Fahrgastsprechtage
Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 geht die 107 km lange Neubaustrecke Erfurt—Ebensfeld(—Nürnberg) nach über 20 Jahren Bauzeit endlich in Betrieb. Damit können nun auch in der Relation Berlin—Nürnberg—München deutlich verbesserte Fahrzeiten realisiert werden. Damit einher gehen aber Einschränkungen für die im Saaletal liegenden Städte. Auch im Nachtreisezugverkehr gibt es leider weitere Einschränkungen. Die wesentlichen Fahrplanänderungen sind im Folgenden zusammengefasst.
21. Nov 2017
Diese Linie wird neu über Erfurt geführt anstatt über Braunschweig und Kassel-Wilhelmshöhe. Ersetzt werden auf diese Weise die bisherigen Kurzlinien Berlin—Leipzig und Leipzig—Frankfurt/Main.
Diese Linie verkehrt als Ersatz für die verlegte ICE-Linie 11.
Das Angebot auf dieser Linie wird ausgeweitet. Die Abfahrten in Berlin Hbf erfolgen um 06.02, 07.04, 11.04, 15.04 und 17.04 Uhr, in Frankfurt/Main Hbf um 07.02, 09.02, 13.02, 15.02 und 17.02 Uhr. Einzige Zwischenhalte sind Berlin-Südkreuz, Halle Hbf und Erfurt Hbf. Die Fahrzeit beträgt rund 3:55 Stunden.
Die bisherigen vier Sprinter-Fahrten unter Nutzung der Schnellfahrstrecke Fulda—Hannover entfallen dafür. Lediglich eine Nonstop-Frühverbindung (Frankfurt/Main Hbf ab 05.58 Uhr, Berlin Hbf an 09.54 Uhr) wird weiterhin über diese Route geführt. Sämtliche Verbindungen erreichen damit leider nicht mehr die bisherige Fahrzeit von 3:40 Stunden.
Die Nutzung der beiden Neubaustreckenabschnitte Halle (Saale) bzw. Leipzig—Erfurt und Erfurt—Ebensfeld ermöglicht in dieser Relation nunmehr deutliche Fahrzeitverkürzungen. Zwischen Berlin und München benötigen die ICE eine Fahrzeit von rund 4:25 Stunden via Halle/Saale (623 km) bzw. rund 4:35 Stunden via Leipzig (652 km).
Dreimal täglich pro Richtung wird über die neuen Verbindungskurven auch Coburg angebunden. Dadurch verlängert sich die Fahrzeit um 15 Minuten. Über Augsburg bestehen fünfmal täglich bzw. Richtung umsteigefreie Verbindungen.
Die letzte Verbindung Berlin—München besteht täglich mit Abfahrt Berlin Hbf um 19.28 Uhr und Ankunft in München Hbf um 0.22 Uhr, in der Gegenrichtung von montags bis freitags und sonntags um 19.55 Uhr ab München Hbf mit Ankunft in Berlin Hbf um 0.29 Uhr.
Die attraktiven Fahrzeiten dürften die Wettbewerbssituation der Bahn in dieser Relation deutlich stärken. So wird eine Verdoppelung des Marktanteils der Bahn von 20 Prozent auf 40 Prozent erwartet (bzw. eine Steigerung von 1,8 Millionen auf 3,6 Millionen Fahrgäste). Der Marktanteil des Flugverkehrs, bislang nachfragestärkste
innerdeutsche Flugroute, soll sich dagegen auf rund 35 Prozent verringern, der des Pkws auf 20 Prozent. Der Anteil des Fernbusses halbiert sich auf 5 Prozent – so die Prognose.
Speziell die angestrebte Verlagerung eines möglichst großen Teils der Flugverkehrs sowie der Pkw-Fahrten auf die Schiene ist vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele zu begrüßen. Insofern ist der verbleibende Anteil dieser Verkehrsträger von zusammen über 50 Prozent noch immer zu hoch. Als Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrs muss politisches Ziel die sukzessive Einstellung des Flugverkehrs in der Relation Berlin—München sein! Unsinnig sind des Weiteren die Flüge in der Relation Berlin – Nürnberg; auch diese sind nicht mehr zu rechtfertigen bzw. einzustellen. Zudem würden auf diese Weise auch freie Kapazitäten auf den überlasteten Flughäfen in Berlin und München geschaffen werden.
Angesichts der erwarteten Nachfragesteigerung werden zwischen Berlin und München pro Tag bis zu 10 000 zusätzliche Plätze im ICE-Verkehr angeboten.
Auf der ICE-Linie 28 kommt Ende 2018, entsprechend derzeitiger Planung, mit dem ICE 4 die jüngste Entwicklung der ICE-Triebzüge zum Einsatz.
Dank guter Anschlüsse in den ICE-Knoten verkürzen sich auch die Fahrzeiten für Umsteigeverbindungen teilweise deutlich, so zum Beispiel zwischen Görlitz und München. Anstatt im günstigsten Fall heute ca. 7,5 Stunden beträgt die Fahrzeit ab Dezember 2017 dann 6:13 Stunden.
Dies trifft leider nicht uneingeschränkt zu. Während sich auch für Kunden beispielsweise von Lichtenfels nach Berlin Hbf die Fahrzeit mit Umstieg in Coburg im günstigsten Fall von 3:53 Stunden auf 2:51 Stunden reduziert, verlängern sich dagegen die Fahrzeiten für die Städte im Saaletal teilweise spürbar.
So beträgt die Fahrzeit mit dem Stadtexpress von Saalfeld nach Leipzig dann 2:01 Stunden (knapp 30 Minuten mehr) oder von Jena nach Leipzig 1:21 Stunden (knapp 20 Minuten mehr). Lediglich am Tagesrand gibt es ab dem Fahrplanwechsel noch ein ICE-Zugpaar Jena—Berlin—Hamburg. Morgens gibt es außerdem eine ICE-Verbindung Lichtenfels—München.
Für den Gesamtabschnitt Nürnberg— Jena—Leipzig verbleibt lediglich ein Intercity-Zugpaar der IC-Linie 61 Karlsruhe—Stuttgart—Nürnberg, das ab/bis Leipzig durchgebunden wird (auch hier jedoch mit zeitlichen Einschränkungen). Zusätzlicher Halt für benannte Einzelzüge ist Kronach.
Trotzdem bleibt das Angebot in dieser Relation unbefriedigend. Es kann im vorliegenden Fall ebenso wenig zufrieden stellen, dass die IC-Linie 61 erst Ende 2023 (!) im Zweistunden-Takt verkehren soll. Dies ist deutlich zu spät.
Ziel muss daher in einer ersten Stufe die Realisierung eines Grundangebots im Vierstunden-Takt (unter Berücksichtigung der verzögerten Beschaffung der doppelstöckigen Intercity 2-Züge) spätestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 sein. Eine sinnvolle Durchbindung bestünde für diese Linie zudem zwischen Leipzig und Berlin via Dessau, des Weiteren zwischen Leipzig und Cottbus.
Noch kürzere Fahrzeiten als die ICE-Linien 18 und 28 bietet diese Sprinter-Linie. Drei Zugpaare verkehren zwischen München Hbf und Berlin Hbf mit einer Fahrzeit von 3:55 Stunden (in der Gegenrichtung geringfügig länger). Die Abfahrten in Berlin Hbf erfolgen dabei um 06.02, 12.05 und 18.05 Uhr, die Abfahrten in München Hbf um 05.56, 11.56 und 17.56 Uhr. Zwischenhalte erfolgen bei diesen Verbindungen lediglich in Berlin-Südkreuz, Halle (Saale) Hbf, Erfurt Hbf und Nürnberg Hbf. Zum Einsatz kommen ausschließlich redesignte Triebzüge ICE 3 (zulässige Höchstgeschwindigkeit 300 km/h).
Bei dieser im Zweistunden-Takt verkehrenden Linie verkürzen sich die Fahrzeiten zwischen Frankfurt und Wien um rund 25 Minuten (mit Ausnahme am Tagesrand bedingt durch zusätzliche Halte). Insgesamt 10 Minuten der Fahrzeitverkürzung werden zwischen Nürnberg und Passau durch das nunmehr wieder mögliche bogenschnelle Fahren mit den Neigetechnik-Zügen ICE T erreicht. Durch eine geänderte Zugfolge in Österreich verkürzt sich die Fahrzeit um weitere 15 Minuten, allerdings auch verbunden mit dem teilweisen Entfall des Halts in Wels Hbf. Einige Direktverbindungen dieser Linie bestehen auch weiterhin ab/bis Hamburg bzw. Dortmund.
Die Strecke Berlin—Elsterwerda—Dresden steht ab dem Fahrplanwechsel wieder durchgehend zur Verfügung. Auf den ausgebauten Abschnitten ist eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h möglich. Ab Dezember 2017 wird vorerst jedoch lediglich zwischen Dresden Hbf und Berlin Hbf eine Fahrzeitverkürzung von 2:02 Stunden auf 1:46 Stunden realisiert.
Dresden-Neustadt wird wieder EC-Systemhalt; vier Züge dieser Linie halten auch in Elsterwerda.
Im Juni 2018 werden die Züge mit dem durchgehenden Einsatz von Mehrsystemloks bzw. dem Entfall des Lokwechsels in Dresden Hbf um weitere 10 Minuten beschleunigt. Die entsprechenden Triebfahrzeuge vom Typ Vectron wurden dafür bereits von den Tschechischen Bahnen (CD) geleast.
Eine weitere Fahrzeitverkürzung ist in dieser Relation erst Ende 2020 mit dem Ausbau der Strecke Berlin—Dresden für 200 km/h bzw. mit der hierfür notwendigen ETCS-Ausrüstung (European Train Control System) möglich.
In dieser Relation erfolgt eine Angebotsverdoppelung, so dass stündliche Reisemöglichkeiten bestehen. Übergangsweise gibt es jeweils im Wechsel direkte Verbindungen mit Intercity-Zügen der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und Verbindungen mit Umsteigen in Singen (mit Anschluss an SBB-IC-Züge).
Bei den Umsteigeverbindungen kommen zwischen Stuttgart und Singen doppelstöckige Intercity 2-Züge zum Einsatz, die zudem auch zusätzliche Halte bedienen. Eine Durchbindung in die Schweiz scheitert derzeit noch an der fehlenden ETCS-Ausrüstung. Auch Konstanz erhält am Tagesrand bzw. nachmittags eine IC-Durchbindung von/nach Stuttgart.
Positiv: In den Fernverkehrszügen zwischen Stuttgart und Singen werden nunmehr auch alle Nahverkehrs-Fahrausweise anerkannt. Dies hat eine entsprechende tarifliche Einigung mit den betroffenen sieben Verkehrsverbünden möglich gemacht. Das Zielkonzept sieht auf dieser Linie stündliche, umsteigefreie Verbindungen mit Intercity 2-Zügen voraussichtlich ab Dezember 2019 vor.
Neu ist ein tägliches Zugpaar zwischen Frankfurt/Main und Milano (Mailand) mit SBB-Triebzügen ETR 610. Innerhalb der Schweiz bestehen dabei unterschiedliche Laufwege, und zwar in Richtung Süden via Gotthardtunnel, aus Richtung Milano via Lötschberg. Ersetzt werden mit diesem Zugpaar die Züge EC 206/207 Frankfurt/Main—Zürich in derselben bzw. ähnlichen Zeitlage.
In der Relation Luxemburg—Trier—Koblenz—Düsseldorf wird es erfreulicherweise wieder ein Zugpaar als Direktverbindung geben. Zum Einsatz kommt ein Triebzug der Luxemburgischen Eisenbahnen (CFL). Der Abschnitt Koblenz—Düsseldorf wird dabei eigenwirtschaftlich im Auftrag der DB Fernverkehr AG bedient. Somit wird die mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2014 erfolgte Streichung der letzten Intercity-Züge in dieser Relation zumindest teilweise korrigiert.
Entfallen wird mit dem Fahrplanwechsel leider die durchgehende Nachtzugverbindung EN 476/477 Berlin—Budapest mit dem Zugteil ab/bis Wien (EN 40406/40477). Drastische Sparmaßnahmen der von den Ungarischen Staatsbahnen (MAV) betriebenen Zugverbindung führen hier zu einer Beschränkung des Zuglaufs auf den Abschnitt Prag—Budapest. Mit dieser Streichung gibt es somit keine umsteigefreie Verbindung mehr zwischen Berlin und Wien!
Unverständlich: Dieses Zugpaar verbindet an den Start- bzw. Zielbahnhöfen bislang drei europäische Hauptstädte. Die Fahrzeit rechtfertigt dabei eine Nachtreisezugverbindung. Auch unter Berücksichtigung der bevorstehenden Beschleunigung auf der Neubaustrecke zwischen Erfurt und Nürnberg beträgt die Fahrzeit zwischen Berlin und Wien mit Umsteigen in Nürnberg noch 8:15 Stunden. Die Wahl dürfte in dieser Relation damit in der Regel auf das Flugzeug fallen.
Erfreulich ist zweifellos das Engagement der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in dem auf Langstrecken wichtigen und unverzichtbaren Angebotssegment des Nachtreisezugverkehrs (siehe SIGNAL 3/2017). Im vorliegenden Fall fehlen jedoch auch den ÖBB das Fahrzeugmaterial und das Personal für einen kurzfristigen Ersatz.
Verbessert wird die beliebte Nightjet-Verbindung Hamburg—Berlin—Zürich. Um attraktivere Ankunfts- bzw. Abfahrtszeiten sowohl in Hamburg als auch in Berlin zu ermöglichen, verkehrt ab Fahrplanwechsel ein Zugteil in der Relation Hamburg—Zürich, ein weiterer Zugteil bedient die Relation Berlin—Zürich. Die Zugteilung/Zugvereinigung erfolgt in Hildesheim. Hier besteht für Fahrgäste jedoch keine Zustiegs- bzw. Ausstiegsmöglichkeit.
Im Zugteil ab/bis Berlin besteht dabei leider keine Möglichkeit der Fahrradmitnahme.
Es gibt somit auch im Fahrplan 2018 wiederum mehr Angebotslücken bzw. etliches Verbesserungspotenzial. Nicht absehbar ist in diesem Zusammenhang auch die Wiedereinführung u. a. täglich verkehrender Nachtreisezugverbindungen Berlin/Hamburg/München—Paris. Dem Ziel eines Zusammenwachsens von Europa entspricht diese Entwicklung nicht; entsprechende Aktivitäten auf europäischer Ebene sind hier erforderlich.
Die bislang nachts als Intercity verkehrenden Züge in den Relationen Berlin—München und Berlin—Köln (von Juni bis September via Waren ab/bis Binz) verkehren ab dem Fahrplanwechsel als ICE. Die Verbindung Berlin—München verkehrt zudem künftig ganzjährig in der Nacht Sonntag/Montag bzw. täglich in der Zeit vom 1. Juni bis 30. September 2018 und wird beschleunigt. Mit der Umstellung auf ICE entfällt leider auch hier die Möglichkeit einer Fahrradmitnahme.
Nicht nur im europäischen Nachtreisezugverkehr harren viele Probleme einer Lösung, sondern auch bei Tagesverbindungen. Abseits der internationalen ICE- bzw. TGV-Hochgeschwindigkeitsverbindungen besteht leider weiterhin erhebliches Verbesserungspotenzial.
Kurzfristig kaum sinnvoll realisierbar ist beispielsweise eine umsteigefreie Bahnverbindung Berlin—Kopenhagen. Ein weiteres Beispiel: In der Relation Berlin—Cottbus—Wrocław (Breslau) hat der Kulturzug als Angebot des Regionalverkehrs zwar erfreulicherweise vorerst Bestand; diese Verbindung ist jedoch auf Wochenenden beschränkt. Kurzfristiges Ziel muss aber ein tägliches bzw. ganzjährig verkehrendes Grundangebot von mindestens zwei Zugpaaren sein!
Da ab Dezember 2018 die Ausbaustrecke Knappenrode—Horka—Węgliniec (Kohlfurt) zur Verfügung stehen wird, besteht mit dem Laufweg Berlin—Cottbus—Senftenberg—Hoyerswerda—Węgliniec—Wrocław erstmals die Möglichkeit, in dieser Relation durchgehend elektrisch zu fahren. Der Abschnitt Knappenrode—Horka (Abzweig Särichen) wird dabei sogar für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgebaut.
Mit dem geänderten Laufweg könnte zwischen Berlin und Wrocław eine attraktive Fahrzeit von etwas über 3:30 Stunden erreicht werden. Diese Chance muss genutzt werden!
Deutscher Bahnkunden-Verband und IGEB Fernverkehr
aus SIGNAL 5/2017 (November / Dezember 2017), Seite 16-19