Während vor diesem Zeitpunkt eine komplexe
einzelmaßnahmenbezogene Finanzierung
von Ersatzinvestitionen auf Grundlage
von Rahmen- und Sammelvereinbarungen
ohne qualitative Vorgaben stattfand,
wurde der Einsatz der Bundesmittel mit der
LuFV nunmehr qualitätsorientiert auf Basis
von Qualitätskennziffern gesteuert. Die
Deutsche Bahn konnte somit weitgehend
eigenverantwortlich über die Verwendung
der Instandhaltungsmittel verfügen.
Die im Rahmen der LuFV bereitgestellten
Bundesmittel beliefen sich in den Jahren
2009 bis 2012 auf jeweils 2,5 Mrd. Euro und
2013/14 auf jeweils 2,75 Mrd. Euro. Im Gegenzug
musste die DB AG einen Mindestumfang
an Investitionen aus Eigenmitteln in
einer Höhe von 500 Mio. Euro tätigen.
Die Laufzeit der ersten LuFV reichte von
2009 bis 2013. Im Herbst 2013 verständigten
sich Bund und Deutsche Bahn auf eine
Verlängerung der LuFV I bis zum Abschluss
einer neuen Vereinbarung, längstens aber
bis Ende 2015.
Bestandteil der Vereinbarung waren folgende
sanktionsbewehrte Qualitätskennzahlen,
die u. a. in dem jährlich zu erstellenden
Infrastrukturzustands- und Entwicklungsbericht
(IZB) erfasst werden müssen:
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Foto: Christian Schultz |
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- DB Netz AG: Theoretischer Fahrzeitverlust
im Fern- und Ballungsnetz, in den Regionalnetzen
sowie im gesamten Netz;
- DB Netz AG: Anzahl der Infrastrukturmängel;
- DB Netz AG: Funktionalität der Bahnsteige,
DB RegioNetz Infrastruktur GmbH;
- DB Netz AG: Bewertung der Anlagenqualität,
DB RegioNetz Infrastruktur GmbH;
- DB Station&Service AG: Funktionalität der
Bahnsteige;
- DB Station&Service AG: Bewertung der
Anlagenqualität;
- DB Energie GmbH: Versorgungssicherheit
Bahnenergie
Positiv: Mit LuFV II mehr Geld zum
Abbau von Investitionsstaus
Für den Zeitraum 2015 bis 2019 erfolgte
eine Fortschreibung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung
(LuFV II). Diese
wurde am 12. Januar 2015 durch Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt und den
DB-Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube
unterzeichnet. Bestandteil dieser Folgevereinbarung
ist eine deutliche Aufstockung
der Mittel:
- Ab 2015 werden die Gelder für Ersatzinvestitionen
auf jährlich durchschnittlich
3,9 Mrd. Euro erhöht. Neben erhöhten
Haushaltsmitteln des Bundes sind in diesem
Betrag allerdings auch Dividendenausschüttungen
der Deutschen Bahn in
einer Höhe von 500 Mio. Euro enthalten.
Der Eigenanteil der DB AG an den Ersatzinvestitionen
wird auf 0,1 Mrd. Euro gesenkt
– in der LuFV I waren es noch 0,5
Mrd. Euro.
- Die Deutsche Bahn stellt des Weiteren für
die Instandhaltung durchschnittlich 1,6
Mrd. Euro pro Jahr aus Eigenmitteln bereit,
d.h. über 50 Prozent mehr als bislang.
Diese Aufstockung ist erfreulich, aber zugleich
das Eingeständnis, dass die Schieneninfrastruktur bisher in erheblichem Maße
unterfinanziert ist. Obwohl die in der LuFV I
vereinbarten sanktionsbewehrten Zielwerte,
abgesehen von einer Ausnahme, erreicht
bzw. übertroffen wurden, hat sich der Zustand
der Infrastruktur im Laufe der Jahre
stetig verschlechtert. Auf Grundlage der
LuFV erfolgte lediglich einmal eine Rückforderung
durch das Eisenbahn-Bundesamt
(EBA) in einer Höhe von 801 282,05 Euro, –
und zwar am 15. Oktober 2013 wegen Verfehlung
des Zielwerts bei der Qualitätskennzahl
„Bewertung der Anlagenqualität“ der
DB Station&Service AG.
Der andauernde Substanzverzehr wird
durch die in den Infrastrukturberichten ausgewiesene,
allerdings nicht mit Sanktionen
bewehrte Zunahme des Durchschnittsalters
der Bahnanlagen belegt. Das ansteigende
Anlagenalter weist auf ein zu geringes Investitionsniveau
hin; die Störanfälligkeit an Gleisund
Zugsicherungsanlagen erhöht sich aber
in der Regel mit zunehmendem Alter.
Verbessert wurde mit der LuFV II die Qualitätssicherung
durch die Einführung der
folgenden beiden zusätzlichen Kennzahlen:
- Erstmals wird eine sanktionsbewehrte
Qualitätskennzahl „Zustandskategorie
voll- und teilerneuerte Brücken“ eingeführt.
Hierbei muss für insgesamt 875
Brücken eine Zustandsverbesserung um
mindestens eine Zustandskategorie nachgewiesen
werden.
- Eine Kennzahl zur Verbesserung der Datenqualität
in den Infrastruktur- und Entwicklungsberichten.
Eine weitere Qualitätskennzahl zur Gleisgeometrie
wird noch im Jahr 2015 festgelegt,
sobald die Ergebnisse aus den unabhängigen
Messfahrten des Eisenbahnbundesamtes
vorliegen.
Für die Qualitätskennzahl „Theoretischer
Fahrzeitverlust“ wurden in der LuFV I alle Infrastrukturmängel
berücksichtigt, die länger
als 180 Tage bestanden. Dieser sehr großzügig
gesetzte Grenzwert wurde nunmehr
auf 100 Tage reduziert und damit verschärft.
Negativ: LuFV II mit großen
Planungsunsicherheiten
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Bahnhof Seelow-Gusow. Trotz des massiven Abbaus von Weichen und Überholgleisen (mit der Folge verminderter Streckenkapazitäten) reichten die Instandhaltungsmittel für die Schieneninfrastruktur im Rahmen der LuFV I bei weitem nicht aus. Foto: Christian Schultz |
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Ob die geplanten Dividendenerwartungen
erreicht werden können, die der Planung der
LuFV II zugrunde liegen, ist ungewiss. Dies
setzt eine positive wirtschaftliche Entwicklung
des Schienenverkehrs voraus. Angesichts
der für die Schiene eher ungünstigen
verkehrspolitischen Rahmenbedingungen
muss dies aber bezweifelt werden. Beispielhaft
sei an dieser Stelle das Fehlen einer
Maut für Fernbusse oder die reduzierte Lkw-Maut
genannt (vgl. Artikel zur Bahnreform in
diesem Heft).
Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht.
Falsche verkehrspolitische Prioritäten werden
aktuell bereits mit den laufenden Gigaliner-Tests
(Riesen-Lkw) gesetzt. Derartige
Rahmenbedingungen bewirken letztlich
weitere Verkehrsverlagerungen von der
Schiene auf die Straße!
Fatal wäre es für den Schienenverkehr,
wenn die höheren Gewinnerwartungen
über entsprechende Trassenpreiserhöhungen
erwirtschaftet würden.
Weiterentwicklung der
Qualitätskennzahlen nicht ausreichend
Auch in der nunmehr unterzeichneten LuFV
II sind einige wichtige Qualitätskennzahlen
noch immer nicht berücksichtigt bzw. ausreichend:
Zustandskategorie voll- und teilerneuerter
Brücken
Die in der LuFV II eingeführte Brückenkennzahl
beschränkt sich auf 875 teilbzw.
vollerneuerte Brücken. Nicht erfasst
wird dabei der Zustand der übrigen rund
24.000 (!) Brücken im Schienennetz. Durch
das Fehlen einer entsprechenden sanktionsbewehrten
Kennzahl bestand schon
im Rahmen der LuFV I kaum ein Anreiz, in
diesem Bereich im notwendigen Maß zu
investieren. Dieses Problem besteht nunmehr
für den größten Teil der Brücken
auch weiterhin!
Altersstruktur der Infrastruktur
Der Substanzverzehr der Infrastruktur ist
für den Bahnkunden in Form von steigenden
Fahrzeiten und einer abnehmenden
Pünktlichkeit deutlich spürbar. Letztlich
bietet nur eine sanktionsbewehrte Qualitätskennzahl
zum Anlagenalter die Chance,
dass die jahrelange Negativentwicklung
in diesem Bereich umgekehrt wird.
Qualitätskennzahl zur Netzkapazität
Auch in der LuFV II ist weiterhin keine
Kennzahl zur Entwicklung der Netzkapazität
enthalten. Angesichts großzügiger
Rückbaumaßnahmen in der Vergangenheit
ist diese verkehrspolitische Qualitätskennzahl
allerdings sehr wichtig.
Politisches Ziel müssten schließlich Verkehrsverlagerungen
auf die ressourcenschonende
Schiene sein!
Des Weiteren wies der Bundesrechnungshof
in seinem Gutachten zur LuFV II darauf hin,
dass angesichts unzureichender Kontrollmechanismen
durchaus auch Gelder (und
zwar ohne Wissen und Einwilligung des
Bundes, da die Deutsche Bahn über die Verwendung
der LuFV-Mittel eigenverantwortlich
entscheidet) in die Finanzierung des
Projekts „Stuttgart 21“ fließen können statt
in die Instandhaltung des Schienennetzes –
dem eigentlichen Zweck der LuFV.
Erhöhung der LuFV-Mittel
geht zu Lasten des Neu- und Ausbaus
Verschwiegen wurde in den Pressemitteilungen
seitens Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt, dass die gefeierte „Rekordsumme
für die Bahn“ entsprechend der
LuFV II ganz erheblich zu Lasten von Neu- und
Ausbaumaßnahmen geht. Durch Umschichtungen
stehen in den Jahren 2015 bis
2017 für die Bedarfsplanprojekte rund 900
Mio. Euro weniger zur Verfügung, was die
Fertigstellung einiger Projekte noch weiter
verzögern dürfte – z. B. den überfälligen
viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn.
Letztlich ist die LuFV II vor allem eine
Umschichtung vom Neu- und Ausbau zur
Instandsetzung und damit keineswegs Ausdruck
einer neuen bahnfreundlichen Verkehrspolitik.
Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV)
IGEB Fernverkehr
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