Seit Generationen gehört das Erlebnis der
vorbeiziehenden Städte, Dörfer und Landschaften
untrennbar zum Eisenbahnfahren.
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Foto: bahnreisen-fotoarchiv |
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Hohe Schallschutzwände sind hässlich. Sie verschandeln das Stadtbild und versperren die Sicht für die Reisenden. Foto: bahnreisen-fotoarchiv |
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Seit Generationen ist es selbstverständlich,
dass die Eisenbahn zur Stadt und zur
Landschaft gehört. Städte sind um Bahnstrecken
herum gewachsen, Landschaften
wie das Rheintal stehen einschließlich ihrer
Bahnstrecken unter Schutz, bis hin zum
Weltkulturerbe.
Generationen von Anwohnern haben sich
nicht an den Bahngeräuschen gestört. Die
Bahn war ja auch fast immer schon vorhanden,
bevor die heutigen Anwohner in ihre
Nähe zogen.
Diese Selbstverständlichkeit der Eisenbahn
als Teil unserer Umwelt und als Verkehrsmittel
für alle wird nun zunehmend in
Frage gestellt. Immer mehr Bahnstrecken
werden hinter meterhohen Wänden versteckt.
Stadt- und Landschaftsbild scheinen
dabei keine Rolle zu spielen, ebenso wenig
wie das Recht für die Nutzer des relativ
umweltfreundlichen Verkehrsmittels Eisenbahn,
während der Fahrt auch was von der
Umgebung sehen zu können.
Die Eisenbahn war und ist das Verkehrsmittel
für alle; sie kann und darf sich zeigen –
optisch und akustisch. Sie muss sich sogar
bemerkbar machen, um bei einer Generation,
die mit dem allgegenwärtigen Auto
aufgewachsen
ist, nicht in Vergessenheit zu
geraten als das weitaus sicherere, sozialere,
umweltverträglichere Verkehrsmittel.
Selbstverständlich muss auch die umweltfreundliche
Eisenbahn dafür sorgen, dass
sich ihre Geräusche in einem verträglichen
Rahmen halten. Dies darf aber nicht dazu
führen, dass Bahnstrecken durch meterhohe
Wände von der Umgebung abgeriegelt
werden. Solche Mauern erfüllen bei weitem
nicht die Hoffnungen, die in sie gesetzt werden,
stören aber erheblich das Orts- und
Landschaftsbild und nehmen vielen Anwohnern
Licht und Sonne weg, ohne den Schall
ausreichend zu dämmen.
Die Schutzwirkung hat auch wenig mit
der Höhe der Wände zu tun.
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Foto: Florian Müller |
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Hohe und niedrige Schallschutzwände: jetzt neu am Berliner Bahnhof Ostkreuz Foto: Florian Müller |
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Schienenstegdämpfer im Einsatz auf der Berliner Ringbahn (Schönhauser Allee). Solche optisch unauffälligen Techniken sollte die Zukunft gehören. Foto: Florian Müller |
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Freier Blick auf der Berliner Stadtbahn – dafür sorgt der Denkmalschutz. Schalldämmplatten in den Gleisen und regelmäßiges Schienenschleifen machen es möglich. Foto: bahnreisen-fotoarchiv |
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Bahngeräusche entstehen fast ausschließlich
am Rad-Schiene-Kontakt, nicht
in mehreren Metern Höhe. Deshalb gibt es
bessere Möglichkeiten für wirksamen Lärmschutz
direkt an Schienen und Radsätzen.
Auch wenn diese Maßnahmen noch einige
Zeit brauchen, bis sie flächendeckend umgesetzt
sind, dürfen in der Zwischenzeit
keine weiteren Mauern gebaut werden. Die
Finanzmittel zur Lärmsanierung müssen ab
sofort für die Schalldämmung direkt an den
Rädern eingesetzt werden, also an der Stelle,
an der der Lärm entsteht. Viele neue Eisenbahnfahrzeuge
rollen schon sehr viel leiser
als alte Züge, nur bei Güterwagen besteht
noch großer Handlungsbedarf.
Wir Eisenbahnfreunde und Bahnbenutzer,
aber auch Liebhaber alter Städte, dürfen zu
den überhohen Schallschutzwänden keine
defensive Haltung einnehmen. Wir Bahnbenutzer
müssen offensiv die umweltfreundliche
Bahn gegen diejenigen Zeitgenossen
verteidigen, die sie am liebsten unsichtbar
und unhörbar machen wollen, anstatt sie als
Verkehrsmittel zu benutzen.
Wir müssen fordern, dass alle technischen
Maßnahmen zur Lärmdämmung an
den Rädern durchgeführt werden, dass
aber darüber hinaus nur in Ausnahmefällen
noch Mauern gebaut werden dürfen, aber
auf keinen Fall mehr als zwei Meter hoch.
Diese Höhe genügt, um den fast ausschließlich
in Gleishöhe entstehenden Schall abzuschirmen,
ist in Städten und Landschaften
optisch gerade noch verträglich und bietet
weiterhin freien Blick für die Bahnfahrgäste
auf die Umgebung. Bereits bestehende
höhere Wände müssen auf 2 m Höhe zurückgebaut
oder durch Glaswände ersetzt
werden. Dazu müssen die einschlägigen
Lärmschutzgesetze so geändert werden,
dass die Maßnahmen an Rad und Schiene
vorrangig durchzuführen sind.
Wegfallen muss die im Gesetz festgelegte
proportionale Verknüpfung von Dämmwirkung
und Wandhöhe, letztere muss aus
städtebaulichen und Landschaftsschutz-Gründen auf die erwähnten 2 m begrenzt
werden.
Wir Eisenbahnfreunde fordern freien Blick
auf Städte und Landschaften!
Kommentar der IGEB
Auch in Berlin hat die Stadtzerstörung
durch Schallschutzwände ein erschreckendes
Ausmaß angenommen. Die Planung
hoher Schallschutzwände hat maßgeblich
zum Widerstand der Lichtenrader Bürger
gegen den überfälligen Wiederaufbau der
Fernbahngleise Berlin—Dresden beigetragen.
Am S-Bahnhof Nikolassee haben sich
Berliner Bürger erfolgreich gegen bis zu 6 m
hohe Lärmschutzwände gewehrt. Entlang
der Stadtbahn zwischen Ostbahnhof und
Savignyplatz hat uns der Denkmalschutz vor
Schallschutzwänden bewahrt. Doch gleich
hinter dem geschützten Abschnitt stehen
zwischen Savignyplatz und Charlottenburg
die hässlichen und zudem aufgrund der Breite
der Bahntrasse sowie Reflektionen von den
Häusern hier praktisch wirkungslosen Wände.
Der Vorstoß aus Fürth ist deshalb ausdrücklich
zu begrüßen. Zwar muss die Akzeptanz
der Bahn innerhalb der Städte durch Minderung
des Bahnlärms noch verbessert werden,
aber Schallschutzwände sind ein teurer und
die Städte ebenso wie die ländlichen Räume
zerstörender Irrweg. Vielmehr muss die Bahn
andere aktive schalldämpfende Maßnahmen
durchführen, die besser stadtverträglich sind.
Dazu hat die Deutsche Bahn eine Untersuchung
durchgeführt – gefördert durch das
Bundes-Konjunkturprogramm II – dessen
Schlussbericht nun vorliegt (http://geotek.de/gruene/Laerm-Schlussbericht_KP2_2011.pdf ).
So wurden z. B. „Schienenstegdämpfer“ (wie
auf der Berliner Ringbahn z. T. erprobt) sowie
„Niedrige Schallschutzwände“ mit 74 cm bzw.
55 cm Höhe für die Gleise erfolgreich getestet.
Für Brücken erreicht die „Brückenentdröhnung“
deutliche Schall-Minderungspotentiale.
Ferner kommt dem „besonders überwachten
Gleis“ wie auf der Berliner Stadtbahn eine große
Bedeutung zu. Das Schienenschleifen soll
Riffel entfernen und somit ein leises Rollen
ermöglichen.
Diese Technologien sollten weiter vorangetrieben,
verstärkt erforscht und finanziell
gefördert werden. Lothar Berthold, Fürth
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