Aus den Verbänden

Streit um Fahrgastrechte schadet der Sache

Meist waren sich die Fahrgastverbände in der Sache stets einig. Doch die Fahrgastrechte haben hier eine Kluft aufgetan. Während sich ProBahn und auch der VCD darin einig sind, die von EU und Bundesregierung vorgesehenen Rechte der Fahrgäste insbesondere bei Zugverspätungen und -ausfällen noch übertrumpfen zu wollen, attackiert ProBahn nunmehr den Deutschen Bahnkunden-Verband.

Der DBV hat in seiner Bewertung der Fahrgastrechte, die selbstverständlich auch durch ihn begrüßt werden, auf die Gefahren für den Bahnkunden hingewiesen. So äußerte der DBV die Befürchtung, dass übertriebene Sanktionen gegen die Bahnen zum Bumerang für die Fahrgäste werden könnten. Die DB hat bereit; argekündigt, die Maluszahlungen auf die Fahrpreise umzulegen.

Auf seinem Bundesverbandstag am 13. Mai in Mainz hat der DBV nach mehrstündiger Diskussion seine entsprechende differenzierte Position zu den Fahrgastrechten beschlossen. ProBahn diffamiert in der jüngsten Ausgabe (3/2006) seine Zeitschrift „Der Fahrgast" diese Entsche als persönliche Unterstützung von Gerhard J. Curth für die DB und verlässt so in einer wichtigen Auseinandersetzung um die Sache jegliches Niveau. Die berufliche Tätigkeit Curths als Geschäftsführer der Deutschen Regionaleisenbahn und das ehrenamtliche Wirken als DBV-Präsident werden in einen völlig unsinnigen Zusammenhang gestellt. Einerseits ehrt uns die Feststellung, dass die DRE der größte Aufkäufer von stillegungsgefährdeten Strecken ist, anderseits stellt sich die Frage, inwieweit die DRE als eines der größten Eisenbahninfrastrukturunternehmen von den Auswirkungen der Fahrgastrechte betroffen sein sollte.

Die DRE, die bis 2005 dem DBV gehörte, ist keine „Wettbewerbsbahn"; insofern wollte der Autor nur einen Beigeschmack zur Arbeit des DBV herstellen. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass nicht wenige ProBahn-Regionalgruppen mit ihren Wünschen nach Streckenerhalt an den DBV herantreten, weil dieses Gebiet in Ihrem Verband fast verpönt ist. Der DBV ist stolz darauf, in seiner neunjährigen Beteiligung an der DRE nunmehr die Probleme der „Anderen Seite" gut genug kennen gelernt zu haben, um realistische Forderungen aufzustellen. Aber überall dort, wo die DBV-Forderungen nicht umgesetzt werden, wird der DBV nötigenfalls zur Selbsthilfe greifen. Die DRE, BürgerBahnen oder ReiseStationen sind Produkte dieser Arbeit.

Es trifft zu, dass sich Gerhard J. Curth am 8. Mai zu einem einstündigen Gespräch mit Dr. Karl-Friedrich Rausch, DB-Vorstand Personenverkehr, getroffen hat, um über die Fahrgastrechte und den Börsengang der DB zu diskutieren. Selbstverständlich ging es auch darum, dass kleine Eisenbahnen z.B. bei einem Totalausfall nur eines Zuges nach Auszahlung der Malusbeträge im Rahmen der Fahrgastrechte zum Amtsgericht gehen könnten. Es ist nach unserer Auffassung keine Schande, wenn sich verantwortungsbewusste Interessenvertreter in die Situation des fachlichen Kontrahenten hineinversetzen und das bei der Formulierung ihrer Positionen berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund mögen die Fahrgäste selbst entscheiden, welche Art der Interessenvertretung sie bevorzugen und in welchem Verband sie sich eher organisieren möchten.

Deutscher Bahnkunden-Verband

aus SIGNAL 4/2006 (August/September 2006), Seite 31

 

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