Bei dern Wort “Stadtökologie” verdrehen viele Bürger die Augen, weil
sie befürchten, daß romantische Zukunftsträumer Berlin zu einer
Naturoase degradieren wollen (“Wat'n, Berlin is
doch keen Dorf nich”). Aber darum
geht es nicht. Es geht vielmehr darum,
daß nach der Öffnung der Mauer für
Berlin eine Entwicklung wieder einsetzt, die für die Stadt schon
immer kennzeichnend war: Berlin wird wieder
zu einer Einwandererstadt. Die Zuwanderung wird aus mehreren Quellen
resultieren:
- Im Berliner Umland, das heute noch
weitgehend landwirtschaftlich geprägt
ist, setzt eine Landflucht ein.
- Das Wohlstandsgefälle zwischen der
DDR und Berlin zieht viele Leute hierher.
- Aus Osteuropa werden viele Aussiedler hier in Berlin Zuflucht
suchen.
Damit wird Berlin wieder zu einer Metropole von gleichem Rang wie
London
oder Paris. Im Unterschied zu der Zeit
vor dem Kriege wird aber gleichzeitig
die Motorisierung stark zunehmen,
denn bei vielen DDR-Bürgern ist der
Drang, ein Auto zu besitzen, sehr groß.
Da das Umland jetzt ohne weiteres zu
erreichen ist und sogar für die Besiedelung wieder frei wird,
werden Verkehrsverbindungen gebraucht. Mit der
Politik des Herrn Zimmermann wird
einseitig der Individualverkehr Weiter
ausgebaut. Das bedeutet, daß die Pendlerströme die Straßen
hoffnungslos verstopfen werden.
Neben den Nachteilen des Energieverbrauchs, der Luftbelastung und
dem Platzverbrauch des stehenden Verkehrs
werden neue Straßenzüge die Landschaft zerschneiden und wertvolle
Naturgebiete zerstören. Gerade weil Berlin eine Großstadt besonderen
Ausmaßes ist, braucht Berlin ein grünes Umland. Dieses sorgt für
einen Luftaustausch und dient uns als Naherholungsgebiet.
Um dieses zu erhalten bzw. zu bewahren, muß eine Verkehrspolitik
betrieben werden, die das Schwergewicht auf
den Ausbau des S-Bahn-Verkehrs legt.
Das bietet sich an, weil Berlin schon
vor dem Kriege ein beispielhaftes Ring- und Radialnetz aufgebaut
hatte. Bei der
Verkehrsplanung für Groß-Berlin müssen vorhandene Trassen für den
S-Bahn-Bau freigehalten werden, da die
Reaktivierung bzw. Erweiterung des
Netzes sicher 10 bis 15 Jahre in Anspruch nehmen wird. Die Kosten
für
einen umfassenden Ausbau des S-Bahn-Netzes sind zwar zugegebenermaßen
beträchtlich, lohnen sich aber
unserer Meinung nach volkswirtschaftlich. Denn die Folgekosten
des Individualverkehrs, also Luftverschmutzung
Platzverbrauch, Kohlendioxid-Erzeugung (= Treibhauseffekt) und
Lärmbelästigung sind noch weitaus größer.
Eine Verkehrspolitik für Berlin muß als
gestalterische Aufgabe verstanden werden und nicht
als Kapitulation vor
(selbstgeschaffenen) Sachzwängen. Nur
so kann Berlin zu einer lebenswerten,
ökologisch orientierten Großstadt des
21. Jahrhunderts werden.
*
Die IGEB ist parteiunabhängig und vertritt die Fahrgastinteressen
über alle Parteigrenzen hinweg. Deshalb haben wir,
anknüpfend an einen Meinungsaustausch mit dem
Berliner Arbeitskreis der
ÖDP im Frühjahr, die Parteienvertreter
gebeten, ihre Position auch einmal den
SIGNAL-Lesern vorzustellen.
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
Arbeitskreis Verkehr im Landesverband Berlin
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