Titelthema Straßenbahn
Die BVG hat dank der Finanzierung durch den Berliner Senat ihr Versprechen einlösen können und auch die letzte noch offene Option aus dem Flexity-Liefervertrag in eine Festbestellung umgewandelt. Dadurch können die ersten der neuen Straßenbahnstrecken, die 2020/21 eröffnet werden sollen, zeitgemäß bedient werden.
6. Aug 2017
Für den vom rot-rot-grünen Senat geplanten großen Netzausbau reichen die Züge aber nicht. Deshalb muss nun schnell die Ausschreibung für die nächste Tram-Generation auf den Weg gebracht werden (siehe dazu auch den nachfolgenden Artikel)
Die Flexity-Berlin-Wagen haben sich im Straßenbahnalltag der Hauptstadt weitgehend bewährt und sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Auch der flexible Liefervertrag zwischen dem Hersteller Bombardier und der BVG erfüllte seinen Zweck und ermöglichte die Anpassung der Flotte an die wachsenden Fahrgastzahlen. Lag der Schwerpunkt bei Lieferbeginn auf den 30,8 m kurzen Varianten (59 von insgesamt 99 Bahnen), wurde er bei Ziehung der Optionen immer mehr zu den 40 m langen Flexitys (176 von insgesamt 210 Bahnen, inklusive Vorserienfahrzeuge und Umbauten) verschoben.
Die Ziehung der letzten Option des Rahmenvertrages hatte BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta schon im September 2016 beim
Fahrgastsprechtag der Schienenverkehrs-Wochen in Aussicht gestellt. Damals war aber die Finanzierung durch den Senat noch nicht gesichert.
Angesichts der Tatsachen, dass weitere neue Straßenbahnen erst nach einer langwierigen europaweiten Ausschreibung bestellt werden können und dass die Ende 2016 abgeschlossene Koalitionsvereinbarung einen ehrgeizigen Netzausbau mit entsprechendem zusätzlichem Fahrzeugbedarf vorsieht, war schnell klar, dass nur die Einlösung der vierten Flexity-Option den absehbaren Fahrzeugengpass mildern kann.
Besonders deutlich wurde die Entlastung der Fahrgäste durch die neuen breiteren und längeren Straßenbahnen auf den Linien M 13 und 50, wo die vorher eingesetzten solo fahrenden GT6 einen regelrechten Abschreckungseffekt auf neue Kunden hatten. Nun warten noch die Fahrgäste der viel genutzten Linien M 2 und M 10 auf den Einsatz der langen Wagen, was auf der M 2 ohne Baumaßnahmen schon heute möglich wäre. Auf der M 10 müssen nur noch wenige Haltestellen für die größeren Züge ertüchtigt werden. Da diese Maßnahmen für die vorgesehene Verlängerung zum Hermannplatz sowieso nötig sind, sollte damit bald begonnen werden.
Auf der wichtigen M 17 werden die großen Flexitys ebenfalls benötigt, aber hier muss zunächst das Streckennetz für den Einsatz der breiteren Bahnen umgebaut werden (siehe Artikel auf Seite 9).
Wenn man bedenkt, dass auf den Linien M 5, M 6 und M 8 der Einsatz von langen Zweirichtungswagen weiterhin nötig ist und auf der M 4 sogar diese Typen zu klein sind, dann wird schnell deutlich, wie wichtig eine rasche Auslieferung der jetzt bestellten 21 Züge ist.
Die in der Tabelle angegebenen Zahlen sind nicht die Lieferungen, sondern die Bestellungen. Das ist wichtig zu wissen, um nicht mit den Minus-Angaben durcheinander zu kommen. Ausnahme ist der umgebaute Vorserienzug F6E, der schon physisch vorhanden war und nun nach Verlängerung und Angleichung an die Serie als F8 Nummer 8026 unterwegs ist.
Teilweise wurden schon in Auslieferung befindliche Serien umgeplant, was bei den langen Lieferzeiten kein Problem war. Dabei spielt auch die Reihenfolge der Lieferserien eine Rolle: So wurde damals vereinbart, dass zunächst ein Teil der bestellten kurzen Zweirichter geliefert werden sollte, danach die langen Einrichtungszüge und die ursprünglich geplanten kurzen Einrichter ganz zum Schluss. Dadurch konnte für Letztere die Bestellung noch während der Lieferung der anderen Ausführungen zugunsten langer Flexitys geändert werden.
Aufgrund der Lieferrate von einem Wagen etwa alle zwei Wochen wird sich die komplette Ablieferung der Serie vsl. bis 2019/20 hinziehen. Das ist jedoch hinnehmbar, weil bis dahin sicher keine der neuen Strecken fertig sein wird. Allerdings sollte die BVG auch dann noch ihre übrig gebliebenen Tatra-Züge bereit halten, denn wenn die ersten neuen Strecken einmal fertig sind, entsteht ein großer Mehrbedarf, und auch der vorzuhaltende Reservebestand muss dann größer sein als heute. Wenn der Bereich Straßenbahn es außerdem noch schafft, bei den Fahrpersonalen ebenfalls eine Reserve aufzubauen, dann können die Straßenbahnfahrgäste der BVG optimistisch in die nähere Zukunft schauen. (af)
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 3/2017 (August 2017), Seite 4-5