Berlin
5-Minuten-Takt auf allen Schnellbahnen in der Berliner Innenstadt auch am Wochenende erforderlich
20. Jun 2014
Überfällig und zugleich sehr erfreulich ist die Ausweitung des Verkehrsangebotes der BVG im Jahr 2014 (s. SIGNAL 2/2014 ). Damit reagiert der Aufgabenträger, das Land Berlin, endlich auf die steigenden Fahrgastzahlen und die teilweise veränderten Zeiten, in denen U-Bahn, Straßenbahn und Bus genutzt werden. Ein kleiner, aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Nachdem die S-Bahn nun nach den Krisenjahren wieder eine stabile Leistungsfähigkeit erreicht hat und die Fahrgastzahlen auch hier steigen, ist bei der S-Bahn ebenfalls ein angemessenes Aufstocken der Verkehrsleistungen erforderlich.
Im Innenstadtbereich, also auf der Ringbahn und den S-Bahn Strecken innerhalb des Rings, sollte das S-Bahn-Angebot außerhalb der Hauptverkehrszeit wenigstens einen 5-Minuten-Takt aufweisen, so wie es 2012 bei der U-Bahn eingeführt wurde. Die gute Nachfrage am Abend und am Wochenende zeigt, dass die U-Bahn-Taktverdichtung richtig ist.
So wie gemäß Nahverkehrsplan auf Berliner Stadtgebiet mindestens ein 10-Minuten-Takt herrschen soll, so sollte es in der Innenstadt auf der kompletten Ringbahn, auf der Nordsüd-S-Bahn zwischen Gesundbrunnen und Südkreuz sowie auf der Stadtbahn zwischen Westkreuz und Lichtenberg mindestens einen 5-Minuten-Takt (auch durch Linienüberlagerung) geben:
Bisher klaffen zur Erfüllung dieses Standards noch einige Lücken.
Am weitesten entfernt von diesem Standard ist derzeit die Ringbahn. Die S 41/S 42 bietet bisher folgendes Fahrtenprogramm:
Der Grundtakt ist also ein 10-Minuten-Takt, der nur montags bis freitags jeweils morgens und nachmittags bis zum frühen Abend (insgesamt nur neun Stunden lang) auf einen attraktiven 5-Minuten-Takt verdichtet wird.
Besonderer Beachtung bedürfen hierbei die Fahrten, die über die Abschnitte Neukölln—Treptower Park und Schönhauser Allee—Westend gehen. Hier wird die Ringbahn S 41/S 42 nicht von anderen Linien überlagert, und es besteht tatsächlich nur der 10-Minuten-Takt. Auf den hochbelasteten Abschnitten Neukölln—Treptower Park und Schönhauser Allee—Gesundbrunnen—Wedding gelangt die S-Bahn häufig an ihre Kapazitätsgrenze.
Um als Grundtakt alle 5 Minuten zu fahren, sind folgende Verdichtungen nötig:
Die Ringbahn hat verkehrsstrukturell eine besondere Bedeutung, die sie durch den vorherrschenden 10-Minuten-Takt bisher nicht angemessen erfüllen kann. Die große Verknüpfungswirkung mit Umsteigemöglichkeiten zu radialen S-Bahn-, U-Bahn-, Straßenbahn- und Buslinien an jeder Ringstation bedeutet ein hohes Umsteigeraufkommen. Dementsprechend wirken sich hier lange Wartezeiten von über fünf Minuten besonders negativ auf die Reisekette aus. Es ist bekannt, dass Fahrgäste außerhalb der Zeiten des 5-Minuten-Taktes die Ringbahn für spontane Fahrten meiden, weil ohne genaue Vorausplanung des Fahrplanes die möglichen 10 Minuten Wartezeit auf den nächsten Zug abschreckend wirken. Für spontane Fahrten in der Innenstadt ist nur ein 5-Minuten-Takt attraktiv.
Es geht hier also nicht primär darum, dass Fahrgäste in den genannten Zeiten bei pünktlichem Betrieb auf den Bahnsteigen zurückbleiben müssen, weil die Züge überfüllt sind (sie sind tatsächlich gut gefüllt mit 100% Sitzplatzbelegung und vielen stehenden Fahrgästen), sondern um das Qualitätsmerkmal des dichten Taktes. Nach Schätzung der IGEB besteht durch das Mehrangebot ein Potenzial von 25 Prozent mehr Fahrgästen für die Ringbahn. Das entlastet auch den Straßenverkehr.
Da die Verkehrsleistung nicht in der Hauptverkehrszeit erhöht werden soll, stehen die Fahrzeuge zur Verfügung, die sonst über Mittag oder am Wochenende nur abgestellt sind. Die S-Bahn-Mehrleistung ist damit ohne Fahrzeugneubeschaffung fahrbar. Um die zusätzlichen Schichten abzudecken sind allerdings zusätzliche Triebfahrzeugführer nötig, die mit entsprechender Planung aber rechtzeitig eingestellt bzw.ausgebildet werden können.
Als kleine Einsparung bei einer Ringverdichtung könnte während des zu verdichtenden Zeitraumes die S 46 von Westend nach Südkreuz zurückgezogen werden; die S 46 würde nur noch während der HVZ nach Westend fahren.
Außerdem müsste die S 45 ständig nach Südkreuz zurückgezogen werden, da die „Rückwärtskehre“ am S-Bahnhof Bundesplatz nicht mehr in den 5-Minuten-Takt passt.
Unabhängig von der Ringverdichtung, aber schon heute sehr wichtig für die Stabilität des Ringbetriebs ist es, einen Ringbahnhof mit einem dritten Bahnsteiggleis auszurüsten, um ein schnelles Auswechseln von Schadzügen und Aus-/Einsetzen von Zügen im Verspätungsfall möglich zu machen. Hierfür bietet sich der Bahnhof Westend an, der bereits einen zweiten (ungenutzten) Bahnsteig besitzt. Dieser kann mit überschaubarem Aufwand durch ein drittes Gleis genutzt werden. Das mittlere Gleis hätte dann eine Kante rechts und links, so dass bahnsteiggleiche Umstiege für die Fahrgäste bequem für jede Fahrtrichtung möglich wären. In Westend sind bereits zwei zweigleisige Kehranlagen nördlich und südlich angeschlossen. Auch die S-Bahn Berlin GmbH befürwortet dringend diese dritte Kante auf dem Ring. Jedoch scheint den Verantwortlichen bei DB Netz die Bedeutung dieser kleinen, aber sehr effektiven Infrastrukturergänzung noch nicht klar zu sein, denn das Projekt genießt bisher dort keine Priorität.
Auf der Stadtbahn überlagern sich Montag bis Freitag die Linien S 5, S 7 und S 75 und bilden so einen dichten Takt von 6 Zügen pro Richtung in 20 Minuten.
Aber an Sonntagen gibt es durch die Verkürzung der S 75 unschöne Taktlücken von 7 Minuten, die dem steigenden Fahrgastaufkommen nicht gerecht werden.
Zur Abhilfe kann die S 75 von Ostbahnhof bis Westkreuz sonntags auf einen 10-Minuten-Takt verdichtet werden. Dies ist aufgrund der zahlreichen Veranstaltungen im Innenstadtbereich, der hohen Nachfrage insbesondere durch Touristen und dem verstärkten Ab- und Anreiseverkehr zum Fernverkehr in Berlin Hbf dringend nötig.
Als Differenz ist also eine Mehrleistung nötig
Diese Maßnahme erfordert drei zusätzliche Umläufe auf der S 75, die nach Angaben der S-Bahn Berlin GmbH zu den benötigten Zeiten zur Verfügung stehen.
Eine solche Mehrleistung hat das Land Berlin für den Sonnabend ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 bereits bestellt. Die S 75 fährt dann von 8.30 bis 20 Uhr alle 10 Minuten bis Westkreuz (zzt. nur bis Ostbahnhof). Diese Leistungsausweitung ist mit angepassten Einsatzzeiten auch für den Sonntag erforderlich.
Als kleine Kompensation für die Leistungsausweitung könnte z. B. in den Schulferien auf die S 5 5-Minuten-Takt-Verstärker Ostbahnhof—Mahlsdorf verzichtet werden. Ebenso stehen bestellte Leistungen aus der S 21 sowie aus der Flughafenanbindung zur Verfügung, die beide aufgrund der Bauverzögerungen noch nicht gefahren werden können.
Im Nordsüd-S-Bahn-Tunnel besteht außerhalb der HVZ eine unschöne 7-Minuten-Taktlücke, die geschlossen werden kann, wenn der 10-Minuten-Takt auf der S 25 nicht in Potsdamer Platz endet, sondern die Verdichterzüge bis Gesundbrunnen verlängert werden.
Als Differenz ist also eine Mehrleistung nötig
Diese Maßnahme benötigt einen zusätzlichen Umlauf auf der S 25, der nach Angaben der S-Bahn Berlin GmbH zu den entsprechenden Zeiten zur Verfügung steht.
Die S-Bahn Berlin GmbH begrüßt nach eigenen Angaben grundsätzlich eine Ausweitung ihres Angebots und sieht sich auch zur stabilen Erbringung der Mehrleistungen in der Lage. Somit ist also das Land Berlin als Besteller der Verkehrsleistungen am Zuge. An fehlendem Geld können die Zusatzleistungen nicht scheitern, denn wenn die S-Bahn einen Fahrzeugpark hätte, um die vertraglich vereinbarten Verkehrsleistungen fahren zu können, müsste das Land Berlin ebenfalls deutlich mehr Geld für S-Bahn-Leistungen einsetzen, als es heute bezahlt. (fm)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 3/2014 (Juni/Juli 2014), Seite 14-15