ÖPNV-Bedarfsplan
4. Nov 2018
Als Teil des Nahverkehrsplans ist gemäß § 28 Abs. 8 des Berliner Mobilitätsgesetzes (MobG) ein Bedarfsplan für den öffentlichen Personennahverkehr aufzustellen. Dieser umfasst die langfristigen Planungen für die Infrastrukturentwicklung und weitere für die Entwicklung des ÖPNV wesentliche Investitionsentscheidungen.
Dies betrifft:
[…]
Eine wesentliche Herausforderung für das Land Berlin liegt in der Erhaltung des teilweise über 100 Jahre alten U-Bahn-Netzes. U-Bahn-Tunnel und -Viadukte erfordern teilweise aufwändige und kostenintensive Sanierungen. Diese werden in den kommenden Jahren einen Großteil der verfügbaren Haushaltsmittel des Landes für den ÖPNV binden.
Dennoch wird das Land auch in die Weiterentwicklung und Leistungsfähigkeitserhöhung des U-Bahn-Bestandsnetzes investieren. Die beabsichtigten Investitionen umfassen insbesondere die Modernisierung der Leit- und Sicherungstechnik, die Einrichtung zusätzlicher Zugänge an bestehenden U-Bahnhöfen und den kontinuierlichen Ausbau der Barrierefreiheit.
Mit der Inbetriebnahme des Lückenschlusses der U5 im Jahr 2020 wird Berlin über ein dichtes und anforderungsgerechtes U-Bahn-Netz verfügen. Vor dem Hintergrund der Herausforderungen der Wachsenden Stadt ist der Umweltverbund darüber hinaus weiter zu stärken. Alle Elemente des ÖPNV sind auf ihren möglichen Beitrag für die anstehenden Aufgaben in der gesamten Stadt, insbesondere an den Außenästen zur Erschließung neuer Wohn- und Entwicklungsgebiete, zu prüfen.
Das Ziel muss sein, den ÖPNV attraktiver und bequemer zu machen, ausreichende Kapazitäten zur Verfügung zu stellen und fehlende schienenseitige Anbindungen zu gewährleisten. U-Bahnen sind Teil des Berliner ÖPNV; entsprechend sollte auch der weitere Ausbau des U-Bahn-Systems geprüft werden.
Im Folgenden werden die Erkenntnisse der bisherigen Untersuchungen zum Thema, die im Rahmen der parallel erfolgenden Bearbeitung des StEP MoVe [Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr] erarbeitet wurden, zusammenfassend dargestellt:
U-Bahn-Neubaustrecken können sich aus unterschiedlichen Gründen anbieten: Zur Schaffung neuer Verknüpfungen, zur direkten Verbindung verschiedener Stadtgebiete und zur Anbindung von Quartieren, die bisher nicht mit einem leistungsfähigen Schienenverkehrsmittel angebunden sind.
Die denkbaren Maßnahmen zum Ausbau des U-Bahn-Systems lassen sich hinsichtlich ihrer Funktion, ihrer Wirkstärke, ihrer erforderlichen Kosten, ihrer Realisierbarkeit und hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile gegenüber einer Entscheidung für die Straßenbahn unterscheiden.
Eine Grunderkenntnis: Für die betrachteten Maßnahmen sollten, ebenso wie für die Verlängerung „Lankwitz Kirche“, die im bisherigen StEP Verkehr 2025 berücksichtigt war, entsprechende Trassensicherungen weiter vorgenommen werden.
Für die Bewertung, welche Maßnahmen weiter verfolgt werden sollten, sind die hier diskutierten Maßnahmen auch in den Kontext der Frage zu stellen,
Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich nicht an den Nummerierungen der U-Bahn-Linien, sondern an den Bezirken bzw. Ortsteilen (im Uhrzeigersinn), weil die Maßnahmen so in den Kontext anderer Planungen gestellt und bewertet werden können.
Gegen Trassensicherungen für langfristige U-Bahn-Verlängerungen ist nichts einzuwenden. Aber realistischerweise sind alle U-Bahn-Verlängerungen (ausgenommen wahrscheinlich nur der Lückenschluss zwischen Krumme Lanke und Mexikoplatz) nicht
vor 2030 zu schaffen. Damit kann mit U-Bahn-Neubaustrecken kein Beitrag zur Bewältigung der Verkehrsprobleme in den 2020er Jahren geleistet werden. Im Gegenteil: Die Baustellen werden den Oberflächenverkehr über Jahre beeinträchtigen.
Die U-Bahn-Verlängerungen nach Spandau haben auch aufgrund der Siedlungsstruktur und einer derzeit ausschließlichen Buserschließung die stärksten verkehrlichen Wirkungen gezeigt. Die Nachfrage wäre auf Basis heutiger Prognosen mit Straßenbahnen bewältigbar, mit dem großen Nachteil eines Umsteigezwangs vermutlich an der Altstadt Spandau oder an anderen bestehenden U-Bahn-Strecken.
Für eine abschließende Bewertung einer Realisierung ist festzuhalten, dass
In Zusammenhang mit der Rahmenvereinbarung i2030 der Länder Berlin und Brandenburg mit der DB AG zum Ausbau der Schieneninfrastruktur wird für Spandau derzeit die Verlängerung der S-Bahn über Spandau hinaus – bis Falkensee bzw. ins Falkenhagener Feld – bzw. das dritte Gleis für den Regionalverkehr untersucht. Diese Betrachtungen überlagern sich mit einer Verlängerung der U 2 bis ins Falkenhagener Feld.
Vor diesem Hintergrund sollte für Spandau ein Maßnahmenmix vorgesehen werden, der aus
Mit Verlängerungen der U-Bahn-Linien 2 und 7 wird nur ein Teil des überlasteten Spandauer Busnetzes entlastet – und das viel zu spät. Ein Blick in den Entwurf des Nahverkehrsplans (Seite 205) bestätigt das: „Hierbei ist jedoch zu beachten, dass U-Bahn-Neubaustrecken in Anbetracht des komplexen Planungs- und Umsetzungsprozesses nur langfristig umsetzbar sind. Entsprechend sind sie keine Lösung für die kurzfristig zu bewältigen Kapazitätsengpässe auf einigen Achsen und in bestimmten Stadtgebieten (bspw. im Spandauer Netz) bzw. für die kurzfristige Erschließung von neuen Entwicklungsgebieten.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Eine schienenseitige Anbindung des Schumacher-Quartiers und der Urban Tech Republic (UTR) ist vor dem Hintergrund der Zukunftsfähigkeit des Standorts wünschenswert. Der Koalitionsvertrag sieht eine Straßenbahn-Anbindung und -Erschließung vor. Die Realisierbarkeit der Straßenbahn ist kurzfristig nicht möglich, weil die vorgesehene Straßenbahn derzeit lediglich bis Hauptbahnhof verkehrt und die Trasse von Süden entlang der Autobahn mit der anstehenden Sanierung der Rudolf-Wissell-Brücke kollidiert. Ob es hier eine Lösung gibt, vorzeitig eine Straßenbahn an die UTR heranzuführen, wird in 2019 betrachtet. Für die U-Bahn ist zu beachten, dass eine oberirdische Führung auf dem Gelände der UTR mit dem Masterplan wegen der Zerschneidungswirkung ausgeschlossen wurde. Neben der Frage einer möglichen Straßenbahntrasse wäre es für die Klärung einer Weiterführung einer U-Bahn zwingend, die bauliche Machbarkeit einer U-Bahn-Netzerweiterung zu überprüfen.
Die Fragen hierzu lauten: Ist eine unterirdische Ausfädelung vor dem Kurt-Schumacher-Platz und damit eine unterirdische Anbindung des Schumacher-Quartiers und der UTR überhaupt möglich und welche Kosten ergäben sich hieraus? Erst mit diesen Erkenntnissen ist es sinnvoll zu überlegen, ob eine Nutzen-Kosten-Untersuchung bzw. Standardisierte Bewertung beauftragt werden soll.
Die Vision einer oberirdischen und damit schneller und preiswerter zu bauenden U-Bahn-Strecke hatte dieses Projekt interessant erscheinen lassen. Auch die Aussicht auf eine schnelle Direktverbindung vom neuen Entwicklungsgebiet auf dem aufzugebenden Tegeler Flughafen direkt zur Friedrichstraße beflügelte die Planer. Doch die Ausführungen im Bedarfsplan sind eindeutig: Es ist noch nicht einmal klar, ob dieses Projekt überhaupt machbar ist. Wenn ja, wird die Strecke nur unterirdisch und somit nur teuer und langfristig realisiert werden können. Zugleich wird die Ausfädelung aus der U6 wahrscheinlich zu einer mehrjährigen Stilllegung dieser wichtigen Nord-Süd-U-Bahn führen.
Mit allen genannten Verlängerungsoptionen würde das Märkische Viertel als eines der größten zusammenhängenden Siedlungsgebiete hoher Dichte ohne direkten Schienenverkehrsanschluss an das U-Bahn-Netz angebunden. Feinerschließungen würden über Busverkehre erfolgen. Durch den Wegfall des Umsteigezwangs auf den Bus am S+U-Bahnhof Wittenau würde der ÖPNV attraktiver und die Auslastung des bestehenden Nordabschnitts der U 8 würde sich erhöhen.
Mit der im Rahmen der Überlegungen zu i2030 getroffenen Entscheidung zu einer Reaktivierung der Heidekrautbahn würde das Märkische Viertel mit einem neuen Bahnhof an den Regionalverkehr angeschlossen. Bei diesen Planungen muss der Umgang mit der U 8 mitgedacht werden.
Dieses Projekt ist so alt wie das Märkische Viertel, und es hat einen prominenten Fürsprecher: den Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Doch wer sich die Baustruktur des Märkischen Viertels ansieht, erkennt schnell, dass auch eine um ein oder zwei Bahnhöfe verlängerte U-Bahn von der Mehrzahl der Bewohner der Großsiedlung weiterhin nicht fußläufig erreicht werden kann. Andererseits ist die Erreichbarkeit mit dem Fahrrad schon heute für alle mit dem U-Bahnhof Wittenau gegeben. Der nördliche Abschnitt der U 8 zählt zu den am schlechtesten genutzten U-Bahn-Abschnitten in Berlin. Ein Weiterbau wird das nicht ändern, zumal der keine Netzverknüpfung herstellt. Und ausgerechnet diese U-Bahn soll prioritär verlängert werden?
Für Pankow wurde die Frage der Verlängerung der U 2 bis Pankow Kirche zur Nutzung der Vorratsbauten sowie die Verlängerung der U 9 von der Osloer Straße bis zum S+U-Bahnhof Pankow betrachtet.
Eine Verlängerung der U 2 nach Pankow Kirche würde auf bestehenden Vorratsbauten aufbauen und nur eine kurze Neubaustrecke erfordern. Ein wesentlicher Vorteil bestünde in der Entzerrung der Verkehrsströme am S+U-Bahnhof Pankow, da künftig bereits am Bahnhof Pankow Kirche umgestiegen werden könnte. Mit dieser Maßnahme würde die U 2 ohne Umsteigenotwendigkeit in das Pankower Ortsteilzentrum führen. Eine Entzerrung der Verkehre am S+U-Bahnhof Pankow würde ermöglicht.
Die zweite betrachtete Maßnahme ist die Verlängerung von U-Bahnhof Osloer Straße zum S+U-Bahnhof Pankow. Eine Realisierung der U 9 hieße die Schaffung einer umsteigefreien Anbindung Pankows an die City West. Aufgrund der Überlegungen zu einer Verlängerung der Straßenbahn durch die Wollankstraße würde eine Verlängerung der U 9 zudem eine weitere Schienenverbindung neben Straßenbahnen und S-Bahnen bedeuten. Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme mit einer hohen verkehrlichen Wirkung und neuen Verknüpfungsmöglichkeiten im Schnellbahnnetz bei vergleichsweise geringem Kostenansatz pro Kilometer. Allerdings müsste die bauliche Realisierbarkeit noch nachgewiesen werden, weil die Ausführung (unterirdisch, oberirdisch) und die technischen Randbedingungen (Bahnquerungen/-lage) offen sind.
Eine Verlängerung der U 9 sollte mittelfristig hinsichtlich der Machbarkeit betrachtet werden, um zunächst eine trassenseitige Sicherung zu ermöglichen und darauf aufbauend ggf. weitergehende Schritte einzuleiten.
Das relativ kleine, seit Jahrzehnten diskutierte Projekt einer Verlängerung der U 2 bis Pankow Kirche kann den Verkehrsknoten rund um den S-Bahnhof Pankow sicherlich entlasten. Es ist nicht zu erkennen, warum dafür nicht zumindest eine Machbarkeitsstudie erstellt werden soll. Neu in der Diskussion ist der Vorschlag, die Verlängerung der U 9 Nord zu einem erheblichen Teil über Bahntrassen zum S-Bahnhof Pankow zu führen. Dieses Projekt würde vielen Fahrgästen in Pankow eine attraktive Verbindung in die City West bieten, aber sicherlich weder schnell noch preiswert zu realisieren sein. Man darf auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie gespannt sein.
Im Kontext Rudow, Schönefeld und Flughafen BER sind drei verschiedene Varianten in der Diskussion:
Eine Verlängerung der U 7 alleine bis zur Landesgrenze würde die Erreichbarkeit des BER wg. schnellerer Fahrzeiten alleine mit U-Bahn und Bus verbessern. Die Durchbindung zum Flughafen BER wäre für Fahrgäste attraktiv, wäre allerdings mit sehr hohen Baukosten verbunden, ohne dass die bauliche Machbarkeit derzeit nachgewiesen ist. Kapazitätskonkurrenzen und -verlagerungen ergäben sich mit der eigens für den BER errichteten bzw. in Bau befindlichen Infrastruktur (S-Bahn, Dresdner Bahn bzw. Flughafenexpress). Zudem wären Kapazitätsprobleme innerhalb Berlins auf der Bestandsstrecke der U 7 zu erwarten.
Es bestehen unterschiedliche Einschätzungen, inwieweit eine Führung der U-Bahn über die bisher auf Berliner Landesgebiet gesicherte Trasse überhaupt möglich wäre. In Schönefeld wurde eine Reihe von Bebauungsplänen aufgestellt, für die geprüft werden müsste, ob das Auswirkungen auf einen möglichen Trassenverlauf hätte. Dies gilt vielmehr noch für die Frage einer Anbindung des Flughafens selbst. Es bedürfte der Klärung, ob und welche Trasse aktuell bestünde und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssten, um diese planungsrechtlich langfristig abzusichern. Für eine qualifizierte Auseinandersetzung mit dieser Frage bedürfte es entsprechender Machbarkeitsstudien.
Bei einer Verlängerung der U 7 bis zum künftigen Flughafen BER wäre dieses Projekt das längste. Was alles gegen diese Verlängerung spricht, ist vorstehend im Bedarfsplan nachzulesen. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Strecke im Land Brandenburg zu realisieren wäre. Es ist nicht erkennbar, dass das Land oder auch der Landkreis oder die Gemeinde Schönefeld, so wohlhabend sie ist, ein solches Milliardenprojekt stemmen könnten. Andererseits wäre eine Verlängerung nur innerhalb Berlins oder zum künftig nicht mehr besonders bedeutenden alten Bahnhof Flughafen Schönefeld keinesfalls U-Bahn-würdig. Deshalb gleicht schon die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie dem Verbrennen von Steuergeldern.
Die Verlängerung der U 3 bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz würde einen Lückenschluss im Schnellbahnnetz (U-Bahn/S-Bahn) darstellen. Hierbei ergäben sich nach derzeitigem Kenntnisstand geringe Baukosten bei einer vergleichsweise einfachen Realisierung. Allerdings wären vor allem lokale Wirkungen der Maßnahme zu erwarten und kein wesentlicher Beitrag zur Steigerung des ÖPNV-Anteils in der wachsenden Stadt.
Das Projekt könnte mit geringem Aufwand umgesetzt werden, aufgrund der Netzbedeutung wird derzeit eine mittelfristige Weiterverfolgung vorgeschlagen.
Zu den wichtigsten U-Bahn-Verlängerungen zählt diese mit Sicherheit nicht. Aber der Aspekt, dass sie mit relativ wenig Aufwand relativ schnell realisiert werden könnte, wird zu wenig gewürdigt. Auch der Lückenschluss im Netz wird nur beiläufig erwähnt. Immerhin würde dieser Lückenschluss eine Schnellbahnverbindung zwischen den Hochschulstandorten Potsdam und Berlin-Dahlem herstellen und eine Umfahrungsmöglichkeit bieten, falls die Regional- und S-Bahn-Strecke durch den Grunewald gestört oder gesperrt ist. Und noch ein Aspekt: Das Verkehrsaufkommen auf dem U3-Abschnitt zwischen Freie Universität und Krumme Lanke ist heute nicht U-Bahn-würdig. Durch den Anschluss an die S 1 würde diese Außenstrecke aber deutlich besser ausgelastet, ohne dass häufiger gefahren werden müsste. Vergessen (?) wurde im Kapitel Steglitz-Zehlendorf die Verlängerung der U-Bahn-Linie 9 von Rathaus Steglitz zum S-Bahnhof Lankwitz. Diese Strecke würde viele stark frequentierte Buslinien entlasten und eine wichtige Verknüpfung im Schnellbahnnetz herstellen. Anders als der U3-Lückenschluss wäre die U9- Verlängerung allerdings ein teures und langwieriges Projekt – aber sicherlich mit einer hohen Nachfrage.
In Friedrichshain-Kreuzberg wurde die Anbindung von Ostkreuz mit der U 1, die derzeit am S+U-Bahnhof Warschauer Straße endet, betrachtet. Durch die geplante Streckenverlängerung der U 1 würden die Fahrgäste den Bahnhof Ostkreuz ohne Umsteigen erreichen, der Zwischenbahnhof Modersohnbrücke würde die Quartiere beiderseits der Eisenbahnstrecke erschließen. Zwar käme die Hälfte des prognostizierten Aufkommens der U-Bahn-Verlängerung durch eine Verlagerung von der parallel verkehrenden S-Bahn zustande, allerdings würde so die U-Bahn an einen zentralen Bahnhof Berlins angebunden.
Eine bauliche Umsetzbarkeit wird mit dem anstehenden Abschluss der Bauarbeiten Ostkreuz extrem schwierig. Eine mögliche Trasse ist identifiziert.
Die Verlängerung der U-Bahn zu einem der am stärksten frequentierten Bahnhöfe Deutschlands sollte doch als Begründung ausreichen. Aber die Ausführungen im Bedarfsplan verdeutlichen die Skepsis der Senatsplaner bei diesem Projekt, auch wenn die BVG es sehr befürwortet. Dabei sind weitere mögliche Gegenargumente noch gar nicht genannt: Wie wirkt sich die Verschlechterung des Umsteigens am S- und U-Bahnhof Warschauer Straße aus? Wo und wie kann die U-Bahn am Ostkreuz angebunden werden, ohne dass es zu Überlastungen der Bahnanlagen kommt?
In Charlottenburg ist die Verlängerung der U-Bahn von der derzeitigen Endstelle an der Uhlandstraße bis zum U-Bahnhof Adenauerplatz bewertet worden. Im Umfeld der Maßnahme besteht ein hohes Potenzial aufgrund von Wohnen und Arbeitsplätzen. Die Maßnahme bietet darüber hinaus vor allem aus Netzgesichtspunkten Vorteile, weil hierüber andere Wegebeziehungen durch einen Umstieg zur U 7 und damit großräumige Routenalternativen bestünden. Allerdings verkehren auf dem Kurfürstendamm starke Busströme, die einer Anbindung des Grunewalds an den Zoo und den Wittenbergplatz dienen und mit Realisierung einer U-Bahn ggf. erhalten bleiben müssten oder zu einem Umsteigezwang am Adenauerplatz führen würden. Die derzeitigen Abschätzungen gehen von moderaten Kosten aus, allerdings wäre hier aufgrund der Höhenlage der U-Bahn weitgehend in offener Bauweise zu arbeiten, was während der Bauzeit deutliche Beeinträchtigungen des Verkehrs (und dies schließt den Busverkehr auf dem Kurfürstendamm ein) zur Folge hätte.
Die Maßnahme sollte weiterhin planerisch gesichert werden und aus Netzgründen mittelfristig weiterverfolgt werden.
Dass diese U-Bahn-Verlängerung ein intensiv genutztes Stadtgebiet erschließt und eine neue Netzverknüpfung im U-Bahn-Netz ermöglicht, spricht für sie. Aber offensichtlich scheuen die Senatsplaner eine offene Baugrube auf dem Kurfürstendamm. Das scheint auszureichen, um nicht einmal eine Machbarkeitsstudie erstellen zu lassen.
Die Betrachtungen im StEP MoVe fokussieren auf die verkehrlichen Wirkungen. Da für die derzeit am meisten diskutierten Maßnahmen die Realisierbarkeit noch nicht bestätigt ist, sollen diese Machbarkeitsstudien durchgeführt werden, um zu entscheiden, ob weitergehende Arbeitsschritte wie Nutzen-Kosten-Untersuchungen veranlasst werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen bis 2020 vorliegen.
Für die weiteren hier beschriebenen Maßnahmen, insbesondere für die vielfältigen Alternativen in Spandau, werden in Abhängigkeit von den benannten Ergebnissen der parallelen Untersuchungen erst mittelfristig zusätzliche Machbarkeitsuntersuchungen notwendig.
Zur Durchführung der erforderlichen Schritte und Detaillierungen werden bei der Senatsverwaltung und der BVG die erforderlichen Personalressourcen und Mittel bereitgestellt, um die Aktivitäten zum Straßenbahnausbau und zu i2030 nicht zu beeinträchtigen.
Machbarkeitsstudien als Grundlage für langfristige Planungen sind sicherlich sinnvoll. Aber es ist eine Illusion zu glauben, dass sich das nicht auf die personellen und finanziellen Kapazitäten der Senatsverkehrsverwaltung und der BVG auswirkt. Andererseits sind die Bewertungen zu allen U-Bahn-Neubauprojekten so vorsichtig formuliert, dass man den Verfassern des Nahverkehrsplanes kein Puschen der U-Bahn zu Lasten der Straßenbahn vorwerfen kann.
[…]
[Für nachfolgende Neubaustrecken sollen] Machbarkeitsstudien durchgeführt werden. Auf deren Basis werden weitergehende Arbeitsschritte wie bspw. Nutzen-Kosten-Untersuchungen und weitere Entscheidungen veranlasst:
U 6 Kurt-Schumacher-Platz—UTR
U 7 Rudow—Lieselotte-Berger-Platz—Bahnhof Schönefeld—(BER) in verschiedenen Varianten
U 8 Wittenau—Märkisches Zentrum—Treuenbrietzener Straße/Senftenberger Ring
U 9 Verlängerung nach Lankwitz Kirche sowie Osloer Straße—S+U Pankow
Nach dem Lesen der einzelnen Streckenbetrachtungen verwundert die Auswahl für die Machbarkeitsstudien. Aber vielleicht dienen die Machbarkeitsstudien ja auch dazu, bestimmte intensiv diskutierte U-Bahn-Projekte abschließend „zu beerdigen“, zum Beispiel die Verlängerung der U 7 zum BER.
Dass die Verfasser des Nahverkehrsplans mit den Machbarkeitsstudien die Pro-Straßenbahn-Prioritäten der rot-rot-grünen Koalitionsvereinbarung von 2016 nicht in Frage stellen wollen, verdeutlichen sie auf Seite 206 des Entwurfs zum Nahverkehrsplan: „In Anbetracht der prognostizierten Nachfrage einerseits und der schnelleren Realisierbarkeit von Straßenbahnstrecken andererseits können die Ziele des Nahverkehrsplans mit diesem Verkehrssystem bestmöglich erreicht werden. Gleichwohl soll in der Laufzeit des Nahverkehrsplans die technische Machbarkeit für bestimmte U-Bahn- Erweiterungen untersucht werden.“
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
aus SIGNAL 4/2018 (November 2018), Seite 8-12