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Weg mit dem Malzkaffee-Logo!
Regionalzüge sollen bekanntes Produktsignet zurückerhalten

4 Jahre ist es dieser Tage alt geworden, das vom VBB erschaffene Produktsignet mit einem roten, auf die Spitze gestellten Rechteck und dem Schriftzug „Bahn“, welches seitdem stellvertretend für „Regionalverkehr“ stehen sollte. Eine schwierige Assoziation. Haben die 4 Jahre ausgereicht, um die Kunden an das Karo zu gewöhnen? Wir haben getestet.

Malzkaffee
Das rote Karo erinnert eher an eine bekannte Malzkaffeemarke als an ein Produktsignet des öffentlichen Nahverkehrs. Foto: Holger Mertens

Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Nein! Selbst im Zusammenhang mit den anderen Produktsignets wie S- oder U-Bahn wurde das Karo kaum erkannt. Dazu kommt, dass wir die Befragung quasi direkt unter dem riesigen Logo am Bahnhofseingang Lichtenberg durchgeführt hatten. Die Befragten hätten es also direkt in der Umgebung ablesen können.

Haben sie aber kaum. Freilich, die geringe Zahl der Befragten ist nicht repräsentativ. Sie lässt aber durch ihre Eindeutigkeit durchaus die Schlussfolgerung zu: Das Bahn-Bahn-Logo wird nicht erkannt.

Logo übersicht
Quelle: VBB.de
Logoausmaße
Hier werden auf der VBB-Website noch aufwendig die Gestaltungsvorschriften für das grafisch anspruchsvolle Karo erklärt. Doch nicht aufwendig genug für die eigenen Webgestalter: Diese haben nämlich genau darunter den Grafik-Fehler begangen, den die Erklärung verhindern sollte. Peinlich, zeigt es doch, dass nicht einmal die Erfinder selbst in der Lage sind, ihre eigenen Vorschriften anzuwenden. Quelle: VBB.de
Logos
S-Bahn, U-Bahn und Bahn-Bahn? Die Bedeutung der Logo-Texte ist inkonsistent.
BVG-Atlas
In den 1990er Jahren war das „R“ für den Regionalverkehr omnipräsent, wurde es doch von Metadesign gemeinsam mit den anderen Produktsignets für Bus, Straßenbahn oder Fähre entwickelt. Foto: VBB-Atlas 1994, Holger Mertens
Schreenshot
Die Anwendung „Öffi“ für Android-Smartphones, welche weltweit Verwendung findet, zeigt im Menü, in dem man nach Produkten filtern kann, das in Deutschland am häufigsten verwendete Signet R für den Regionalzugverkehr an. Schreenshot: Öffi
Eingang
Bahnhof Lichtenberg: Hier haben wir 50 Passanten Produktsignets den Verkehrsmitteln zuordnen lassen. 39 Personen haben dem Regionalverkehr das „R“ und nur 6 das aktuelle Karo zugeordnet – und das, obwohl es sich direkt vor ihrer Nase am Bahnhofseingang befand. Foto: Holger Mertens
Logos
Internationale Beispiele: Auch in Basel, Mailand und Philadelphia werden Regionalzüge mit einem „R“ gekennzeichnet. Quelle: BVB, ATM, SEPTA

Dabei ist es auch noch grafisch sehr auffällig. Denn dieses Bahn-Logo, das durch Form und Farbe zudem eher an eine bekannte Malzkaffeemarke erinnert, bricht mit seiner ungewöhnlichen Form stets aus der Reihe der Verkehrsmittelsignets aus und ist schwer in eine Linie zu stellen. Um eine den anderen Signets entsprechend große lesbare Fläche zu erhalten, benötigt es über 30 Prozent mehr Platz, ist also schon grafisch ein Fehlgriff. Das kann man überall dort beobachten, wo es Anwendung findet.

Der VBB hat sogar auf seiner Website eine Anweisung veröffentlicht, wie das Karografisch anzuwenden ist, nur um es in derselben Auflistung gleich selbst falsch anzuwenden. Das Logo funktioniert grafisch einfach nicht – nicht einmal beim Erfinder selbst.

Auch die Farbwahl ist bedenklich. Rot ist bereits der Straßenbahn als Erkennungsfarbe zugeordnet. Angelehnt wurde dies wahrscheinlich an die roten Regionalzüge der DB Regio. Doch sind in Berlin und Brandenburg nicht nur Regionalzüge der Deutschen Bahn unterwegs. Vielmehr gibt es mehrere Unternehmen mit unterschiedlichsten Fahrzeuglackierungen. Eine „rote Bahn“ ist da etwas einseitig.

Doch der inhaltliche Fehlgriff übertrifft noch den grafischen. In dem Karo steht schlicht „Bahn“. Für welche Bahn steht das? S-Bahn, U-Bahn, Seilbahn, Kegelbahn, Fernbahn, Deutsche Bahn? Oder schlicht Bahn-Bahn? Ist das sinnvoll? Nein!

Die Befragung hat das nun noch einmal belegbar gezeigt. Statt des Bahn-Bahn-Signets wurden andere Logos eher dem Regionalzugverkehr zugeordnet. Zur Auswahl standen sowohl das aktuelle Karo als auch das zuvor verwendete und sich ebenfalls nie durchsetzende „B“ im roten Kastenrahmen, als auch eine Variante des in den 90er Jahren verbreiteten „R“-Logos, welches mit Abstand am häufigsten ausgewählt wurde.

Logisch. Denn die Züge heißen „Regional“-Züge, die auf „Regional“-Linien verkehren. Der regelmäßige Nutzer nennt sie „Regios“. Ihre Linienbezeichnungen beginnen, nach einigen Jahren wüster Ausrutscher, inzwischen wieder stets mit einem R. Daher ist dieses bei uns bekannte „R“-Logo noch heute weit verbreitet. In Variationen ist es in ganz Deutschland zu finden, von Hamburg bis München und Karlsruhe.

Doch man muss nicht unbedingt in Deutschland bleiben. Im grenzüberschreitenden Regionalverkehr zwischen Deutschland, der Schweiz und Frankreich fährt die Regio-S-Bahn unter dem „R“, in Mailand (Italien) bilden Metro, S (Linee Suburbane) und R (Linee Regionali) das Rückgrat des öffentlichen Nahnverkehrs. Und auch in Philadelphia (USA) gibt es Regionalzuglinien unter dem „R“, um nur einige internationale Beispiele zu nennen.

Das R wird überall verstanden und hat sich längst durchgesetzt. Auf internationalen Reiseseiten im Internet kennzeichnet es Regional-Takt-Verkehre. Und das deutschlandweit beliebte Handyprogramm „Öffi für Android“ verwendet das R-Logo für die Kennzeichnung des Regionalzugverkehrs. Auch viele Stadtpläne und Wanderkarten kennzeichnen so Regionalbahnhöfe.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert deshalb den VBB und die Länder Berlin und Brandenburg auf, den Logo-Ausrutscher der Bahn-Bahn so schnell wie möglich zu beenden und fortan das deutschlandweit übliche R zur Kennzeichnung des Regionalverkehrs zu verwenden. (hm)

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 4/2014 (August/September 2014), Seite 20-21

 

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