söp
6. Aug 2017
Der Beschwerdeführer wollte von Bonn nach Landshut fahren und nach seinen ursprünglichen Reiseplänen um 18.14 Uhr in Bonn mit dem IC 2229 abfahren und nach einem Umstieg in Regensburg um 0.37 Uhr in Landshut ankommen.
Der Beschwerdeführer schildert, dass der IC 2229 in Regensburg mit einer Verspätung von 40 Minuten ankam, so dass er seinen Anschlusszug nach Landshut verpasste. Zur Weiterreise hatte es im IC 2229 keine Informationen gegeben, so dass sich der Beschwerdeführer bei einem Bahnmitarbeiter erkundigte, wie es weitergehen könne. Dieser habe ihm gesagt, dass es „unten am Bahnhof Taxigutscheine geben“ würde, um weiter nach Landshut zu kommen.
Dort fand der Beschwerdeführer jedoch niemanden, der ihm einen Taxigutschein hätte ausstellen können. Die Serviceschalter der Bahn waren zudem bereits geschlossen. Auch die Taxifahrer hätten nichts von Taxigutscheinen gewusst. Erst auf Nachfrage bei der Polizei erhielt der Beschwerdeführer eine Telefonnummer des Eisenbahnunternehmens, die er kontaktierte. Ihm wurde
die Auskunft gegeben, dass er ein Taxi nutzen könne, aber zunächst in Vorleistung treten müsse. Die Kosten könne er dann bei der Bahn geltend machen. Daraufhin fuhr der Beschwerdeführer mit einem Taxi von Regensburg nach Landshut und zahlte 132 Euro. Landshut erreichte er um 1.45 Uhr.
Nach der Fahrt wandte sich der Beschwerdeführer an das Servicecenter Fahrgastrechte und machte eine Erstattung seiner Taxikosten sowie eine Verspätungsentschädigung geltend.
Das Servicecenter bezifferte die Verspätung auf 68 Minuten und zahlte eine Verspätungsentschädigung i.H.v. 25 Prozent des Fahrpreises (7,40 Euro). Zudem wurden ihm Taxikosten i.H.v. 80 Euro erstattet. Damit zeigte sich der Beschwerdeführer nicht einverstanden und forderte vom Servicecenter die Erstattung der verbleibenden Taxikosten i.H.v. 52 Euro. Dies wurde mit Hinweis auf den Höchstbetrag abgelehnt. Der Beschwerdeführer war damit nicht zufrieden und bat die söp um Prüfung.
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers und kam zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Erstattung der verbleibenden Taxikosten zustehen könnte.
Zwar wurden dem Beschwerdeführer bereits 80 Euro erstattet. Insofern hat das Servicecenter auf den in den Beförderungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens geregelten Höchstbetrag von 80 Euro für eine Hilfeleistung (Alternativbeförderung) hingewiesen und die Erstattung des darüber hinausgehenden Betrages abgelehnt.
Allerdings hat der Beschwerdeführer glaubhaft geschildert, dass er vor Ort in Regensburg keine Hilfeleistungen hinsichtlich der Weiterfahrt nach Landshut erhalten hat. Auch im IC 2229 gab es keine entsprechenden Durchsagen, so dass der Beschwerdeführer zu später Stunde auf sich allein gestellt war. Warum vor Ort auf dem Bahnhof in Regensburg keine Servicenummern aushingen, konnte im Schlichtungsverfahren nicht geklärt werden. Daher dürfte das Eisenbahnunternehmen seiner Informationspflicht aus Art. 18 Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 (VO) nicht nachgekommen sein.
Die söp wies auch darauf hin, dass es nicht zu Lasten eines Reisenden gehen kann, wenn vor Ort ein Serviceschalter nicht mehr geöffnet hat und der Reisende dann in Vorleistung treten muss, obwohl er Anspruch auf Ausstellung eines Taxigutscheins gehabt hätte. Die Mehrkosten wären dem Beschwerdeführer dann erspart geblieben. Insoweit dürfte die Beschwerdegegnerin auch ihrer Verpflichtung zur Hilfeleistung nach Art. 18 Abs. 3 VO nicht nachgekommen sein.
Darüber hinaus teilt der Beschwerdeführer mit, dass ihm von der Hotline nicht gesagt wurde, dass Taxikosten nur bis maximal 80,00 Euro erstattet werden. Zudem hätte der Beschwerdeführer auch nach Art. 32 CIV (Anhang zur VO) eine Nacht in einem Hotel verbringen können – alternativ zur Fahrt mit dem Taxi, weil er seinen Zielort nicht mehr vor 24 Uhr erreicht hätte. Da grundsätzlich „angemessene Hotelkosten“ zu erstatten sind, ist nicht ausgeschlossen, dass diese über den nun vom Beschwerdeführer verauslagten Taxikosten hätten liegen können. Vor diesem Hintergrund hielt die söp jedenfalls eine Kulanz für angezeigt und schlug die Erstattung der verbleibenden Taxikosten i.H.v. 52 Euro vor.
Die Beschwerdegegnerin zeigte sich nach Abwägung aller Umstände bereit, dem Beschwerdeführer entgegen zu kommen und akzeptierte den Vorschlag der söp. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es vor Ort am Bahnhof in Regensburg zu vorgerückter Stunde zu Informationsdefiziten gekommen ist. Hierfür sprechen der geschlossene Informationsschalter sowie fehlende Aushänge zu den Servicenummern der Bahn. Der Beschwerdeführer war mit dem Vorschlag einverstanden, so dass die streitige Angelegenheit einvernehmlich beigelegt werden konnte.
Dr. Katja Schmidt
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falles einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Baden Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen können sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin von dem an der Schlichtung teilnehmenden Verkehrsunternehmen der Region keine sie zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
aus SIGNAL 3/2017 (August 2017), Seite 31