehen durch die Verlegung der Haltestelle unter die Bahnbrücke. Nach aktueller Planung werden die Gleise aus der Mittellage an den rechten Fahrbahnrand geschwenkt. Zugunsten eines breiteren Fußwegs wurde auf eine eigene unabhängige Spur verzichtet. Leider wurde der Radweg nicht entsprechend angepasst und liegt nun genau in der Mitte des Gehbereiches. Zur Verringerung der Konflikte wurde bereits die Aufstellung von Gittern gegenüber der Ausgänge ins Gespräch gebracht, die allerdings den direkten kurzen Umstieg zwischen Straßenbahn und S-Bahn konterkarieren würden.
Trotz der regen Bautätigkeiten Am Carlsgarten ist derzeit keine Anpassung im Busnetz vorgesehen. Die Busse der Linien 296 und 396 sollen weiterhin über den Vorplatz Stolzenfelsstraße wenden. Sinnvoller wäre es, die Busse ebenfalls direkt unter der Brücke an der Kombihaltestelle halten zu lassen und südlich eine neue Wendestelle auf der Grünfläche zwischen Treskowallee und Wandlitzstraße zu schaffen. Eine der beiden Linien könnte dann auch die Siedlung in der Straße Am Carlsgarten samt Hinterausgang des Bahnhofs bedienen und über Fritz-Kortner-Straße, Georg-Stein-Straße und Maria-Matray-Straße wenden, so dass diese kinderreiche Ein- und Mehrfamilienhaussiedlung erstmals einen direkten ÖPNV-Anschluss erhalten würde.
Doch warum ist der Regionalbahnhalt in Karlshorst so wichtig, wenn er doch durch das Ostkreuz „ersetzt“ wird? Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Neben dem direkten Einzugsgebiet der Bahnhofsumgebung bietet er auch sinnvolle zuverlässige Umsteigeverbindungen, insbesondere auch die Übereckverbindung von der östlichen S 3 (samt ihrer Zubringerlinien aus Rahnsdorf, Woltersdorf, Schöneiche und Friedrichshagen) zum Flughafen – zum BC-Tarif.
Zudem erfüllt der Halt heute die Senatsvorgabe, nach der jede Regionallinie zwischen den Tarifgebieten A und C auch (mindestens) einmal im Tarifgebiet B halten soll. Ausgerechnet auf den Flughafenlinien RE 7 und RB 14 diesen Halt zu streichen, ist absurd, während nebenan in Köpenick (RE 1) und Mahlsdorf (RB 26), sowie am Karower Kreuz (RE 3, RB 66) neue Stationen gebaut werden sollen, um tagentiale und Übereck-Verbindungen zu stärken, wie sie in Karlshorst vorhanden sind. Ein neuer Standort im B-Bereich, z. B. am Freizeit- und Erholungszentrum, in Spindlersfeld oder in Grünau ist derzeit nicht vorgesehen.
Für die betroffenen Fahrgäste in Karlshorst verlängert sich dadurch nicht nur die Reisezeit, sie müssen für diese „zusätzliche Leistung“ auch noch mehr Geld bezahlen, denn der als „Ersatz“ betitelte Halt am Ostkreuz liegt bereits im Tarifgebiet A. Ein Umstieg dort erfordert somit statt des bisher nötigen BC-Fahrscheins ein teureres ABC-Ticket (oder einen Anschlussfahrausweis) – für nur einen einzigen Halt!
Der Bahnhof Karlshorst bietet das Potenzial für einen Verkehrsknoten mit kurzen Umsteigewegen und den Erhalt des Regionalbahnhofs, dessen Ersatzneubau noch immer sinnvoll und möglich ist. Für den Fall, dass der Beschluss zur Schließung auch unter dem neuen Senat bestehen bleibt, fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB, dass den Fahrgästen durch die Schließung des Regionalbahnhofs Karlshorst kein tariflicher Nachteil entstehen darf.
Daher muss der Umstieg am Ostkreuz künftig (voraussichtlich ab Dezember 2017) auch mit BC-Fahrscheinen erlaubt werden. Der VBB-Tarif ist entsprechend anzupassen. (ge)
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 5/2016 (November 2016), Seite 20-21