Nahverkehr
1. Mär 1991
Bereits in SIGNAL 1/91 haben wir uns mit dem Hauptanlaß für die jüngsten BVG-Busfahrplanänderungen, der Einführung einer nachmittaglichen HVZ-Fahrzeit, kritisch auseinandergesetzt. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußten: Die BVG hat bei ca. 20 Buslinien die für den Nachmittag kalkulierten Fahrzeiten gleich ganztägig eingeführt. Was dies für Auswirkungen auf die Pünktlichkeit der Busse in den frühen Morgenstunden, in der Zeit zwischen den Verkehrsspitzen oder in den Vorabendstunden hat, darüber können sich Interessierte bei den vielen Fahrgästen informieren, die nun der vermehrt ihren Bus wegen dessen Verfrühung verpaßt haben.
Immerhin hatte die BVG zu der regelmäßig Anfang Februar erfolgenden “Fahrplananpassung" erstmals eine Sonderinformation für Fahrgäste herausgegeben, in der mehrere der neuen Fahrpläne abgedruckt sind. Aber für nicht weniger als 19 Buslinien steht darin nur: “Die Durchfahrtzeiten entnehmen Sie bitte den Haltestellenaushängen" Darunter sind auch Linien, die ganztägig im 15- oder 20-Minuten-Takt verkehren.
Mehr "Glück" haben z.B. die Fahrgäste der Buslinie 19. Ihr Fahrplan ist in der Sonderinformation abgedruckt, woraus Sie ersehen können, daß ihr Bus nicht mehr alle 5, sondern nur noch alle 10 Minuten verkehrt (ähnlich geht's den Fahrgästen des 29ers - diese werden das allerdings erst an der Haltestelle erfahren). Die BVG scheint es - längst glaubte man dies überwunden - nicht mehr nötig zu haben, ihre Fahrgäste über attraktive Angebote zu informieren, denn natürlich fahren sowohl 19er wie 29er tagsüber weiterhin im 5-Minuten-Takt: mit E-Wagen.
Zurück zum gut informierten Fahrgast des 19ers: Er oder sie freut sich darüber, daß nun auch abends wieder der Platz der Luftbrücke mit dem Flughafen Tempelhof erreicht wird und damit ein gerade in den Abendstunden ärgerliches zusätzliches Umsteigen (um den Bus 96 zu erreichen) oder ein umständliches Umsteigen (zur U6 am Bf. Mehringdamm) entfallen. Beachten muß der Fahrgast aber, daß dies nur bis kurz vor 23.00 Uhr klappt, und daß es nicht Sonnabend sein sollte (da erfolgt die letzte Fahrt bis zur Endstelle bereits kurz nach 21 Uhr), und daß sonntags erst nach dem Mittagessen gefahren wird. Zur Erinnerung: Es geht um eine innerstädtische Direktverbindung zwischen der West-City und einem - wenn auch ungeliebten - Flughafen der Hauptstadt.
Freuen können sich dagegen die Potsdamer Fahrgäste der Buslinien 38 und 99. Durch neue zusätzliche Fahrten in den Morgenstunden wird eine von der IGEB schon lange kritisierte Angebotslücke im Berufsverkehr geschlossen.
Anders sieht es auf der Umland-Buslinie 75 aus. Hier wird ab 21 Uhr nur noch ein 90-Minuten-Takt angeboten. Dadurch müssen die am S-Bf. Lichtenrade eintreffenden Fahrgäste auf den nächsten Bus nicht nur länger warten, sondern dieser hat auch noch eine extrem ungünstige Fahrplanlage. Um ihn zu erreichen, muß von der letzten davor ankommenden S-Bahn 15 statt bisher 5 Minuten gewartet werden. Wenn man dann nach 19 Minuten Fahrzeit um 22.54 Uhr am S-Bf. Blankenfelde ankommt, ist der Zug nach Wünsdorf, der bisher zu erreichen war, weg. Nächster Zug nach 60 Minuten Wartezeit! Dieser Ärger wäre bei Erhalt des bisherigen 60-Minuten-Taktes vermieden worden. Deshalb und weil durch den 90- statt 60-Minuten-Takt kein Busumlauf eingespart wird, fordert die IGEB eine sofortige Wiedereinführung des Stundentaktes, Ein weiteres Ärgernis ist die Brechung von zwei Umläufen aus betrieblichen Gründen des Kraftverkehrs Ludwigsfelde. Wer z.B. um 8.35 Uhr in Lichtenrade abfährt, wird nach 6 Minuten Fahrzeit auf die Straße gesetzt und darf 30 Minuten auf den nächsten Bus warten, um nach Blankenfelde zu gelangen. Hier muß eine andere Lösung gefunden werden!
Geändert wurde zum 4. Februar auch der Fahrplan des Airport-Express Tegel - Schönefeld, nachzulesen in der Sonderinformation. Seither verkehrten die Busse zwischen den beiden Flughäfen nur noch stündlich und benötigten dafür nochmals fünf Minuten mehr. Die freigewordenen Wagen wurden “wegen der großen Nachfrage" (so die Senatsverkehrwerwaltung) zur Taktverdichtung auf der Teilstrecke von Tegel bis Wittenbergplatz eingesetzt. Aber auch dieser Fahrglan ist schon wieder überholt. Seit 19. Februar verkehren die Busse nur noch bis Wittenbergplatz, Schönefeld wird nicht mehr bedient.
Diese Entscheidung von BVG und BVB ist richtig, und es ist auch keine Schande, sich von einer falsch konzipierten Buslinie zu verabschieden, zumal der Flughafen Schönefeld mangels Attraktivität noch immer Fahrgäste verliert und weil die Fahrzeuge zur überfälligen Verknüpfung mit dem BVB-Netz viel sinnvoller eingesetzt werden können. Aber ein Angebot, dessen Beginn mit großem Aufwand medienwirksam inszeniert wurde und das permanent in den Schlagzeilen war (allerdings wegen regelmäßiger Lehrfahrten), über Nacht ohne jede Presse- und Fahrgastinfonnation einzustellen, ist eine Frechheit!
Wenn nun wenigstens die zwischen Wittenbergplatz und Tegel verbliebene Express-Buslinie erhalten werden soll, dann müssen weitere Änderungen erfolgen (und am besten) auch der Öffentlichkeit mitgeteilt weren :
IGEB
aus SIGNAL 2/1991 (März 1991), Seite 7-8