Aktuell

25 Jahre IGEB

Eine Lobby für die Berliner Fahrgäste

Am 3. Juli 1980 wurde der Berliner Fahrgastverband IGEB gegründet. Doch weil der 25. Jahrestag mitten in den Sommerferien lag, gab es im Juli zunächst die Sonderfahrt für Mitglieder und enge Freunde (s. Signal 4/2005 ). Größer war der Kreis der Geladenen dann zu einer Festveranstaltung am 4. Oktober im Fahrgastzentrum Berlin im S-Bahnhof Jannowitzbrücke.

Die Unzufriedenheit mit dem Bahnangebot zwischen West-Berlin und Westdeutschland veranlasste einige Bahnreisende, im Sommer 1980 die „Interessengemeinschaft Eisenbahn Berlin (IGEB)" zu gründen. Als dann im September 1980 die Reichsbahner in West-Berlin streikten und anschließend die Hälfte des S-Bahnnetzes in West-Berlin stillgelegt wurde, entwickelte sich aus der Interessengemeinschaft Eisenbahn schon bald der „Berliner Fahrgastverband IGEB" Es war eine Zeit, in der das jahrelange Leitbild der autogerechten Stadt immer öfter in Frage gestellt wurde und in der sich in vielen westdeutschen Städten Bürgerinnen und Bürger erstmals gegen Autobahnen und für Bahnen und Busse engagierten.

VCD, PRO BAHN und DBV zu Gast

Gäste
Einst ausgegrenzt konnte der Berliner Fahrgastverband IGEB zum 25. Geburtstag viel Prominenz begrüßen. Foto: Raul Stoll

Der Berliner Fahrgastverband IGEB, der wohl älteste noch heute aktive Fahrgastverband in Deutschland, blieb eine lokale Institution, erst für West-Berlin, ab 1990 dann für ganz Berlin. Aber stets waren auch IGEB-Mitglieder direkt oder indirekt beteiligt, als sich die überregionalen Fahrgastverbände Verkehrsclub Deutschland (VCD), PRO BAHN und Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) gründeten. Deshalb war es für den Berliner Fahrgastverband IGEB eine besondere Freude, zur Feier seines 25. Geburtstags den IGEB-Gründungsvorsitzenden und heutigen DBV-Präsidenten Gerhard J. Curth, den VCD-Bundesvorsitzenden Michael Gehrmann und den stellvertretenden PRO BAHN-Bundesvorsitzenden Stefan Jugelt als Redner begrüßen zu können.

In den ersten Jahren wurde die IGEB-Arbeit bei Politik und Verkehrsunternehmen vielfach kritisch gesehen. Nur wenige erkannten in den Fahrgastvertretern eine wichtige Lobby für den öffentlichen Nahverkehr. Für viele waren die Fahrgastvertreter Nörgler und Störer, die man mied oder gar ausgrenzte. Hinzu kam, dass Verkehrspolitik in West-Berlin immer auch große Ost-West-Politik war. So unterlagen viele verkehrspolitische Entscheidungen einer der Militärpolitik vergleichbaren Geheimhaltung. Der IGEB-Einsatz für die S-Bahn und gegen fragwürdige, extrem teure U-Bahn-Projekte wurde zuweilen zum Politikum.

Aber auch im wiedervereinigten Berlin Anfang der 1990er Jahre gab es fundamentale Auseinandersetzungen, als die alte Garde aus West-Berlin, die seit 1961 keinen Eisenbahn-Regionalverkehr und seit 1967 keine Straßenbahn mehr kannte, sich nun plötzlich mit diesen „neuen" Verkehrsmitteln konfrontiert sah. Dass das Ost-Berliner Straßenbahnnetz - mit wenigen Ausnahmen - nicht zurückgebaut, sondern saniert und - leider viel zu langsam - ausgebaut wurde, musste hart erkämpft werden.

Senatorin Junge-Reyer dankt für IGEB-Arbeit

Podium
Festrednerin Ingeborg Junge-Reyer, Senatorin für Stadtentwicklung, im Fahrgastzentrum Berlin. Foto: Raul Stoll

Nur wer diese beiden Jahrzehnte Ende des 20. Jahrhunderts erlebt hat, kann heute ermessen, welche Besonderheit es ist, dass zur 25-Jahre-Feier des Berliner Fahrgastverbandes IGEB die Festrede von der Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und derzeitigen Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz, Frau Ingeborg Junge-Reyer, gehalten wurde und dass sie Glückwünsche des Regierenden Bürgermeisters und des Berliner Senats übermittelte und dem Fahrgastverband für seine engagierte kritische Arbeit ausdrücklich dankte.

Auch Jürgen Illing, beim DB-Vorstandsmitglied Klaus Daubertshäuser zuständig für politische Beziehungen, gratulierte im Namen des größten deutschen Verkehrsunternehmens und übermittelte Grüße vom Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn.

Tschepe mit Geschenk
Über das Geschenk von U-Bahn-Direktor Hans-Christian Kaiser, ein U-Bahn-Modell (HK), freute sich der IGEB-Vorsitzende Christfried Tschepe besonders. Foto: Raul Stoll

Zwei freundschaftliche, ja persönliche Grußworte rundeten einen gelungenen Abend ab, zum einen von Michael Cramer, langjähriger verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus und heute Mitglied des Europäischen Parlaments, und zum anderen von Alexander Kaczmarek, seit zehn Jahren verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Er würdigte, dass die umfangreiche IGEB-Arbeit in der Freizeit der Mitglieder ehrenamtlich geleistet wird. Der Fahrgastverband habe sich um das Land Berlin verdient gemacht.

Im Duden fehlt „Fahrgastverband" - noch

Im Duden gibt es das Wort „Fahrgastverband" noch immer nicht, aber jede Internet-Suchmaschine bietet eine Vielzahl von Fundstellen an. Vor 25 Jahren, als der Berliner Fahrgastverband IGEB gegründet wurde, gab es weder eine Institution, die sich so bezeichnete, noch war der Begriff überhaupt bekannt. Dass heute Fahrgastverbände ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft geworden sind und dass ihre Arbeit, nicht zuletzt dank wohlgesinnter Journalisten, ein breites Echo findet, daran hat der Berliner Fahrgastverband IGEB sicher einen nicht geringen Anteil.

IGEB

aus SIGNAL 5/2005 (Oktober/November 2005), Seite 4

 

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