Ratgeber Fahrgastinfo

English for Insiders

Nicht jeder, der die örtlichen öffentlichen Verkehrsmittel nutzt, spricht deutsch. Sinnvollerweise kommuniziert das Verkehrsunternehmen daher auch fremdsprachig mit den Kunden. Dabei kann aber auch viel falsch laufen. Ein kleiner Ratgeber.


Berliner Fahrgastverband IGEB

6. Aug 2017

Wenn das Verkehrsunternehmen erkannt hat, dass ein großer Teil seiner Kunden nicht die Landessprache spricht, so sollte es Zwei- oder Mehrsprachigkeit herstellen. Hier muss bereits eine Auswahl getroffen werden, da auf ein Schild nicht alle Sprachen der Welt passen. Welche Sprache(n) wählt man also?

Geht man rein von den weltweiten Muttersprachlern aus, so müsste man Mandarin und Spanisch wählen. Die Wahl fällt dann aber doch eher auf Englisch. Und das nicht, weil es so viele Muttersprachler gibt, sondern weil Englisch weltweit die am häufigsten gesprochene Fremdsprache ist. Mit Englisch erreicht man also nicht nur Briten, Australier und Nordamerikaner, sondern auch viele, deren Muttersprache man nicht anbieten kann.

„Logisch!“ werden Sie jetzt sagen, doch so trivial ist das gar nicht. Diese Tatsache wird nämlich sehr gern wieder vergessen, wenn es um die Umsetzung geht. Sie wird verdrängt durch den Perfektionswillen. Da

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wird der Muttersprachler herangezogen – oder der Sprachwissenschaftler. Hauptsache möglichst korrekt; man will sich ja schließlich nicht blamieren. Und so wird aus dem simplen „last stop“ plötzlich das Fachwort „terminus“. Aus „Please leave the train!“ die höflich-passive Umschreibung „All passengers are requested to leave the train.“

Wer Letzteres verwendet, meint, damit Sprachwissen und gute Bildung zu beweisen. Das mag stimmen, nur der Zweck war eigentlich ein anderer: Man will von möglichst vielen verstanden werden, und nicht nur von Leuten, die mit dem Oxford Dictionary unter dem Kopfkissen schlafen.

Die Datumsfalle

Mauerfall, Reichspogromnacht, Hitlerputsch und Republikausruf – der 9.11. gilt als Schicksalstag der deutschen Geschichte. Hingegen ist 9/11 der Tag der Terroranschläge in den USA, jedoch nicht der 9. November, sondern der 11. September. Nun wird die amerikanische Schreibweise 9/11 auch in Großbritannien verstanden und korrekt interpretiert, obwohl dort das Datum doch eigentlich in der uns bekannten Reihenfolge Tag/Monat (also 11/9) geschrieben wird.

Hier kann man sich jetzt zwar streiten, welche Schreibweise weiter verbreitet sei, doch folgende Tatsache bleibt vom Ausgang dieses Streites unberührt: Verwenden wir für Datumsangaben eine der beiden englischen Kurzschreibweisen, so sind Missverständnisse vorprogrammiert. Also? Lassen! Es gibt andere Möglichkeiten, ein Datum unmissverständlich auszudrücken. Zum Beispiel den Monatsnamen verwenden oder gar die Tage in einem Kalender markieren. Das wäre dann sogar nicht nur für Englischsprechende verständlich.

Weniger ist mehr

Ohnehin kann (so wie der Kalender) eine Symbolsprache viele Vokabeln ersetzen. Statt ein Rauchverbot in mehreren Sprachen aufzuschreiben, kann ein einzelnes Piktogramm dies ersetzen und ist unbestritten besser verständlich. Nicht umsonst sind IKEA-Bauanleitungen als Bildgeschichten und nicht als Fließtext umgesetzt.

Und wenn sich partout kein Symbol anbietet, so sollte der englische Satz so einfach wie möglich sein. Auf überflüssige Wörter sollte verzichtet werden. Folgende Angabe auf einer Bahnbaumeldung „[… ] not in operation on 4/5 from 4am (approx.) to 11pm (approx.) [… ]” beinhaltet nicht nur verwirrende Datumsangaben und unnötige wissenschaftliche Wörter auch noch als Abkürzung, vielmehr ist in diesem Fall der ganze Satz überflüssig, wenn man weiß, dass die beschriebene Regionallinie normalerweise sowieso nicht in den Nachtstunden fährt.

Vorsicht vor falschen Freunden!

Eine leicht erscheinende Übersetzung birgt aber auch Tücken. So bedeutet „for 1 week“ nicht etwa „für eine Woche“, sondern „seit einer Woche“. Und wenn im Zug störrisch „exit on your left hand side“ angesagt wird, fragt man sich schon, woher der Ansager wissen will, in welche Richtung ich gerade stehe, um die Ausstiegsseite passend zu meiner Körperhaltung mitzuteilen. Statt einfach „exit left“ mitzuteilen, hat hier die Floskel zugeschlagen, obwohl sie ausnahmsweise mal nicht passt. Denn der Zug hat keine linke Hand.

Floskeln sind generell ein Problem. Stellen Sie sich vor, Sie sprechen nur ein wenig Schulenglisch und sind in einem fremden Land unterwegs! Aufwändig entziffern Sie einen Plakataufsteller mit dem Satz: „For more information on the AIRPORT EXPRESS service, please refer to service announcements“. Sie haben also die Erkenntnis gewonnen, dass Sie auf andere Bekanntmachungen achten sollen. Als ob Sie auf die Idee nicht selbst gekommen wären …

Fazit

Zusammenfassend kann man wohl folgende Ratschläge formulieren:

Wer diese kleinen Ratschläge beachtet, der verhindert schon das Schlimmste. Und man kann sich sicher sein, dass die Übersetzung auch hilfreich ist und beim Adressaten ankommt. (hm)

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 3/2017 (August 2017), Seite 30