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DB und PKP im Grenzbahnhof Frankfurt (Oder). Foto: Frank Lammers |
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Kleine Anfrage vom 25. Juni 2007
und Antwort der Bundesregierung vom 11. Juli 2007
Mit welcher Zunahme des Verkehrsaufkommens
und der Transportmenge im
Güterverkehr über die deutsch-polnische
Grenze rechnet die Bundesregierung
bis zu den Jahren 2015, 2020 und
2025?
Die dem Bundesverkehrswegeplan 2003 zu
Grunde liegende Verkehrsprognose geht
für den Zeitraum 1997 bis 2015 von hohen
Zuwächsen im Verkehr mit Polen aus. Hiernach
beträgt die jährliche Steigerungsrate
6,3 Prozent. Dieses Wachstum erfolgt jedoch
auf einem vergleichsweise geringen Ausgangsniveau.
Der prognostizierte Anteil des
grenzüberschreitenden Verkehrs mit Polen
liegt – gemessen am gesamten Verkehrsaufkommen
– im Jahr 2015 bei rund 4 Prozent.
Im Vergleich dazu hat der grenzüberschreitende
Güterverkehr Deutschlands mit den
EU-15-Staaten am gesamten Verkehrsaufkommen
einen prognostizierten Anteil von
rund 30 Prozent. Eine aktualisierte Prognose
der räumlichen Verkehrsverflechtung für
das Jahr 2025 wird derzeit im Auftrag des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (BMVBS) erstellt.
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Abgebautes Gleis im Bahnhof Golzow auf der Ostbahn. Eine vielfach nur geringe Kapazität weisen die grenzüberschreitenden Strecken Richtung Polen auf. Verschärft wurde die Situation in den letzten Jahren durch Infrastrukturrückbau. Foto: Christian Schultz, November 2007 |
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Welche Ausbaumaßnahmen sind für die
folgenden Eisenbahnstrecken zwischen
Deutschland und Polen vorgesehen
(z. B. Anzahl der Streckengleise, Höchstgeschwindigkeit,
Elektrifizierung mit
Angabe des Stromsystems); bei uneinheitlichen
Standards jeweils abschnittsweise?
Die Ausbaumaßnahmen der einzelnen grenzüberschreitenden
Eisenbahnstrecken mit der
Republik Polen stellen sich
wie folgt dar:
- Pasewalk—Stettin (Szczecin): Keine Ausbaumaßnahme vorgesehen.
- Angermünde—Stettin (Szczecin): 2-gleisig, elektrifiziert für eine Streckengeschwindigkeit von 160 km/h. Es kommt
bei der Elektrifizierung das Stromsystem des jeweiligen Hoheitsgebietes zur Anwendung.
- Berlin—Küstrin (Kostrzyn): Keine Ausbaumaßnahme geplant. Derzeit wird die Strecke im Rahmen von Bestandsnetzinvestitionen durch die DB AG saniert und mit moderner Leit- und Sicherungstechnik ausgerüstet. Zukünftig ist die Strecke mit 120 km/h befahrbar.
- Cottbus—Guben (Gubin): Der Bundesregierung sind keine Maßnahmen bekannt.
- Berlin—Cottbus—Forst—Teuplitz (Tuplice): Ausbau für eine Streckengeschwindigkeit von 160 km/h im Abschnitt Berlin—Cottbus sowie 2-gleisig zwischen Lübbenau und Cottbus. Im Abschnitt Cottbus—Forst sind keine Ausbaumaßnahmen vorgesehen. Gegebenenfalls erfolgt die Sanierung des Streckenabschnitts im Rahmen von Bestandsnetzinvestitionen, insbesondere die Brücke über die Spree.
- Hoyerswerda—Horka—Kohlfurt (Węgliniec): Durchgehend 2-gleisiger Ausbau, einschließlich Elektrifizierung für eine Streckengeschwindigkeit von 120 km/h (Vorrangstrecke für den Güterverkehr). Es kommt bei der Elektrifizierung das Stromsystem des jeweiligen Hoheitsgebietes zur Anwendung.
- Dresden—Görlitz (Zgorzelec): Abschnittsweise Anhebung der Streckengeschwindigkeit auf 120 bis 160 km/h sowie Elektrifizierung mit dem Stromsystem des jeweiligen Hoheitsgebietes.
In welchen Zeiträumen sollen die einzelnen
Ausbaumaßnahmen für die o. g.
Eisenbahnstrecken zwischen Deutschland
und Polen jeweils durchgeführt
werden?
Der Ausbau der Strecke Hoyerswerda—Horka—
Grenze Deutschland/Polen—Kohlfurt
(Węgliniec) wird voraussichtlich im Zeitraum
2010 bis 2013 erfolgen und der Ausbau
Angermünde—Grenze D/PL—Stettin
(Szczecin)
nach 2011 beginnen. Zum Zeitpunkt
der Anhebung der Streckengeschwindigkeit
auf 120 bis 160 km/h auf der Strecke
Dresden—Görlitz—Grenze D/PL können
derzeit keine Aussagen getroffen werden.
Zudem ist die Elektrifizierung der Strecken
gemäß Abkommen mit der Republik Polen
ohnehin erst für einen späteren Zeitraum
vereinbart worden.
Welche Abkommen zu den entsprechenden
Baumaßnahmen haben die Bundesrepublik
und Polen bereits abgeschlossen,
und welche müssen noch geschlossen
werden, insbesondere hinsichtlich
der angestrebten Ausbaustandards und
der Finanzierung?
Zum Ausbau der Strecken Hoyerswerda—
Horka—Grenze D/PL und Dresden—Görlitz—
Grenze D/PL wurde bereits im April
2003 ein Abkommen mit der Republik Polen
geschlossen. Nach Abschluss des Abkommens
zu den Eisenbahngrenzbrücken über
die Oder und Lausitzer Neiße beginnen die
Verhandlungen zum Ausbau der Strecke
Angermünde—Stettin (Szczecin), wobei
der Abschnitt Pasewalk—Stettin (Szczecin)
voraussichtlich mit einbezogen wird. Für die
anderen genannten Eisenbahnstrecken ist
der Abschluss von Abkommen mit der Republik
Polen nicht vorgesehen und auch nicht
erforderlich.
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NE 26 im Grenzbahnhof Küstrin-Kietz. Wenn voraussichtlich 2008 die Frankfurter Oderbrücke erneuert wird, wird ein Teil der Güterzüge zwischen Deutschland und Polen über die Ostbahn umgeleitet – zu Lasten des Regionalverkehrs zwischen Berlin und Kostrzyn. Foto: Christian Schultz |
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Wie hat sich der Anteil des kombinierten
Verkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen
über die deutsch-polnische Grenze
seit 1 990 entwickelt?
Angaben für den Eisenbahnverkehr liegen
erst seit 2005 vor.
Jahr 2005: insgesamt 11 958 616 t, Anteil
kombinierter Verkehr: 1 027 409 t (Großcontainer/
Wechselbehälter) = 8,59 %
Jahr 2006: insgesamt 13 643 898 t, Anteil
kombinierter Verkehr: 1 194 937 t (Großcontainer/
Wechselbehälter) = 8,76 %
Welche konkreten Maßnahmen hat die
Bundesregierung eingeleitet, um den
Anteil des kombinierten Verkehrs zwischen
Deutschland und Polen zu erhöhen,
und welche weiteren Maßnahmen
sind geplant?
Es fanden Gespräche mit Vertretern der
polnischen Regierung und der polnischen
Staatseisenbahn PKP statt. Konkrete Maßnahmen
wurden jedoch bisher nicht beschlossen
und sind zurzeit auch nicht geplant.
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Bereits 2006 wurden Güterzüge über die Ostbahn umgeleitet, als die Oderbrücke in Frankfurt kurzzeitig gesperrt war. Wegen fehlender Kreuzungsmöglichkeiten auf der eingleisigen Strecke musste der Personenregionalverkehr deshalb stark eingeschränkt werden. Eine ähnliche Situation ist auch für 2008 angekündigt. Foto: Frank Lammers |
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Kommentar
des Deutschen Bahnkunden-Verbands
Die Erweiterung der EU nach Osten hat in den
vergangenen Jahren bereits zu einem deutlich
höheren grenzüberschreitenden Personen-
und Güterverkehr geführt; die Tendenz
ist weiter steigend. Der Beitritt Polens zum
Schengen-Raum bzw. der damit verbundene
Wegfall der Grenzkontrollen ab 21. Dezember
2007 dürften dem Verkehrsaufkommen weitere
Impulse geben.
Dieser Entwicklung wird von der Bundesregierung
nur unzureichend Rechnung
getragen. In der Folge besteht die große Gefahr,
dass ausgerechnet der Schienenverkehr
immer mehr an Bedeutung verliert, während
die erheblichen Verkehrszuwächse
vor allem auf
der Straße stattfinden.
Das widerspricht den im
Bundesverkehrswegeplan
2003 beschriebenen verkehrspolitischen
Grundsätzen,
nach denen es Ziel sein
muss, dass die Verkehrsträger
Schiene und Wasserstraße
einen möglichst
großen Anteil des prognostizierten
Verkehrszuwachses
im Güterverkehr
aufnehmen können.
Für den Schienengüterverkehr von hoher
Bedeutung ist z. B. das Projekt der Ausbaustrecke
Hoyerswerda—Horka—Grenze
Deutschland/Polen (Investitionskosten rund
163,0 Mio. Euro). Es ist unverständlich, weshalb
die Realisierung dieses Projekts u. a.
angesichts der 2007 erzielten Rekordeinnahmen
aus der Lkw-Maut nicht deutlich
beschleunigt wird.
Ähnlich unbefriedigend ist die Situation
bezüglich der Oderbrücke bei Frankfurt, die
nach Sperrung eines Gleises nunmehr ein
Nadelöhr für den Bahnbetrieb darstellt. Der
beschlossene Neubau dieser Brücke erfolgt
viel zu spät.
Auch die Strecke Berlin—Kostrzyn kann
wegen Infrastrukturengpässen bzw. Infrastruktur-
Rückbaumaßnahmen in den
letzten Jahren zu keiner wesentlichen Entlastung,
geschweige denn zur Bewältigung
von Aufkommenszuwächsen beitragen. Im
Gegenteil: Während der anstehenden baubedingten
Komplettsperrung der Oderbrücke
bei Frankfurt soll der Regionalverkehr auf der
Ostbahn (NE 26) eingeschränkt werden, um
Züge zwischen Berlin und Polen über Strausberg—
Kostrzyn umleiten zu können. Bei
entsprechend weitsichtiger Planung könnte
die Ostbahnstrecke dagegen heute deutlich
leistungsfähiger sein, da das Planum für
das zweite Gleis noch vorhanden ist und die
Strecke somit vergleichsweise unproblematisch
hätte ertüchtigt werden können.
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag
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