Fernverkehr
Zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2016 hat es im Tagesreisezugverkehr nur einige wenige Änderungen gegeben. Hervorzuheben ist dabei die Ausweitung des ICE-Angebots zwischen Frankfurt am Main und Brüssel. Im Nachtreisezugverkehr gab es demgegenüber grundlegende Angebotsveränderungen. Die wesentlichen Fahrplanänderungen sind im Folgenden zusammengefasst.
1. Jan 2017
Auf dieser Linie erfolgten auf Grund von Angebotsausweitungen im Regionalverkehr Hessens Änderungen hinsichtlich der Systemhalte. So gibt es nunmehr alternierende Halte in Wabern und Stadtallendorf. Für Stadtallendorf bedeutet dies eine Ausweitung auf zwölf IC-Halte, für Wabern dagegen eine Reduzierung auf zehn IC-Halte. In der Hauptverkehrszeit werden allerdings weiterhin beide Halte bedient. Treysa ist zweistündlicher Systemhalt geblieben.
Wegen der auch weiterhin angespannten Fahrzeugverfügbarkeit der Intercity 2-Doppelstockzüge (IC2) ist auf dieser Linie für
die Dauer von ein bis zwei Jahren die Umstellung auf Intercity-Garnituren der ersten Generation, jedoch mit ähnlicher Sitzplatzkapazität, erfolgt.
Auf dieser Linie werden erstmals IC2-Doppelstockzüge eingesetzt. Die Zahl der Sitzplätze erhöht sich dadurch zumindest in der 2. Klasse um mehr als 20 Prozent auf 392 Sitzplätze. Der Halt in Bad Oeynhausen ist entfallen, was einerseits an der zunehmenden Bautätigkeit, andererseits aber auch an der mit 160 km/h geringeren Höchstgeschwindigkeit der IC2-Züge liegt.
Alle Diesel-ICE der Baureihe 605 werden im Laufe des Fahrplanjahres 2017 abgestellt. Abgesehen von einem Zugpaar ist der Ersatz durch dänische IC3-Triebzüge erfolgt. Zwischen Berlin und Kopenhagen besteht auch weiterhin keine umsteigefreie Verbindung. Unverständlich: Direktverbindungen zwischen diesen beiden europäischen Hauptstädten werden somit auch weiterhin der Flugzeug-, Fernbus- und Pkw-Konkurrenz, die diese Direktverbindungen seit Jahren ermöglichen, überlassen.
Ein Fernverkehrs-Angebot gibt es auf der Schiene in dieser Relation auch weiterhin nicht. Der Kulturzug Berlin—Cottbus—Wrocław (Breslau) wird als Angebot des Regionalverkehrs dagegen erfreulicherweise Bestand haben. Wie auf dem Deutsch-Polnischen Bahngipfel am 30. November 2016 bekannt gegeben wurde, haben sich die Bundesländer Berlin und Brandenburg sowie die Deutsche Bahn auf die Übernahme der Kosten in Höhe von 300 000 Euro jährlich geeinigt.
Trotzdem: Die Ergebnisse des Bahngipfels bleiben enttäuschend. Mindestens bis 2018/2019 soll das Bahnangebot in dieser Relation damit lediglich auf ein Zugpaar an Wochenenden beschränkt bleiben! Ein tägliches Angebot auf der Schiene? Fehlanzeige! Kurzfristiges Ziel muss bei dieser Verbindung ein tägliches bzw. ganzjährig verkehrendes Grundangebot mit ca. drei bis vier Zugpaaren sein. Da seit Dezember 2016 nunmehr die Ausbaustrecke im Abschnitt Horka—Węgliniec (Kohlfurt) mit der neu errichteten Neißebrücke zur Verfügung steht, gibt es mit dem geänderten Laufweg auch die Möglichkeit einer deutlichen Fahrzeitreduzierung zwischen Berlin und Wrocław (siehe auch SIGNAL 5/2016).
Bei dieser Linie sind die Einzelzüge im Abschnitt Düsseldorf—Flughafen Köln/Bonn entfallen. Begründet wurde dies einerseits mit dem seitens der Kunden nur wenig nachgefragten Halt Flughafen Köln/Bonn (rund 60 Reisende pro Zug), andererseits mit der Durchbindung der Regionalexpress-Linie Minden—Hamm—Düsseldorf von/zum Flughafen Köln/Bonn.
Neu ist auf dieser Linie eine Frühverbindung Jena Paradies, ab 5.42 Uhr, bis Berlin Hbf, an 8.01 Uhr. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Fernverkehrsanbindung mit Inbetriebnahme der Neubaustrecke Erfurt—Ebensfeld(—Nürnberg) ab Dezember 2017 deutlich verschlechtern wird und u.a. für Jena zusätzliche Umsteigezwänge zur Folge hat. Unverständlich: Eine neue Fernverkehrslinie im 2-Stunden-Takt mit dem Intercity 2 ist erst für das Jahr 2023 (!) geplant. Hier besteht erheblicher Korrekturbedarf.
In der Relation Kiel—Berlin wird eine zusätzliche ICE-Direktverbindung angeboten; speziell für Wochenendpendler ist die Verbindung am Sonntagabend nach Kiel bzw. am Montag früh nach Berlin interessant.
Zwischen Berlin und Stralsund verkehren wegen des Fahrzeugmangels zwei von drei Zugpaaren als Intercity-Shuttle statt als ICE-Durchbindung.
Die saisonal verkehrende IC-Direktverbindung in der Relation Köln—Seebad Heringsdorf wird eingestellt. Das schafft Umsteigezwänge und lässt die Attraktivität der Bahn gegenüber Pkw und Fernbus sinken. Eine Fehlentwicklung!
Eine IC-Direktverbindung wird nachmittags mit dem Laufweg Köln—Münster—Osnabrück—Berlin neu angeboten (bislang via Bielefeld). Die zusätzliche Verbindung für Münster verkehrt von montags bis donnerstags und sonntags.
Das Angebot auf dieser Linie wurde um ein bis zwei ICE-Zugpaare pro Tag und Richtung erweitert. Ab Frankfurt (Main) gibt es damit auch wieder eine Frühverbindung (Ankunft in Amsterdam Centraal um 9.28 Uhr).
Auch auf dieser Linie wurde das Angebot ausgeweitet: Morgens und nachmittags verkehren insgesamt zwei zusätzliche ICE-Zugpaare, am Freitag (mittags) und am Sonntag noch ein weiteres Zugpaar. Insgesamt verkehren in dieser Relation sechs bis sieben Zugpaare pro Tag und Richtung. Mit dieser Maßnahme wird der erfreulichen Nachfragesteigerung Rechnung getragen. Im Jahr 2015 waren knapp 800.000 Reisende im ICE International zwischen Deutschland und Belgien unterwegs.
Nachdem die französische Neubaustrecke TGV Est Européen nunmehr vollständig zur Verfügung steht, konnten seit dem Fahrplanwechsel weitere Fahrzeitverkürzungen realisiert werden. Bei zwei ICE-Zugpaaren verkürzt sich die Fahrzeit zwischen Frankfurt (Main) und Paris über Strasbourg um rund 15 Minuten auf 3 Stunden 40 Minuten. In der Relation Stuttgart—Paris wird eine Fahrtzeit von 3 Stunden 11 Minuten erreicht – eine Beschleunigung um rund 20 Minuten.
Seit 14. Dezember 2016 verkehrt täglich nun auch das von Locomore bereits seit längerem geplante Zugpaar Stuttgart—Berlin (Stuttgart Hbf ab 6.21 Uhr, Ankunft in Berlin-Lichtenberg 13.32 Uhr, Abfahrt in Berlin-Lichtenberg 14.28 Uhr, Ankunft in Stuttgart Hbf 21.20 Uhr). In Berlin gibt es weitere Halte in Berlin Ostbahnhof und Berlin Hbf.
Erfreulich: Mit dem Halt in Berlin Zoologischer Garten (!) wird darüber hinaus im Fernverkehr ein Bahnhof bedient, der seitens der Deutschen Bahn z. B. für die IC-Linie 77 (Berlin—Hannover—Amsterdam) seit vielen Jahren ignoriert wird – noch. Denn es gibt Hoffnung. So hält seit dem Fahrplanwechsel der Nacht-Intercity IC 446 Berlin—Köln auch im Bahnhof Zoo.
Der Locomore-Zug besteht aus modernisierten Intercity-Reisezugwagen, die für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h zugelassen sind. Eine (reservierungspflichtige) Fahrradmitnahme ist ebenfalls möglich. Auch eine Bordverpflegung wird durch eine Bedienung am Platz gewährleistet.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Fernverkehrsangebot mehr als nur eine Eintagsfliege ist.
Das Angebot des Hamburg-Köln-Express (HKX) wurde dagegen reduziert. Die Fahrten an Montagen und an etlichen Sonnabenden entfallen seit Fahrplanwechsel.
Die Deutsche Bahn hat das seit Jahren qualitativ vernachlässigte klassische Nachtzugangebot mit Schlaf- und Liegewagen eingestellt. Umso erfreulicher ist das Engagement der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in diesem auf Langstrecken wichtigen und unverzichtbaren Angebotssegment. Die Nachtreisezüge verkehren dabei unter der Marke „ÖBB-Nightjet“. Es bestanden bereits vor dem Fahrplanwechsel folgende neun Verbindungen:
Seit dem 11. Dezember 2016 sind zu den bestehenden ÖBB-Nachtreisezuglinien folgende sechs Linien hinzugekommen:
Im Gegensatz zur Unternehmensstrategie der Deutschen Bahn investieren die Österreichischen Bundesbahnen in das Fahrzeugmaterial der Nachtreisezüge erheblich. Für insgesamt 40 Millionen Euro werden 42 Schlaf- und 15 Liegewagen von der Deutschen Bahn gekauft sowie weitere Wagen zu komfortablen 4-Bett-Liegewagen umgebaut. Des Weiteren erhalten die Wagen ein komplett neues Außendesign. Ab 2020 ist geplant, im Italien-Verkehr sogar komplett neue Nachtzüge einzusetzen.
Bis 2020 wollen die ÖBB mit dem erweiterten Nightjet-Angebot 1,8 Millionen zusätzliche Fahrgäste befördern.
Ab dem 16. Dezember 2016 verkehrt in der Relation Hamburg—Lörrach erstmals der Autoreisezug der Bahntouristik-Express GmbH (BTE). Wöchentlich sind ein bis drei Verkehrstage geplant; die höhere Angebotsfrequenz besteht schwerpunktmäßig in der Sommersaison.
Keinen Betreiber gibt es für die Verbindung Warszawa (Warschau)—Berlin—Köln (-Brüssel). Diese Verbindung gibt es somit nicht mehr, ebensowenig die Verbindung München—Amsterdam und die bereits Ende 2014 eingestellten Verbindungen Basel—Frankfurt (Main)—Hamburg—Kopenhagen (incl. der Wagengruppen Prag—Berlin—Kopenhagen und Amsterdam—Köln—Kopenhagen) bzw. die beliebte Verbindung Berlin—Paris mit den Wagengruppen Hamburg—Paris und München—Paris. Es verbleiben somit auch weiterhin viele Angebotslücken bzw. etliches Verbesserungspotenzial.
Seit 17. Dezember 2016 verkehrt auch der seit längeren angekündigte neue Hotelzug zwischen Moskau und Berlin. Die Wagen dieses Zuges wurden bei Patentes Talgo S.L. in Spanien hergestellt und verfügen als Besonderheit über eine automatische Spurweiteneinstellung. Dies verkürzt die Zeit für die notwendige Umspurung an der polnisch-russischen Grenze erheblich. Dieser Zug verkehrt an Sonntagen und Montagen ab Berlin Ostbahnhof, Abfahrt 18.50 Uhr. Vom Kursker Bahnhof in Moskau verkehrt er an Sonnabenden und Sonntagen Abfahrt 13.05 Uhr.
Seitens der Deutschen Bahn werden im Nachtreisezugverkehr nunmehr ausschließlich einzelne Intercity- oder ICE-Züge angeboten. Dies sind:
Der Reisekomfort in den Sitzwagen wird durch ein angepasstes Beleuchtungs- und Ansagenkonzept so gut wie möglich erhöht. So werden beispielsweise Durchsagentexte deutlich verkürzt und das Licht ist größtenteil dimmbar. In ausgewählten Zügen können auch Zusatzartikel (Schlafset mit Nackenkissen, Fleecedecke) beim Zugpersonal erworben werden.
Zielgruppe für dieses Angebot sind „preissensible“ Fahrgäste. Das mag gerade im Wettbewerb mit dem Fernbus seine Berechtigung haben. Aber für Familien mit Kindern oder für Geschäftsreisende ist das kein Ersatz für das bisherige Reisen im Schlafoder Liegewagen. Es ist unverständlich und kurzsichtig, dass die DB auf diese Kunden nun verzichtet. Profitieren wird vor allem der Flugverkehr, so zum Beispiel in der Relation Berlin—Köln.
Deutscher Bahnkunden-Verband und IGEB Fernverkehr
aus SIGNAL 6/2016 (Dezember 2016/Januar 2017), Seite 9-12