Gut besucht war der Sprechtag für die BVG-Busfahrgäste am 24. September 2013 im
Bahnhof Lichtenberg. Den Fragen des Publikums stellten sich BVG-Unternehmensbereichsleiter
Omnibus Martin Koller, der Leiter Betriebsmanagement Hartmut Reupke
und dieses Jahr gewissermaßen als Gast Helmut Graetz, der innerbetrieblich in
den Bereich strategische Produktentwicklung gewechselt hat. Als Abteilungsleiter
im Bereich Bus hat Herr Graetz viele Jahre bei den Fahrgastsprechtagen als kompetenter
Ansprechpartner für die Fahrgäste fungiert und ist im Publikum und bei der
IGEB hoch geschätzt. Moderiert wurde die Veranstaltung wie in den Vorjahren vom
IGEB-Abteilungsleiter Artur Frenzel.
Elektromobilität
Einführend berichtete Martin Koller über die
Teilnahme der BVG an einem Langzeittest
über 8 Jahre zur E-Mobilität. Fünf Busse für
einen mehr als doppelt so hohen Anschaffungspreis
werden ab Ende 2014 auf der
Linie 192 zwischen S-Bahnhof Friedrichsfelde
Ost und S-Bahnhof Marzahn elektrisch
fahren. Den Strom erhalten sie über Induktionsschleifen,
die an den Endstellen und im
Betriebshof Lichtenberg im Fahrbahnboden
installiert werden. Während der Standzeiten
werden darüber die Batterien für die gesamte
Einsatzzeit geladen. Der Langzeittest wird
über die Alltagstauglichkeit eines solchen
Systems entscheiden.
Neue Fähren
Im Bereich Fähren, für die bei der BVG der
Busbereich zuständig ist, erfolgte eine Neuausschreibung
der Linien. Künftig wird im
Ostteil der Stadt die Weiße Flotte Stralsund
mit neuen Elektroschiff en, die ihren Strom
über Sonnenkollektoren auf dem Dach beziehen,
das Angebot bestreiten. Unklar ist
einzig der Weiterbetrieb der Ruderfähre F 24
in Rahnsdorf.
Die F 10 zwischen Wannsee und Kladow
wird weiterhin durch die Berliner Stern- und
Kreisschiff fahrt betrieben. Auch hier kommt
ein neues Schiff zum Einsatz, das neben dem
Elektroantrieb auch mit Dieselmotoren und
mit mehr Fahrradstellplätzen ausgestattet ist.
Neue Gelenkbusse
Für 2014 ist die Ausschreibung von 72 Gelenkbussen
mit Euro-6-Motoren sowie von
210 Standard-Eindeckern erfolgt. Neubeschaffungen bei Doppeldeckern wird es
kurzfristig nicht geben. Ein Nachkauf der
laufenden 3-Achser „Lion´s City” ist nicht
geplant, weil die Betriebskosten über dem
zuvor kalkulierten Rahmen liegen.
Da die Busse selten voll ausgelastet sind
und die hintere Treppe relativ wenig genutzt
wird, erwägt man für die Zukunft die Rückkehr
zu kürzeren 2-Achsern. Als Projektidee
sind Fahrzeuge wie in England, mit nur einer
Treppe, im Gespräch. Als Fahrgast wundert
man sich über diesen Sinneswandel, denn
in den 1980er Jahren wechselte die BVG zur
Beschaffung von Bussen mit zwei Treppen,
was sich durchaus bewährt hat.
Kurzfristig wurden bereits 32 gebrauchte
niederländische Busse für stetig wachsende
Ersatzverkehrsleistungen (SEV) angeschafft,
die zwischenzeitlich wieder abgestellt wurden.
Aktuell kein Fahrzeugmangel
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72 Gelenkbusse und 210 Standard-Eindecker will die BVG 2014 ausschreiben. Wenn später auch neue Doppeldecker benötigt werden, will die BVG kürzere, nur noch 2-achsige Doppeldecker anschaffen, eventuell mit nur einer Treppe. Foto: Marc Heller |
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Im Durchschnitt ist die Anzahl der Fahrzeuge
für die notwendigen Fahrleistungen
ausreichend. Fahrtausfälle wegen Fahrzeugmangel
gehören der Vergangenheit an. Hoffentlich
bleibt es dabei! Der oben erwähnte
Gebrauchtkauf zeigt aber einmal mehr, dass
die Bemessung der notwendigen Reserve
nicht nur den Betriebswirten mit ihrem
Durchschnittswerte-Denken überlassen
bleiben darf.
Hartmut Reupke, der im Februar 2013 die
Aufgaben von Helmut Graetz übernommen
hat, schilderte zunächst seinen betrieblichen
Werdegang in der BVG. Als Chef der
zentralen Leitstelle für Großveranstaltungen
hat er große Erfahrung mit der aufwendigen
Abwicklung von Sonderverkehren, die teilweise
700 zusätzliche Planungsstunden für
den geänderten Betriebsablauf erfordern.
Die immer stärker zunehmende Anzahl von
Veranstaltungen, Demonstrationen und
ähnlichem sind extreme Belastungen sowohl
für die BVG als auch für die Fahrgäste,
die oft erhebliche Einschränkungen hinnehmen
müssen.
Auch durch die starke Zunahme von Baustellen
im Stadtgebiet wird der Betriebsablauf
bei Bus und Straßenbahn erheblich
beeinträchtigt. Die Pünktlichkeit hat sich
nach einer Erholungsphase ab 2012 massiv
verschlechtert.
Seinen Arbeitsschwerpunkt sieht Herr
Reupke daher in der Verbesserung von
Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Anschluss-Sicherung.
Lebhafte Fragerunde
In der sich anschließenden Publikumsfragerunde
wurden die Belüftung und das extreme
Beschlagen der Scheiben, besonders bei
den Doppeldeckern, heftig kritisiert. Herr
Koller bestätigte ein nach wie vor bestehendes
Problem bei der Funktion der Klimaanlagen.
Man arbeite gemeinsam mit den Herstellern
an einer Lösung des Problems. Neue
Steuerungselemente sollen helfen.
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M 44 an seiner derzeitigen Endstelle am S- und U-Bf Neukölln – statt Hermannplatz. Somit gibt es während der Bauarbeiten an der U 8-Süd voraussichtlich noch bis zum Sommer 2014 im Umfeld der Hermannstraße nur ein unzureichendes Angebot mit der Linie 344 im 15-Minuten-Takt. Foto: Marc Heller |
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Kritisiert wurden die 15-Minuten-Taktfolge
beim U 8-Ersatzverkehr der Linie 344 auf
dem Streckenabschnitt zwischen Hermannplatz
und Hermannstraße und sehr weite
Fußwege für Fahrgäste z. B. aus dem Bereich
Oderstraße bis zu den Bahnhöfen der U 7 in
der Karl-Marx-Straße. Die U 8 bediente diesen
Abschnitt bis zu den Baumaßnahmen
alle 5 Minuten. In der Antwort wurde darauf
verwiesen, dass der 344er nur als ein
Ersatzangebot für mobilitätseingeschränkte
Personen zu betrachten sei. Auf Grund
des starken Verkehrs in der Hermannstraße
wollte man den M 44 keinesfalls bis zum
Hermannplatz durchbinden, um die Fahrplanstabilität
nicht zu gefährden. Diese Linie
wurde ersatzweise zum S- und U-Bahnhof
Neukölln geführt, so dass eine Umfahrungsmöglichkeit
des gesperrten Abschnitts
durch die U 7 besteht. Die bemängelte Fahrplanlücke
zwischen den Linien 344 und N8
in Tagesrandlage soll aber nach der Kritik
geschlossen werden.
Hier muss auch der Bereich U-Bahn kritisiert
werden, der eine mindestens 8-monatige
Sperrung ohne ein allgemeines Ersatzangebot
plante und damit auch noch beim
zuständigen Senator durchkam!
Beschwerden und Anregungen gab es
auch zu nicht funktionierenden Daisy-Anzeigern
sowie zur Lage und Ausstattung von
Haltestellen und Wartehallen.
Herr Koller bestätigte, dass der behindertengerechte
Umbau von Haltestellen aus
einbehaltenen S-Bahn-Mitteln vorangeht.
Die Lage des Wartehäuschens zur Haltestelle
kann nur mit Zustimmung des Bezirks
verändert werden, daher ist (vor allem nach
Haltestellenverlegungen) ein optimaler Zustand
nicht immer möglich.
Auf den Wunsch, die Fahrplanaushänge
grundsätzlich in der beleuchteten Wartehalle
unterzubringen, anstatt am Haltestellenmast,
erläuterte Herr Graetz, dass
die Größe der Vitrinen in den Wartehallen
so ausgelegt ist, dass neben dem Netzplanausschnitt
maximal zwei Linienfahrpläne
angebracht werden können. Verkehren
an dieser Haltestelle mehr als zwei Linien,
sind die Fahrplanaushänge aus Platzgründen
generell am Mast angebracht. Bei der
Neuausschreibung von Wartehallen wird
künftig eine größere Vitrine gefordert, um
mehr Fahrplantabellen unter Dach aushängen
zu können.
Die Kritik über nicht funktionierende neu
aufgestellte Daisy-Anzeiger ist berechtigt.
In der Ansteuerung gibt es ein technisches
Problem zwischen den alten und den neuen
Anzeigern. Man arbeite daran, versicherte
die BVG.
Kopfhörer für Busfahrer verboten
Ein Zuhörer fühlte sich verunsichert durch
eine betont lässige Fahrweise einzelner Busfahrer,
die z. B. mit nur einer Hand am Lenkrad,
die andere am Kassentisch, schwungvoll
die Kurve durchfahren und sich eventuell
noch mit angelegten Kopfhörern von ihrer
eigentlichen Tätigkeit ablenken lassen. Herr
Graetz betonte, dass alle Busfahrer ein sicheres
Fahrgefühl vermitteln sollen, daher sollten
generell beide Hände am Lenkrad sein.
Kopfhörer sind verboten.
Neben der immer wiederkehrenden Frage
nach dem Vordereinstiegszwang wurde
auch nach der Zulässigkeit des Vorderausstiegs
sowie sich nicht schließender Mitteltüren
bei Fahrgastandrang gefragt. Durch
den Vordereinstieg mit Fahrkartenverkauf
wird ein Erlös von über 50 Mio. Euro pro
Jahr erzielt, auf dieses Geld kann die BVG
nicht verzichten. Fahrkartenautomaten in
den Bussen, wie z. B. in Potsdam, werden
auf Grund der Kosten bei der Größe des
Fuhrparks und aus Platzgründen abgelehnt.
Schon jetzt sinkt die Sitzplatzkapazität der
Busse ständig, Automaten würden weitere
Sitzplätze vernichten. Ein Ausstieg an der
Vordertür ist grundsätzlich möglich, wird
jedoch nicht propagiert, um möglichst viele
Fahrgäste zum Ausstieg an der Mittel- und
Hintertür zu bewegen und dadurch einen
gewissen Fahrgastfluss zu erreichen.
Um das bei Doppeldeckern oft auftretende
Problem der nicht schließenden Mitteltür
bei Fahrgastandrang zu beheben, soll
die Türsteuerung verändert werden. Ein
näheres Verweilen an der noch geöffneten
Tür soll dann bis zu einem gewissen Sicherheitsabstand
möglich werden. Bei Neufahrzeugen
wird der Türschließvorgang künftig
wie bei der Tram durch ein rotes Blinklicht an
den Türen angezeigt.
Umrüstung auf neues RBL-System
Fragen nach Informationsdefiziten bei den
Fahrzeuginnenanzeigen wurden mit Hinweis
auf die 2014 bevorstehende Umrüstung
auf das neue RBL-System (nicht) beantwortet.
Die Innenanzeigen in den Fahrzeugen sollen
nach dem Straßenbahn-Vorbild funktionieren,
sobald neue Bordrechner und die Software
installiert sind. Auch der Verbund mit
den Systemen der Umlandbetriebe und die
Anzeige von deren Abfahrten auf den BVG-Anzeigern
sollen dann möglich werden.
Die gesamte Diskussionsrunde ist hier
natürlich nur auszugsweise wiedergegeben.
Erfrischend waren sowohl die durch Sachkunde
geprägten Fragen aus dem Publikum
als auch die gleichermaßen kompetenten
Antworten von Martin Koller, Hartmut Reupke
und Helmut Graetz. Mit Beifall ging der
Abend zu Ende. (KJU)
Die Folien des Vortrags gibt es unter
www.igeb.org/svw-vortraege.html IGEB Stadtverkehr
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