Fernverkehr mit mehr Kapazität und mehr direkten Verbindungen
Mit der Fertigstellung der Aus- und Neubaustrecke Berlin—München gab es zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 umfangreiche Änderungen (siehe SIGNAL 5/2017). Vergleichbares hatte der Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 nicht zu bieten. Aber auch im Jahresfahrplan 2019 sind wieder einige Verbesserungen im Fernverkehrsangebot realisiert worden. Die laufende Inbetriebnahme weiterer Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ ICE 4 (Baureihe 412) ermöglichte dabei die in einigen Relationen dringend notwendige Kapazitätserhöhung. Die wesentlichen Fahrplanänderungen sind im Folgenden zusammengefasst.
15. Jan 2019
Eine umsteigefreie ICE-Verbindung gibt es nunmehr in der Relation Berlin—Halle (Saale)—Frankfurt (Main)—Saarbrücken (6.29 Uhr ab Saarbrücken Hbf, Berlin Hbf an 12.55 Uhr, Berlin-Gesundbrunnen an 13.05 Uhr bzw. Berlin-Gesundbrunnen ab 16.51 Uhr, Berlin Hbf ab 17.04 Uhr, Saarbrücken an 23.29 Uhr). Zum Einsatz kommt für dieses Zugpaar der ICE 3. Dafür ist allerdings die bisherige Direktverbindung Saarbrücken—Dresden entfallen.
Nachdem die 107 km lange Neubaustrecke Erfurt—Ebensfeld(—Nürnberg) seit dem 10. Dezember 2017 in Betrieb ist, entwickelte sich die Nachfrage in der Relation Berlin—München erwartungsgemäß sehr positiv. Die Kapazitäten wurden mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 nochmals ausgeweitet.
Auf der im Zweistunden-Takt verkehrenden ICE-Linie 28 kommt erstmals die neueste ICE-Generation (ICE 4) zum Einsatz. Neben der erfreulichen Erhöhung der Sitzplatzkapazität auf 830 Sitzplätze pro Zug, statt maximal 750 Sitzplätzen bei einer ICE T-Doppeleinheit, ist damit endlich
auch wieder eine Fahrradmitnahme in dieser Relation möglich. In jeder ICE 4-Garnitur sind immerhin acht Fahrradstellplätze vorhanden, die allerdings im Gegensatz zum Regionalverkehr reservierungspflichtig sind.
Die attraktiveren Fahrzeiten haben die Wettbewerbssituation der Bahn in dieser Relation deutlich gestärkt und führten 2018 zu einer Verdoppelung der Bahnkunden. Die Nachfrage im Flugverkehr, bislang nachfragestärkste innerdeutsche Flugroute, reduzierte sich dagegen. Speziell die angestrebte Verlagerung eines möglichst großen Teils des Flugverkehrs sowie der Pkw-Fahrten auf die Schiene ist vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele zu begrüßen. Mittelfristig muss daher die Einstellung des Flugverkehrs in der Relation Berlin—München Ziel sein.
Schon jetzt unsinnig sind die noch immer bestehenden Flüge in der Relation Berlin—Nürnberg. Diese sind nicht mehr zu rechtfertigen!
Fehlende Kapazitäten im Schienenverkehr können als Argument für die Aufrechterhaltung des Flugverkehrs zumindest in dieser Relation kaum mehr gelten, denn seit Ende 2017 standen in der Relation Berlin—München bereits 10 000 zusätzliche Sitzplätze pro Tag zur Verfügung. Ab Ende 2018 kommen nochmals 3000 Sitzplätze hinzu: 1800 durch die zusätzlichen Sprinterfahrten und 1200 durch die beschriebene Umstellung von ICE T auf die neuen ICE 4.
Neu ist des Weiteren ein umsteigefreies ICE-Zugpaar in der Relation Berlin—Halle (Saale)—Nürnberg—Wien mit Anbindung von Coburg (ICE 92/ICE 93). Die Fahrzeit zwischen Berlin Hbf und Wien Hbf beträgt 7:40 Stunden. Der ICE 92 wird dabei bis Rostock Hbf durchgebunden. Ab September 2019 kommt nach Modernisierung der Bahnsteige Straubing als neuer ICE-Halt hinzu.
Unverständlich ist dagegen, dass in der direkten und letztlich auch bezüglich des Fahrpreises günstigeren Relation Berlin—Prag—Wien in der tschechischen Hauptstadt weiterhin keinerlei Anschluss gegeben ist. Die Umsteigezeit beträgt in Prag für beide Fahrtrichtungen jeweils 1 bis 1,5 Stunden; die gesamte Fahrzeit summiert sich dadurch auf 9 bis 9:30 Stunden. Die Wiedereinführung einer Direktverbindung, d. h. die Durchbindung einer Railjet-Verbindung in der Relation Berlin—Wien, wäre daher eine sinnvolle Verbesserung.
Entgegen der ursprünglichen Planung wird Flixtrain zwischen Berlin und München nun doch keine Verbindungen auf der Schiene anbieten. Wesentliche Ursache ist das langwierige Zulassungsverfahren für die Fahrten auf der Neubaustrecke (insbesondere angesichts der Zugbegegnungen bei hohen Geschwindigkeiten).
Weiterhin geplant ist demgegenüber die Flixtrain-Verbindung Berlin—Köln, die im Laufe des Jahres 2019 realisiert werden soll.
Am Tagesrand verkehrt auch weiterhin ein ICE-Zugpaar Jena—Berlin—Hamburg. Morgens gibt es des Weiteren eine ICE-Verbindung Lichtenfels—München. Für den Gesamtabschnitt Nürnberg—Jena—Leipzig verbleibt lediglich ein Intercity-Zugpaar der IC-Linie 61 Karlsruhe—Stuttgart—Nürnberg, das ab/bis Leipzig durchgebunden wird.
Das Fernverkehrsangebot bleibt in dieser Relation damit auch weiterhin unbefriedigend, insbesondere auch angesichts der Einschränkungen bezüglich der Verkehrszeit. Es bleibt zu hoffen, dass die laufenden Planungen zum Deutschland-Takt in dieser Relation zeitnah umgesetzt werden können bzw. im Vorgriff darauf ein Grundangebot im Vierstunden-Takt realisiert wird. Eine sinnvolle Durchbindung besteht für diese Linie zudem zwischen Leipzig und Berlin via Dessau, verbunden mit einer Entlastung der stark nachgefragten ICE-Verbindungen in dieser Relation.
Die fortlaufende Auslieferung von ICE 4 ermöglicht die Verjüngung des Fahrzeugmaterials u. a. auf der Linie 26. Im Stammlauf dieser Linie ersetzen ICE T die bislang eingesetzten älteren Intercity-Züge. Dadurch steht in den Zügen dieser Relation auch wieder ein Bordrestaurant bzw. Bordbistro zur Verfügung. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h ermöglicht zudem eine höhere Fahrzeitreserve. Unbefriedigend bleibt in den ICE T dagegen die Fahrradmitnahme: Gerade einmal drei Fahrradstellplätze werden bei der Modernisierung der ICE T eingebaut.
Leider bringt die Umstellung von IC auf ICE-Züge weitere Nachteile: Mit dieser Umstellung sind gerade für die vielen Pendler im Rhein-Main-Gebiet ganz erhebliche Fahrpreissteigerungen verbunden. Hier sind dringend Korrekturen erforderlich, speziell auch vor dem Hintergrund, dass mit dem ICE in dieser Relation letztlich keine Fahrzeitverkürzungen realisiert werden.
Auf der besonders erfolgreichen ICE-Sprinterlinie in der Relation Berlin—München verkehren anstatt drei nunmehr fünf Zugpaare, allerdings mit Einschränkungen am Wochenende. Neu sind dabei die Angebote in den Zweitlagen gegen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr. Die Abfahrten in Berlin Hbf erfolgen dabei um 6.01, 8.05, 12.05, 16.05 und 18.05 Uhr, die Abfahrten in München Hbf um 5.57, 7.52, 11.57, 15.56 und 17.57 Uhr. Zwischenhalte erfolgen bei diesen Verbindungen lediglich in Berlin-Südkreuz, Halle (Saale) Hbf, Erfurt Hbf und Nürnberg Hbf. Die Leistungen werden auf dieser Linie mit ICE-3-Zügen erbracht (zulässige Höchstgeschwindigkeit 300 km/h).
Bereits seit Ende 2014 wurde die nachfragestarke Relation Düsseldorf—Stuttgart mit Einzelzügen der Linie 47 verstärkt, die nicht über Frankfurt (Main) Hbf, sondern über Frankfurt (Main) Flughafen verkehren. Seit dem Fahrplanwechsel ist auf dieser Linie das Angebot nochmals um drei auf sechs Zugpaare erweitert worden. Diese verkehren aber lediglich in einem angenäherten Zweistunden-Takt und (noch?) mit einer Taktlücke in beiden Richtungen.
In dieser stark nachgefragten Relation wurde das Angebot bereits 2016 um 50 Prozent ausgeweitet. Ab April 2019 erfolgt die Umstellung des Mittagszugpaares auf tägliche Bedienung anstatt der Fahrten ausschließlich an Freitagen und Sonntagen. Ebenfalls ab April bis Anfang November verkehrt an Sonntagen ein zusätzliches ICE-Zugpaar in der Relation Brüssel—Köln (ab Köln nach Frankfurt am Main besteht eine Anschlussverbindung, in der Gegenrichtung erfolgt der Ersatz einer bestehenden Fahrt).
Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 erhielt die Stadt Gera nach über zehn Jahren endlich wieder eine Fernverkehrsanbindung. Insgesamt werden drei Intercity-Zugpaare dieser Relation ab bzw. bis Gera Hbf durchgebunden. Diese seit langem überfällige Angebotsverbesserung ist erfreulich. Nach dem Rückzug der Deutschen Bahn verkehrte mit dem Interconnex-Zugpaar bis Dezember 2006 seinerzeit das letzte Fernverkehrszugpaar in der Relation Gera—Leipzig—Berlin—Rostock.
Eine weitere wichtige Verbesserung wäre jedoch die Durchbindung benannter Intercity-Züge ab bzw. bis Chemnitz, da auch diese Großstadt mit knapp 250 000 Einwohnern seit Einstellung des Interregio-Angebots zum Fahrplanwechsel am 28. Mai 2006 ohne jegliche Fernverkehrsanbindung ist. Diese Angebotsverbesserung ist zudem vergleichsweise kurzfristig realisierbar.
Im Laufe des Fahrplanjahres werden alle Fahrten dieser Linie auf die doppelstöckigen Intercity 2 umgestellt, incl. des einen Zugpaars durch das Saaletal ab/bis Leipzig.
Diese Linie soll ab Ende 2019 ausschließlich mit Intercity 2-Doppelstockzügen verkehren. Für die durchgehenden Verbindungen Stuttgart—Zürich erfolgt die entsprechende Umstellung auf „Schweiz-taugliche“ Intercity 2 nunmehr im Laufe des Fahrplanjahres.
Seit 9. Dezember 2018 gibt es erfreulicherweise nun wieder eine täglich verkehrende umsteigefreie Nachtzugverbindung zwischen Berlin und Wien, die seitens der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) betrieben wird (NJ 456/457 – siehe SIGNAL 4/2018).
Mit diesem Zugpaar wird nun auch wieder die Direktverbindung Berlin—Budapest hergestellt. Dieser Zugteil wird von dem für den Personenverkehr zuständigen Tochterunternehmen der ungarischen Staatsbahn MAV-Start betrieben. Ein dritter Zugteil stellt eine umsteigefreie Verbindung zwischen Berlin, Kraków (Krakau) und Przemyśl an der polnisch-ukrainischen Grenze her.
Im Abschnitt Berlin—Wrocław (Breslau)—Opole (Oppeln) wird auf diese Weise erfreulicherweise eine Tagesrandverbindung hergestellt, die zudem täglich verkehrt. Ungewohnt ist der vorgesehene Laufweg: Dieses Zugpaar verkehrt über Frankfurt (Oder) und Zielona Góra (Grünberg). Die Fahrzeit zwischen Berlin Hbf und Wrocław Głowny (Breslau Hbf) beträgt mit diesem Laufweg 4:15 Stunden.
Die nachts verkehrende ICE-Verbindung Berlin—Erfurt—Stuttgart—München verkehrt nunmehr nicht nur in der Nacht Sonntag/Montag ganzjährig, sondern auch in der Nacht Freitag/Sonnabend. Täglich verkehrt dieses Zugpaar von Ostern bis zu den Herbstferien.
Durch Umstellung auf eine ICE 1-Garnitur erhöht sich die Anzahl der Sitzplätze um 300 pro Fahrt. Leider ermöglicht diese Zugeinheit keinerlei Fahrradmitnahme, was speziell in den Sommermonaten, noch dazu während der täglichen Verkehrszeit (!), eine sinnvolle Verbesserungsmaßnahme wäre.
Mit der zum Fahrplanwechsel erfolgten Inbetriebnahme der mit einem Investitionsvolumen von rund 520 Millionen Euro zweigleisig ausgebauten Strecke Knappenrode—Horka steht nunmehr für den Reisezugverkehr der Relation Berlin—Wrocław eine weitere elektrifizierte und in vielen Abschnitten für 160 km/h ausgebaute Strecke zur Verfügung. Diese Chance wird leider nicht genutzt. Dabei ließe sich mit einem geänderten Laufweg zwischen Berlin und Wrocław endlich eine vergleichsweise attraktive Fahrzeit von ca. 3:30 Stunden erreichen!
Nach über 25 Jahren Betrieb auf der Schnellfahrstrecke Hannover—Würzburg sind im Jahr 2019 bzw. in den Folgejahren umfassende Sanierungsmaßnahmen erforderlich, die jeweils mit Totalsperrungen einhergehen. Diese Arbeiten erfolgen in der Zeit vom 11. Juni bis 14. Dezember 2019 im Abschnitt Hannover—Göttingen. Die erforderlichen Umleitungen erfolgen über die Strecke im Leinetal, verbunden mit Fahrzeitverlängerungen von 30 bis 45 Minuten.
Im Abschnitt Göttingen—Kassel werden die Arbeiten in der Zeit vom 23. April bis 15. Juli 2021 fortgesetzt, die Teilstrecke Fulda—Würzburg folgt im Jahr 2022 und der Abschnitt Kassel—Fulda schließlich im Jahr 2023 (gesamtes Investitionsvolumerund 640 Millionen Euro).
Diese Grundsanierung erfolgt auch auf der Schnellfahrstrecke Mannheim—Stuttgart im Zeitraum vom 10. April bis 31. Oktober 2020 (Investitionsvolumen rund 185 Millionen Euro).
Insgesamt sind mit dem Fahrplanwechsel wieder einige erfreuliche Verbesserungen umgesetzt worden. Die Wirkung der Maßnahmen bleibt jedoch von geringem Nutzen, wenn es nicht zeitnah gelingt, die Verlässlichkeit und Qualität des ICE- bzw. IC-Angebotes wesentlich zu verbessern. Für die Einführung des Deutschland-Taktes ist ein stabil verkehrendes Bahnangebot sogar Grundvoraussetzung!
Deutscher Bahnkunden-Verband und IGEB Fernverkehr
aus SIGNAL 5-06/2018 (Dezember 2018/Januar 2019), Seite 44-47