Europa

Auszeichnung für deutsch-polnischen Kulturzug – eine Blamage für die Bundesregierung

Der Kulturzug Berlin- Breslau (Wroclaw) ist als „Europäische Trendmarke des Jahres 2017“ ausgezeichnet worden. Dieser Preis ist auch eine wunderbare Anerkennung für die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg, die das Projekt mit ihrer finanziellen Unterstützung ab 2016 ermöglicht haben. Breslau war 2016 Kulturhauptstadt Europas.

Demgegenüber hatte die im Eigentum des Bundes befindliche DB AG den letzten Fernzug zwischen Berlin und Breslau im Dezember 2014 eingestellt. Er sei nicht profitabel und der Fernverkehr auf der Schiene dürfe nicht subventioniert werden. Die Kulturhauptstadt Europas wurde ignoriert.

Das war eine europaweite Blamage. Anstatt die Probleme zu lösen, wurde einfach die Verbindung eingestellt. Dabei hat Polen – mit EU-Geldern – die Strecke von Breslau bis zur deutschen Grenze und auch den Abschnitt von Breslau nach Kattowitz (Katovice) schon längst saniert und elektrifiziert.

Deutschland hat es jedoch nur bis Cottbus geschafft. Deshalb gibt es zwischen Berlin und Breslau in Deutschland eine Elektrifizierungslücke von 50 Kilometern. Das liegt nicht am fehlenden Geld, sondern nur am politischen Willen:

  • Von 23 internationalen Flughäfen in Deutschland sind 17 defizitär. Wurde einer eingestellt?
  • Von heute auf morgen standen 4 Milliarden Euro für E-Autos zur Verfügung.
  • Der umweltschädliche und gesundheitsgefährliche Diesel wird jedes Jahr mit fast 10 Milliarden Euro subventioniert.

Aber für den Lückenschluss Berlin—Breslau sollen die 100 Millionen Euro nicht vorhanden sein?

Zug
Ausgezeichnet: Der Kulturzug Berlin—Beslau. Foto: Christian Schultz

Mit dem Lückenschluss von Cottbus über Spremberg und Horka bis zur Grenze würde die Fahrzeit von 5 auf 2,5 Stunden halbiert und das Vorkriegsniveau des letzten Jahrhunderts erreicht. Es wäre auch klimafreundlich, weil der Kulturzug bisher mit Dieselantrieb 300 Kilometer unter dem Fahrdraht fährt. Und schließlich könnte man die Stadt Görlitz an das elektrifizierte Netz anschließen, was auch den Nah- und Regionalverkehr attraktiver machen würde.

Zugleich wäre es auch europafreundlich, weil das Schienennetz in der EU – trotz Milliarden-Investitionen der letzten Jahrzehnte – noch immer ein Flickenteppich ist, dessen Lücken exakt an den Grenzen klaffen.

Michael Cramer
Mitglied des Europäischen Parlaments – Fraktion Die Grünen/EFA und Mitglied des Ausschusses für Verkehr und Tourismus

aus SIGNAL 6/2017 (Dezember 2017 / Januar 2018), Seite 29

 

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