Thüringen

Autobahn contra Oberlandbahn

Großes Interesse am Bürgerforum in Ziegenrück

Im Rahmen der 22. Schienenverkehrs-Wochen fand in Thüringen am 19. September in Ziegenrück ein Bürgerforum zu Fragen der Oberlandbahn (Triptis—Unterlemnitz) statt. Überraschend war das große Interesse der Einwohner an ihrer Eisenbahn. Der Sitzungssaal platzte aus allen Nähten. Immerhin rund 50 Besucher waren aus dem kleinen Städtchen Ziegenrück und der Umgebung zum Forum gekommen.

Anwesend waren der 1. Beigeordnete des Landrates des Saale-Orla-Kreises, ein Vertreter der Firma Klausner Holz und die Bürgermeister der umliegenden Gemeinden und der Gemeinde Ziegenrück sowie Herr Curth als Vertreter der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE).

Die Strecke ist nun seit etwa einem Jahr im Verantwortungsbereich der DRE. Sie wurde von der Deutschen Bahn AG gepachtet - mit Option zur Übernahme durch Kauf der Strecke. In der Diskussion müssten dann einige Unklarheiten beseitigt werden. Viele Teilnehmer hatten immer noch die Vorstellung im Kopf, dass nur die DB AG den Betrieb durchführen könne. Die Strecke könnte aber von jedem zugelassenen Eisenbahnverkehrsunternehmen befahren werden. Die DRE tritt als Infrastrukturunternehmen auf, das die Befahrbarkeit und Sicherheit der Strecke gewährleisten muss.

Karte
Die Oberlandbahn von Triptis nach Unterlemnitz ist seit 1998 ohne Personenverkehr. Abbildung: DB-Kursbuchkarte 1996

Da die DRE bei manchen Anwesenden noch nicht bekannt war, wurde die Entwicklung der Strecke sehr pessimistisch beurteilt. Schließlich brauche man viele Fachkräfte, die die Infrastruktur (Oberbau, Sicherungsanlagen, Brücken) beurteilen und instandsetzen könnten. Herr Curth führte aus, dass die DRE durchaus über Fachkräfte verfügt und eine Beurteilung der Infrastruktur im eigenen Unternehmen bzw. durch beauftragte Dritte erfolgen kann. Dafür gebe es schon mehrere erfolgreiche Beispiele.

Weiterhin wurde die Befürchtung geäußert, dass durch den Neubau der Brücke über die Autobahn A9 die ganzen Bemühungen um diese Strecke sinnlos wären. Dabei verwies Herr Curth auf ähnliche Fälle, bei denen es zwischen der Straßenbaubehörde und der Deutschen Regionaleisenbahn Übereinkünfte gebe, dass die Kosten für den Neubau der Brücke vom Bund getragen würden. Das müsse aber jetzt verhandelt werden, da sonst die DRE nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz einen nicht unerheblichen Anteil an den Kosten tragen müsste.

Die anwesenden Vertreter der Wirtschaft und die Bürgermeister der Gemeinden sprachen sich für eine Reaktivierung der Strecke aus. Viel Zustimmung und die Hoffnung auf eine Aufnahme des Personenverkehrs kamen von den anwesenden Bürgern, vor allem der Gemeinde Ziegenrück. Die Bürger der Gemeinde beklagten vor allem die schlechte Erreichbarkeit ihres Ortes. Zugleich hoffen sie, durch eine Verbesserung des ÖPNV den sanften Tourismus forcieren zu können. Leider müssten die Hoffnungen auf eine baldige Aufnahme des Personenverkehrs gedämpft werden, da eine Bestellung durch das Land Thüringen nach mehrmaliger Absage nicht zu erwarten ist. Dennoch sind die Chancen für eine Reaktivierung der Strecke nicht schlecht, weil die ortsansässige Industrie mehr Güter mit der Bahn befördern will. Damit würden die Voraussetzungen für die Aufnahme von Sonderverkehren für die touristische Erschließung geschaffen.

Zum Schluss waren sich die anwesenden Bürgermeister darüber einig, die Arbeitsgruppe Oberlandbahn neu zu gründen, um einen baldigen Fortschritt zu ermöglichen. Die Gemeinden waren auch bereit, bestimmte Dienstleistungen, zum Beispiel den Grünschnitt, kostenlos zu erbringen. Nächstes Jahr ist zum Stadtjubiläum von Auma eine Sonderfahrt fest eingeplant.

Thüringer Bahnkunden-Verband

aus SIGNAL 6/2005 (Dezember 2005/Januar 2006), Seite 20

 

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