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Der vermeintliche Einzelfall
Anfang März am Rathaus Steglitz. Es ist
nasskalt, der Körper von einer Grippe gebeutelt.
Nach dem Arztbesuch will der Fahrgast
schnell nach Hause. Schön, dass es für
die Fahrgäste der Buslinie 186 am Rathaus
Steglitz neben der zugigen Haltestelle in der
Schloßstraße am ehemaligen VW-Pavillon
auch die Möglichkeit gibt, vom Busbahnhof
im Kreisel abfahren zu können. Die Verstärkerwagen
für den 5-Minuten-Takt dieser
Linie setzen dort alle 10 Minuten ein. Die
Wagen der Stammlinie halten dort nicht, sie
fahren nur in der Schloßstraße.
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Mit ihren neuesten Doppeldeckerbussen vom Typ Lions City hat die BVG ähnliche Probleme wie die S-Bahn: Zum einen muss der Hersteller die Achsen austauschen, zum anderen gibt es Engpässe durch Einsparungen beim Werkstattpersonal. Dadurch fallen immer wieder planmäßige Fahrten aus, was die BVG nach längerem Zögern nun auch zugegeben hat. Foto: Holger Mertens |
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Der sichernde Blick auf die Fahrplantabelle
im Busbahnhof lässt den Fahrgast aufatmen.
Nachdem er die mit Sternchen oder
Buchstaben gekennzeichneten Fahrten auf
Ausschlüsse zu bestimmten Zeiten überprüft
hat, weiß er, dass der Bus in 5 Minuten kommen
wird. Aber nach acht Minuten reift die
Erkenntnis: Der Bus kommt wohl nicht. Also
doch zur Haupthaltestelle in der Schloßstraße
gehen? Aber in den verbleibenden zwei
Minuten bis zu dessen Abfahrt schafft der
Fahrgast den Weg nicht mehr. Was nun? Eigentlich
müsste bereits in sieben Minuten der
nächste Verstärker-Wagen im Busbahnhof
starten, doch nun ist Misstrauen angesagt.
Da taucht ein 283er auf. Vom Fahrziel her
bietet diese nur alle 20 Minuten fahrende Linie
eine Alternative und in vier Minuten soll
dieser Bus fahren. Also einsteigen, endlich
ein wärmerer Platz, sogar zum Sitzen. Die
Abfahrzeit naht, doch der Bus bleibt stehen.
Nur der Fahrer steht auf. Unruhig an Jacke
und Tasche nestelnd, schließlich zum Handy
greifend folgt die Erklärung: Keine Ablösung
da. Hecktische Telefonate.
Nach weiteren Minuten, die zu gefühlten
Stunden werden, erscheint endlich ein
Kraftfahrer. Der Motor springt an, der Bus
fährt los, etwa 7 Minuten später, als er sollte.
Einmal um den Kreisel, halten an der
Haupthaltestelle in der Schloßstraße. Durch
das Rückfenster sieht der Fahrgast bereits
den nächsten Stammwagen vom 186er nahen.
Schon der Dritte. Wäre der Fahrgast
doch gleich zu dieser Haltestelle gegangen,
aber da ist es doch so zugig und die Grippe…
Eine halbe Stunde verspätet konnte die
warme Stube erreicht werden. Ein Verstärker
beim 186er ward nirgends gesehen. Nachforschungen
brachten Gewissheit: Der Fahrgast
hätte lange warten können. An diesem
und vielen anderen Tagen fiel die Verstärkerlinie
komplett aus. Der Grund: Wagenmangel
im BVG-Betriebshof Cicerostraße. Damit
sind wir wieder beim Thema. Keine Auswirkungen
auf den Fahrplan?
Noch mehr Einzelfälle
Auch einen Monat später gab es beim 186er
noch Ausfälle und Unregelmäßigkeiten, so
am 9. April, als am Rathaus Steglitz beim
10-Minuten-Takt eine Wartezeit von 31 Minuten
angezeigt wurde. Hier sind also viele
„einzelne“ Fahrten ausgefallen. In Beschwerden
berichteten Fahrgäste außerdem von
Ausfällen auf den Linien X10, X83 und 115.
Während sich diese auf den Südwesten der
Stadt konzentrieren, gab es auch Klagen
aus Spandau, wo beispielsweise 12-Meter-
Wagen anstelle von Doppeldeckern oder
Gelenkbussen eingesetzt wurden. Aus Marzahn-
Hellersdorf kamen Beschwerden über
„Schrottbusse“ auf der Linie 197. Das legt die
Vermutung nahe, dass alte Fahrzeuge, die
zwar betriebssicher sind, ansonsten aber
repariert oder abgestellt werden müssten,
zum Einsatz kamen, damit nicht noch mehr
Fahrten ausfallen.
Ähnlichkeiten zum S-Bahn-Chaos
Noch ist das alles nicht mit dem S-Bahn-Chaos
zu vergleichen – glücklicherweise. Dennoch,
ein Ansatz der die S-Bahn zum Absturz
brachte, wird auch hier sichtbar: Probleme
mit der Technik neuer Fahrzeuge gepaart
mit der Entscheidung, die Wirtschaftlichkeit
durch Personaleinsparungen in den Werkstätten
und beim Fahrbetrieb vermeintlich
zu optimieren.
Nicht nur die Betreiber, sondern auch
die Hersteller von Straßen- und Schienenfahrzeugen
tragen eine Mitverantwortung,
auch dann, wenn sie durch den Druck der
Betreiber beim Fahrzeugbau sparen müssen.
Doch ob nun der Hersteller oder der Betreiber
der Hauptverantwortliche ist, kann den
Fahrgästen letztlich egal sein. Für sie ist nur
wichtig, dass planmäßige Fahrten nicht ausfallen.
Allenfalls ein Unfall oder Unwetter
darf zu Ausfällen führen. In allen anderen
Fällen ist Ersatz zu gewährleisten, notfalls
durch Anmietung von Fahrzeugen oder vermehrte
Fremdvergabe. Auffällig ist übrigens,
dass genau im Problemzeitraum
überraschend alle noch vorhandenen
Doppeldeckbusse der Serien DN95 abgestellt
wurden. Ist das sinnvoll? Sicher, die
Wagen wurden 1995 gebaut, sind also nicht
gerade neu, allerdings gegenüber der
ebenfalls zu diesem Zeitpunkt ausgemusterten
Vorgängerserie D mit 15 Betriebsjahren
noch relativ jung. Zwar darf vermutet
werden, dass viel Geld nötig gewesen wäre,
um diese Fahrzeuge weiterhin zu erhalten.
Doch betriebswirtschaftlich sinnvoll
wäre das wohl nicht, denn eigentlich hat die
BVG genug neue Busse, um den Betrieb zu
gewährleisten – wenn sie denn alle fahren
könnten. Aber genau das gelang zuletzt
nicht mehr. Siehe obige Geschichte.
Falsche Prioritäten
Zurzeit wird es offensichtlich als das wirtschaftlich
kleinere Übel angesehen, wenn
bei Problemen eben einzelne Fahrten (oder
Linien) ausfallen. Doch das ist ein Denkfehler.
Wohin extremes Sparen führen kann, haben
die Fahrgäste beim Absturz der Berliner
S-Bahn erleben müssen. Liebe BVG, noch
ist es nicht zu spät: Erste Priorität allen Handelns
muss die sichere und fahrplanmäßige
Durchführung des Betriebsablaufes sein.
Das ist langfristig am wirtschaftlichsten.
Und dann kommt hoffentlich auch der 186er
wieder regelmäßig und pünktlich.
Offensichtlich als Konsequenz aus den
Wartungspannen ist BVG-Direktor Omnibus
Johannes Müller im April 2010 versetzt
worden. (kju) IGEB Stadtverkehr
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