Berlin

Maßnahmenpaket für mehr Sicherheit bei der BVG

Berlin verstärkt die Investitionen in die Sicherheit des Öffentlichen Personennahverkehrs, speziell bei der U-Bahn. Auf Initiative des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit haben Senat, BVG und Polizei sich dazu am 12. Mai 2011 auf ein Maßnahmenpakt verständigt, das von Wowereit in einer Pressekonferenz vorgestellt wurde.

Damit werden die bisherigen erheblichen Anstrengungen von Land, Polizei und BVG gegen Gewaltübergriffe – wie zum Beispiel Videoüberwachung mit über hundert Kameras und verstärkte Streifengänge – noch einmal ausgebaut. Das Maßnahmenpaket wird schnellstmöglich umgesetzt, einige Maßnahmen greifen schon ab sofort. Die zur Umsetzung notwendigen gesetzlichen und finanziellen Grundlagen werden kurzfristig geschaffen. Wowereit stellte aber auch klar, dass Ächtung von Gewalt und Vorbeugung vor Übergriffen eine zentrale Aufgabe der gesamten Gesellschaft bleiben.

Das Maßnahmenpaket hat ein Kostenvolumen von insgesamt rund 29 Millionen Euro. Vorgesehen sind im Einzelnen folgende Maßnahmen, von denen die ersten schon realisiert sind:

Seit dem 5. Mai werden gemeinsame Einsätze von Sicherheitsmitarbeitern der BVG und Polizeikräften in der Berliner U-Bahn durchgeführt. In einem abgestimmten Einsatzkonzept werden sowohl Schwerpunktbahnhöfe als auch Einsatzeinheiten festgelegt. Die Berliner Polizei setzt ab dem 12. Mai bis zu 60 Mitarbeiter im Rahmen eines zeitlich nicht begrenzten Schwerpunkteinsatzes täglich in der Zeit von 18 bis 6 Uhr zu Kontrollen auf kriminalitätsbelasteten U-Bahnhöfen ein.

Die Sicherheitsleitstelle der BVG ist rund um die Uhr besetzt. Durch die unmittelbare Nähe zu den Arbeitsplätzen der BVG-Sicherheitsmitarbeiter und des privaten Ordnungsdienstes ist ein schnelles Eingreifen gewährleistet. Bei Vorfällen auf U-Bahnhöfen wird ein direkter Eingriff aus der Sicherheitsleitstelle über die Bahnhofslautsprecher sichergestellt. Damit soll schnell die Möglichkeit geschaffen werden, bei der Eskalation von Gewalt auch durch Lautsprecheransagen zu reagieren, bis Sicherheitskräfte vor Ort sind.

Die bereits im U-Bahnhof Kottbusser Tor eingebaute moderne Videotechnik wird auf weiteren 20 zentralen Bahnhöfen zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich unter anderem um moderne, schwenk- und zoombare Kameras, die eine deutlich bessere und breitere Erfassung von Vorgängen erlauben. Diese Technik ermöglicht der Polizei, sich im Bedarfsfall in das BVG-Videosystem einzuschalten und Vorgänge auf den Bahnhöfen live zu verfolgen. Auf die Videoüberwachung wird auf den Bahnhöfen verstärkt und unübersehbar hingewiesen.

Folgende Bahnhöfe und U-Bahnlinien wurden dazu ausgewählt:

  • U 9 Rathaus Steglitz, Berliner Straße, Kurfürstendamm, Zoologischer Garten, Leopoldplatz, Osloer Straße
  • U 8 Schönleinstraße, Hermannplatz, Jannowitzbrücke, Alexanderplatz, Gesundbrunnen
  • U 7 Rathaus Spandau, Fehrbelliner Platz, Möckernbrücke, Johannisthaler Chaussee
  • U 6 Alt-Tegel, Friedrichstraße, Mehringdamm
  • U 5 Lichtenberg, Frankfurter Tor

Noch im Mai wird der Senat eine Gesetzesvorlage einbringen, damit auch in Berlin die bisher auf 24 Stunden begrenzte Aufzeichnungsdauer auf 48 Stunden ausgeweitet werden kann. Die BVG wird dann sofort entsprechende technische Voraussetzungen schaffen, zuerst auf den U-Bahnhöfen. Auch in den Fahrzeugen soll zukünftig eine Aufzeichnungsdauer von 48 Stunden garantiert sein.

Die Präsenz von Sicherheitspersonal im ÖPNV wird auf Dauer deutlich erhöht. Dazu werden die Voraussetzungen für den Einsatz von je 200 Polizeibeamten und 200 Sicherheitsmitarbeitern der BVG im Rahmen eines abgestimmten Sicherheitskonzepts geschaffen. Mit den dafür notwendigen Einstellungen wird zeitnah begonnen.

In einer gemeinsamen Sensibilisierungskampagne werden das Land Berlin, die Berliner Polizei und die BVG gemeinsam zu mehr Respekt, Zivilcourage und Achtsamkeit aufrufen.

Bei allen Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an U-Bahnhöfen werden neben Parametern wie mehr Helligkeit und die Schaffung von nischenfreien Räumen immer auch die neuesten Erkenntnisse der Sicherheitstechnik umgesetzt.

In allen Fahrzeugen setzt die BVG moderne Sicherheitstechnik ein

Das Land Berlin unterstützt die Bezirke bei den Projekten zur städtebaulichen Kriminalprävention im Umfeld von U-Bahnhöfen. Die BVG und Polizei sind eingebunden und unterstützen aktiv.

Im Rahmen einer am 15./16. September 2011 bei der BVG stattfindenden Sicherheitskonferenz der weltweit größten ÖPNVUnternehmen wird ein Erfahrungsaustausch stattfinden. Hierbei wird aktiv geprüft, inwieweit andere Metropolen über auf Berlin übertragenswerte Sicherheitskonzepte und -methoden verfügen.

Kommentar der IGEB:

Die in letzter Zeit gehäuften Meldungen über Gewalttaten auf Berliner Bahnhöfen können zur Meidung des öffentlichen Verkehrs führen, auch wenn rein statistisch die Gefahr vom Auto angefahren zu werden, deutlich höher ist als Gewaltopfer im ÖPNV zu werden. Seit Abzug der Aufsichten von den U-Bahnhöfen und Reduzierung der Aufsichten auf den S-Bahnhöfen fordert der Fahrgastverband IGEB immer wieder: Mehr Personal auf die Bahnhöfe und in die Züge!

Jetzt ist die Berliner Politik durch die tragischen Ereignisse endlich aufgewacht, und der Regierende Bürgermeister hat das Thema zur Chefsache gemacht. Dass er dabei natürlich auch die bevorstehenden Wahlen im Blick hatte, darf hier mal vernachlässigt werden. Entscheidend ist, dass mit dem vermehrten Personaleinsatz und der Rückkehr der Polizei auf die U-Bahnhöfe ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht wird. Eine Videokamera kann Vorfälle zwar filmen und hinterher die Täterverfolgung erleichtern, aber sie kann nicht eingreifen, und der Abschreckungseffekt für gewaltbereite, insbesondere betrunkene Personen ist begrenzt. Dennoch ist auch der Vorstoß für eine 48-Stunden-Videoaufzeichnung, wie bei der Deutschen Bahn bereits praktiziert, zu begrüßen.

Gut ist auch, dass mit dem jetzt vorgestellten Konzept die Idee, einen „Sicherheitszuschlag“ von bis zu 30 Cent auf jede Fahrkarte zu erheben, um damit Sicherheitsmaßnahmen zu finanzieren, vom Tisch ist. Dann könnte man auch einen Zuschlag erheben für Sauberkeit, Pünktlichkeit oder Feiertagsverkehr, weil die Personalkosten an diesen Tagen durch Feiertagszuschläge höher sind. Bezeichnend ist, dass diese Diskussion nur für den öffentlichen Verkehr geführt wurde. Verkehrspolizisten, Verkehrsampeln, Leitplanken und vieles mehr zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr gibt es schließlich auch zuschlagfrei.

Presse- und Informationsamt des Landes Berlin

aus SIGNAL 2/2011 (Juni 2011), Seite 14

 

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