Außerordentlich gut besucht war am 30. September der Sprechtag
für Straßenbahn-Fahrgäste im Rahmen der Schienenverkehrs-Wochen 2013.
Das beweist, dass dieses
Verkehrsmittel von den Nutzern geschätzt wird und Interesse weckt.
Leider kontrastiert das etwas mit der Haltung
der bei der BVG für die Straßenbahn Verantwortlichen,
die das bestehende System zwar
verwalten und in Schuss halten, sich aber
ansonsten jeglicher Visionen und Pläne enthalten.
Vom Publikum häufig gestellte Fragen
nach neuen Strecken wurden stereotyp
mit „Das entscheiden wir nicht!“, „Dafür ist
der Senat zuständig!“, „Wir fahren nur, was
bestellt (und bezahlt) wird!“ beantwortet,
was schlicht enttäuschend ist. Auch wenn
es natürlich stimmt, dass der Senat Herr über
Infrastruktur, Stilllegungs- und Ausbaupläne
bei der Straßenbahn ist, so könnte doch der
Unternehmensbereich unter Leitung von
Klaus-Dietrich Matschke im eigenen Interesse
deutlich mehr Lobbyarbeit für Netzausbau
und Leistungssteigerung des Systems betreiben.
Auch spricht nichts dagegen, realistische
Pläne in der Schublade zu haben, mit denen
man immer wieder bei Senat und Bezirken
hausieren gehen könnte. Bremsende Gegner
der Straßenbahn gibt es in den Verwaltungen
und in der Landespolitik schließlich genug.
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Die GT6-Doppeltraktionen, wie hier auf der M 6 am S-Bahnhof Marzahn, stellen eine für Berlin geeignete Fahrzeuggröße mit angemessener Fahrgastkapazität dar. Doch diese sinnvolle Traktion verbaut man sich an immer mehr Haltestellen durch verkürzte Bahnsteige. Dabei wären GT6-Doppeltraktionen auf vielen Metrolinien mehr als nötig. Foto: Holger Mertens |
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Wenigstens gibt es bei den Maßnahmen
zur Erhaltung des Betriebsbestandes Erfreuliches
zu vermelden. So läuft die Beschaffung
der Züge vom Typ Flexity jetzt sehr kontinuierlich:
Alle zwei Wochen erreicht Berlin ein
neuer Zweirichtungs-Flexity für den Fahrgasteinsatz,
zuerst in der kurzen Version, ab
Dezember 2013 sind es lange Flexitys F8Z.
Da ein Auftrag zur Beschaffung zeitgemäßer
Ticketautomaten durch die BVG erst jetzt
ausgelöst werden konnte, erhalten auch die
modernsten Züge des Unternehmens vorerst
die Uraltgeräte aus den frühen 1990ern mit
allen Defiziten dieser Generation.
Am Ende des Beschaffungsprogramms
wird die Berliner Straßenbahn über 142 neue
Flexitys und 150 mindestens fünfzehn Jahre
alte GT6N verfügen, von denen ein Teil einem
Modernisierungsprogramm (zu GT6U) unterzogen
werden soll. Einsatzgebiete der verschiedenen
Flexity-Baureihen werden vorwiegend
die Metrolinien sein. Für den Rest
des Netzes – und hier ist insbesondere Köpenick
betroffen – bleibt es bis zur Beschaffung
eines Flexity-Nachfolgers bei den GT6N. Das
lässt sich vor allem mit den Fahrgastzahlen
begründen, bedeutet aber eingeschränkten
Komfort auf dem Niveau der frühen 1990er.
Die BVG hoff t, bereits ab 2016 auf die Tatras
weitgehend verzichten zu können. Das und die
beabsichtigte Aufgabe von GT6-Doppeltraktionen
(zurzeit gelegentlich auf der M 4 und planmäßig
auf der M 6) dürfte allerdings angesichts
der berlinweit steigenden Fahrgastzahlen zu
heftigen Protesten auf den betroffenen Linien
führen. Es ist klar, dass 40 m lange Flexitys 55 m
lange GT6-Doppel nicht ersetzen können.
Im Bestandsnetz stehen 2014 weitere umfangreiche
Bauarbeiten im Zuge der Osttangente
(M 17), am Mollknoten und in Lichtenberg
an. Auf der 68 ist im November der Bau
der neuen Haltestelle „Bammelecke“ geplant,
was vor allem dem starken Ausflugsverkehr
entlang des Dahmeufers zugute kommen
wird. Ebenfalls für 2014 ist jetzt der Bau einer
Wendemöglichkeit für Züge am Freizeit- und
Erholungszentrum in Köpenick vorgesehen,
um den Studenten- und Veranstaltungsverkehr
in diesem Bereich besser in den Griff zu
bekommen (mehr dazu auf Seite 21).
Erhebliche Probleme bereiten der BVG
nach wie vor die Fahrgastinformationen bei
Baumaßnahmen und Umleitungen. Während
sie weiterhin viel Mühe darauf verschwendet,
die tatsächlichen Fahrtziele ihrer
Züge zu verschleiern (Doktrin der „buchfahrplanmäßigen
Beschilderung“), bleiben die
sonstigen Fahrgastinformationen häufig
missverständlich und unvollständig. Und so
werden dann teure DAISY-Anzeiger entlang
von Baustrecken nicht zur Information der
Fahrgäste genutzt, sondern wochenlang
einfach abgeschaltet, werden Fahrgäste
ohne vorherige Warnung – was idealerweise
durch die Anzeige veränderter Linienziele
an den Zügen erfolgen könnte – mit ebenso
knappen wie sinnfreien Ansagen („Achtung:
abzweigende Linienführung“) aus den Zügen
hinauskomplementiert, werden bei neuen
Bauphasen entlang gesperrter Strecken keine
aktualisierten Informationen ausgehängt,
werden mit undurchsichtigen Informationen
überfrachtete Aushänge angebracht usw.
Immerhin plant die BVG, bei Umbauten
von Haltestellen die Anforderungen fahrgastfreundlicher
Gestaltung umzusetzen
und sinnvolle Modernisierungen vorzunehmen:
So ist an der Prenzlauer Promenade/Am Steinberg
eine gemeinsame Bus-/Straßenbahnhaltestelle
vorgesehen, was den
Anschlüssen im Spätverkehr zugute kommt.
Auch am S-Bahnhof Landsberger Allee ist
für 2014 eine Modernisierung der Haltestellen
geplant, wobei der direkte Übergang zum
S-Bahnsteig vom Eigentum des Landes in
das der BVG übergehen soll. Leider sieht die
Planung gerade an diesem stark genutzten
Umsteigepunkt die Entwertung der Funktion
Doppelhaltestelle vor, indem der Bahnsteig der
Straßenbahn auf 80 Meter Länge gekürzt werden
soll. Damit ist zwar weiterhin das gleichzeitige
Halten von zwei langen Flexitys und zwei
KT4-Doppeltraktionen, aber nicht von zwei je
55 m langen GT6-Doppeltraktionen möglich.
Angesichts einer seit Jahren wachsenden Fahrgastzahl
gerade bei den dort verkehrenden
Metrolinien M 5, M 6 und M 8 stellt der künftige
Ausschluss der längsten möglichen Züge
einen Schildbürgerstreich dar!
Keine Fortschritte gibt es bei der Beschleunigung
des Straßenbahnbetriebes in Berlin
zu vermelden, was Straßenbahn-Direktor
Klaus-Dietrich Matschke zu erfreulich deutlichen
Worten veranlasste. Immerhin verfügt
die BVG jetzt über Messtechnik in den Zügen
(FADAplus), mit der die Verzögerungen sekundengenau
dokumentiert und dem Senat
berichtet werden können. Ob die (Senats-)
Verwaltung daraus allerdings irgendwelche
Lehren ziehen wird, bleibt abzuwarten. (mg)
Die Folien des Vortrags gibt es unter www.igeb.org/svw-vortraege.html IGEB Stadtverkehr
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