Regionalverkehr
Der RE 2 (Wismar—Wittenberge—Berlin-Stadtbahn—Königs Wusterhausen—Lübbenau—Cottbus) wird seit etlichen Jahren von der ODEG betrieben und von den Fahrgästen sehr gut genutzt.
15. Mai 2017
Seit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2015 entfallen in der Zeit von ca. 7 Uhr bis 22 Uhr die Halte in den Bahnhöfen Raddusch, Kunersdorf und Kolkwitz. Einzige Ausnahme ist ein Zugpaar, welches morgens von Cottbus nach Berlin und nachmittags von Berlin nach Cottbus verkehrt. Für die ausgelassenen Halte wird ein Bus von Lübbenau nach Raddusch eingesetzt und für die übrigen Orte der entsprechende Busverkehr verstärkt.
Begründet wird dies vom VBB und dem brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) mit den Engpässen auf der Berliner Stadtbahn, in Königs Wusterhausen und der eingleisigen Strecke zwischen Lübbenau und Cottbus. Egal, ob man diese Begründung für vorgeschoben oder überzeugend hält, ist das Ergebnis für die Fahrgäste unattraktiv und inakzeptabel.
Am 13. Dezember 2015 ging die Schnellfahrstrecke Halle/Leipzig—Erfurt in Betrieb, sie ist Teil des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit (VDE) Nummer 8 und der zweite Teilabschnitt der Strecke von Berlin
nach München. Mit der Streckeneröffnung verschoben sich die Anschlüsse des Fernverkehrs. Die Züge aus Hamburg, welche dann nach München weiterfahren, erhielten neue Fahrpläne.
Da der RE 2 sich diese Strecke mit den Fernzügen aus Hamburg teilt, musste auch dessen Fahrplan geändert werden. Diese Änderungen führten zu einer Verknappung der Fahrzeiten und gefährdeten das Erreichen des Anschlussknotens in Cottbus. Da dieser weiterhin erreicht werden soll, mussten Verkehrshalte ausgelassen werden. Die Aufgabe der Halte in der Lausitz wurde mit den geringen Fahrgastzahlen dieser Bahnhöfe begründet.
Für die Züge aus Wismar kommt es in Wittenberge nun zu einer Haltezeit von rund sechs Minuten, da hier der RE von dem IC/EC aus Hamburg in Richtung Dresden überholt wird.
Für die in Wittenberge endenden Züge ergibt sich eine Wendezeit von nur neun Minuten. Dadurch ist die Gefahr hoch, eine Verspätung in die Gegenrichtung zu übernehmen. Es sind auch schon Fahrten beobachtet worden, die bereits in Bad Wilsnack endeten, um pünktlich nach Cottbus zurückfahren zu können.
Für die Züge nach Wismar geht es in Wittenberge nach einem Aufenthalt von zwei Minuten weiter.
In Nauen werden die Züge aus Wismar vom nachfolgenden ICE überholt, dazu wurde die „dynamische Überholung“ eingeführt. Das bedeutet: die angegebene Abfahrzeit ist eine frühere als die betrieblich erforderliche. Ist der ICE verspätet, kann der RE seine Fahrt „pünktlich“ fortsetzen und wartet die Überholung in Falkensee ab, andernfalls fährt er verspätet ab und ist ab Falkensee wieder pünktlich. In der Gegenrichtung ist in Nauen eine planmäßige Haltezeit von zwei Minuten vorgesehen, da die Überholung erst einen Bahnhof weiter in Paulinenaue stattfindet.
Neben der Berliner Stadtbahn ist der Bahnhof Spandau eine der größten Engstellen im Berliner Eisenbahnnetz – eine Spätfolge der gescheiterten Transrapidpläne, denn für die Magnetbahn wurde hier eine Trasse zu Lasten der Eisenbahn freigehalten. Deshalb ist der Bahnhof unterdimensioniert und – wie auch die Stadtbahn – überlastet. Es gibt kaum freie Trassen zum Passieren des Bahnhofs. Hier eine Veränderung durchzuführen, wurde schon oft diskutiert und immer wieder verworfen. Eine häufig geforderte Lösung ist die Erweiterung des Bahnhofs – eine Maßnahme, die nicht nur mit sehr hohen Kosten verbunden wäre, sondern auch nur langfristig möglich ist.
Am 18. Dezember 2013 erklärte die DB Netz AG die Berliner Stadtbahn zum „überlasteten Schienenweg“. Hintergrund war die Zunahme des Regionalverkehrs und der damit verbundenen Abweisung von Trassenanfragen. Auch heute ist die Stadtbahn die in Berlin am stärksten genutzte Strecke und entsprechend von der DB als „überlastet“ definiert. Hauptproblem ist hierbei der Fernverkehr. Dieser hält nicht am Bahnhof Zoo und benötigt von daher eine schnellere Trasse als der Regionalverkehr. Würde der Fernverkehr am Bahnhof Zoo halten, würde der Abstand zwischen Fernverkehr und Regionalverkehr sich angleichen und die Trassenverteilung erleichtert werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Fernverkehr am Hauptbahnhof planmäßig bis zu sechs Minuten Aufenthalt hat. Dadurch werden weitere Trassen auf der Stadtbahn blockiert.
Im Gegensatz zu allen anderen Regionalzügen hat der RE 2 in beiden Richtungen nur eine Minute Aufenthalt, bei größerem Fahrgastandrang führt das zu Verspätungen, die im Normalfall nicht aufgeholt werden können.
Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 soll der RE 2 auch am neuen Regionalbahnsteig Ostkreuz halten. Damit dies möglich ist, muss ein anderer Halt aufgegeben werden, was in diesem Fall der Halt in Berlin Ostbahnhof sein wird. Der RE 2 hält dann also als einzige auf der gesamten Stadtbahn verkehrende Linie nicht am Ostbahnhof.
Königs Wusterhausen ist im südlichen Abschnitt des RE 2 einer der Problempunkte. Die Lage der Bahnsteige und die der S-Bahn führen dazu, dass die Züge aus Berlin und Cottbus nur ein Bahnsteiggleis sinnvoll nutzen können. Es ist zwar möglich, auf das andere Bahnsteiggleis zu fahren (die RB 36 hatte dies bis zur Abbestellung getan), dies führt aber zu weiteren Zwangspunkten im Fahrplan, da das S-Bahn-Gleis gekreuzt werden muss.
Durch die hier endende RB 22 ist außerdem nur wenig Platz für Fahrplanverschiebungen. Die RB 22 soll auch aus Cottbus erreicht werden, da sie zum Flughafen Schönefeld bzw. irgendwann zum BER fährt.
Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg (MIL) wünscht sich eine Verlängerung der Zweigleisigkeit im Nordkopf des Bahnhofs. Dies ist aber Aufgabe der DB Netz AG bzw. des Bundes und bestenfalls mittelfristig zu erwarten.
Einer der größten Zwangspunkte ist die rund 25 km lange eingleisige Strecke zwischen Lübbenau und Cottbus. In Vetschau sind Zugkreuzungen zwar möglich, aber auch hier würde eine eventuelle Verspätung auf den Gegenzug übertragen werden.
Für den – angestrebten – zweigleisigen Ausbau muss das vorhandene Gleis verschoben werden, da das Gleis und die Fahrleitungsmasten die Trasse des zweiten Gleises belegen. Der Ausbau ist also nur mit einer längeren Vollsperrung der Strecke Lübbenau—Cottbus möglich.
An diesem Abschnitt liegen auch die tagsüber nicht bedienten Halte Raddusch, Kunersdorf und Kolkwitz.
Der Bahnhof Cottbus ist einer der großen Umsteigebahnhöfe in Brandenburg und als Nullknoten ausgelegt: Alle Züge kommen kurz vor der vollen Stunde an und fahren nach dem Fahrgastwechsel kurz nach der vollen Stunde wieder ab. So bestehen kurze und komfortable Umsteigemöglichkeiten. Deshalb ist es wichtig, dass der RE 2 pünktlich zum Nullknoten in Cottbus eintrifft. Allerdings kommt der RE 2 planmäßig zur Minute .59 an und fährt bereits zur Minute .01 wieder zurück nach Wismar. Kleine Verspätungen in der Ankunft gefährden also alle Anschlüsse. Auch heute ist schon häufig ein Anschlussverlust zu erleben – mit daraus resultierender ein- oder zweistündiger Reisezeitverlängerung zum nächsten Takt.
Es gibt zahlreiche Vorschläge zur Entschärfung der Probleme. Eine von der Stadt Vetschau in Auftrag gegebene Studie schlägt vor, den RE 2 in Berlin Ostbahnhof zu brechen. Das schafft für Fahrgäste aus Cottbus zum Fernverkehr in Berlin Hauptbahnhof einen Umsteigezwang in Berlin Ostbahnhof. Deshalb wird die Idee vom MIL abgelehnt. Im selben Konzept wurde auch der Vorschlag gemacht, den RE 2 von Cottbus nach Berlin-Charlottenburg fahren zu lassen und den RE 2 von Wismar/Wittenberge nach Berlin Ostbahnhof. Diese Lösung erfordert aber einen weiteren Zug und verursacht damit mehr Kosten. Und es würden zusätzliche Trassen der ohnehin schon überlasteten Stadtbahn belegt. Aus diesen Gründen wurde auch dieser Vorschlag von Seiten der DB Netz AG und des MIL abgelehnt. Das Konzept sei so nicht fahrbar, lautet die Begründung.
Es gibt auch die Idee einer Flügelung der RB 24 (Eberswalde—Berlin Ostkreuz—Königs Wusterhausen—Lübbenau—Senftenberg) in Lübbenau. Ein Zugteil würde nach Cottbus, der andere nach Senftenberg weiterfahren. Dies ist nach Angaben der DB Netz AG nicht möglich, da zum einen keine passenden Trassen frei sind und zum anderen der Bahnhof Lübbenau technisch nicht für ein solches Verfahren ausgestattet ist.
Das MIL hat für die Region einen zusätzlichen Zug zwischen Cottbus und Lübben ins Gespräch gebracht. Er würde einen Anschluss von ca. 20 Minuten von der RB 24 aus Berlin bzw. nach Berlin haben und in einem 2-Stunden-Takt verkehren.
Dieser Vorschlag wurde nach Angaben eines Ministeriumssprechers seitens der Kommunen abgelehnt. So wird es auch im nächsten Fahrplanjahr den bisherigen Schienenersatzverkehr geben.
Dass der RE 2 an Bahnhöfen der Lausitz und bald auch in Berlin Ostbahnhof nicht hält, ist nicht hinnehmbar. Der Berliner Fahrgastverband IGEB schlägt daher vor, den RE 2 in Nauen bzw. Berlin zu brechen. Von Cottbus kommend fährt der Zug bis Nauen und hält dabei auch an den Bahnhöfen Kolkwitz, Kunersdorf, Raddusch und Berlin Ostbahnhof. Der Zug aus Wismar/Wittenberge fährt dann entweder als RB 10 über Hauptbahnhof (tief) nach Südkreuz oder als RB 14 über die Stadtbahn nach Schönefeld. Damit würden sich die Zwänge im Norden nicht auf den Süden auswirken und man benötigt keine zusätzlichen Trassen auf der Stadtbahn – mehr dazu im nachfolgenden Beitrag. (md)
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 2/2017 (Mai 2017), Seite 6-7