Trauerfeier

Fahrplanwechsel ohne Kursbuch

Wenige Verbesserungen und einschneidende Bauarbeiten prägen 2009 das Fernverkehrsangebot für Berlin und Brandenburg...


IGEB Fernverkehr

15. Dez 2008

Ein traditionelles Handwerkszeug der Reisenden gibt es nicht mehr: Nach 163 Jahren wurde das letzte reguläre Eisenbahn-Kursbuch in Deutschland zu Grabe getragen. Vielleicht gibt es bald eine Wiederauferstehung – mit einem neuen Herausgeber? Foto: Florian Müller/Holger Mertens

Für die Region Berlin / Brandenburg wurden mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2008 lediglich einige wenige Angebotsverbesserungen realisiert. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen sorgen im laufenden Fahrplanjahr dagegen für zum Teil deutliche Einschränkungen vor allem in den Relationen Berlin—Hamburg, Berlin—Leipzig— Nürnberg und Berlin—Dresden. Beeinflusst wurde die Fahrplangestaltung zudem durch die eingeschränkte Verfügbarkeit der Neigetechnikzüge ICE-T. Einschneidend: Die vollständigen Fahrpläne gibt es nur noch im Internet oder aud CD-ROM, denn die DB bietet ihren Kunden kein Kursbuch mehr.

DB ohne Kursbuch

Mit der neuen Fahrplanperiode ist das gedruckte Kursbuch Vergangenheit, von der Luxus-Abschiedsausgabe zum Preis von 99 Euro einmal abgesehen. Damit werden Kunden, die nicht über einen Computer oder Internetzugang verfügen, gravierend benachteiligt. Für viele Bahnkunden bleibt alternativ somit nur die teure telefonische Fahrplanauskunft bzw. der Gang zum Reisebüro, Reisezentrum oder Fahrkartenautomaten. Unverständlich und kurzsichtig ist es, dass die Deutsche Bahn auf dieses wichtige Service- und Marketing-Instrument verzichtet. In einer Zeit, wo Kundendienst für die Außendarstellung eines Unternehmens immer wichtiger wird, baut die Bahn den Service kontinuierlich ab oder ruiniert ihr Ansehen mit der Ankündigung „Bedienzuschläge“ erheben zu wollen (siehe SIGNAL 5/2008). Erfreulich ist, dass wenigstens die Kursbuchkarte in einigen Reisezentren als Druck für 2 Euro erhältlich ist.

Ade gedrucktes Kursbuch – willkommen elektronisches Kursbuch. Die übersichtlichen Tabellen gibts nun nur noch im Internet oder auf CD-ROM. Foto: Raul Stoll

Wenige Angebotsverbesserungen

Die auch bundesweit leider nur wenigen Verbesserungen des Fernverkehrsangebots sind im Wesentlichen erfreulichen Angebotsänderungen und Infrastrukturprojekten in europäischen Nachbarländern zu verdanken. Beispielhaft seien hier das Railjet-Angebot der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in der Relation München—Wien—Budapest, die Beschleunigung der Verbindung Köln— Paris ab Juni 2009 um rund 30 Minuten (Inbetriebnahme der Neubaustrecke zwischen Lüttich und belgisch/deutscher Grenze) und die unten beschriebene Angebotserweiterung auf der IC-Linie 77 genannt.

Die wesentlichen Änderungen zum Fahrplanwechsel sind im Folgenden zusammengestellt:

ICE-Linie 28 Hamburg—Berlin— Leipzig—Nürnberg—München

Sehr unerfreulich sind die Einschränkungen auf dieser Strecke während der laufenden Fahrplanperiode. In einer mehr als dreimonatigen Teil-, abschnittsweise auch einer

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Totalsperrung müssen zwischen März und Juni 2009 tausende von maroden Betonschwellen ausgetauscht werden. Folgende Einschränkungen sind geplant:

In diesem Zeitraum wird zwischen Berlin und Hamburg weiterhin ein ICE-Stundentakt angeboten; die Züge werden ohne Halt über Stendal und Uelzen umgeleitet. In Berlin besteht Anschluss Richtung Dresden und Leipzig/ München. Alle Züge halten dabei auch in Berlin-Spandau. Die Fahrzeit verlängert sich je nach Tageszeit um ca. 30 bis fast 60 Minuten. Das ICE-Zugpaar Berlin—Kopenhagen bzw. Aarhus beginnt/endet in diesem Zeitraum in Hamburg.

Leider nicht realisiert wurde für das laufende Fahrplanjahr ein zweites Zugpaar Berlin—Hamburg—Kopenhagen mit einer Abfahrt früh ab Berlin bzw. spät ab Kopenhagen.

Die direkte ICE-Verbindung Berlin—Innsbruck wird nunmehr über Leipzig anstatt über Frankfurt am Main—Stuttgart geführt und so wesentlich beschleunigt.

Eine neue Direktverbindung wurde mit dem ICE-Zugpaar Wiesbaden—Mainz—Frankfurt am Main—Leipzig—Berlin geschaffen (statt des Laufwegs Leipzig—Dresden).

Das ICE-Zugpaar Warnemünde—Rostock— Berlin—München wird zwischen Nürnberg und München nunmehr über Ingolstadt bzw. die Neubaustrecke geführt. Die Fahrtzeit wurde dadurch um rund 30 Minuten verkürzt.

Einschränkungen bzw. Umleitungen erfolgen bei dieser Linie des Weiteren während der Komplettsperrung des Streckenabschnittes Bamberg—Forchheim im Zeitraum vom 1. August bis 14. September 2009.

IC-/EC-Linie 27 Hamburg—Berlin— Prag / Wien / Budapest

Während der Sanierungsarbeiten an der Strecke Berlin—Hamburg entfallen fast alle IC-/EC-Züge dieser Linie im Abschnitt Berlin— Hamburg. Der verbleibende EC 172/173 verkehrt wegen der Umleitung über Stendal mit verlängerten Fahrzeiten, aber mit Halt in Ludwigslust und Wittenberge auch während der Baumaßnahmen.

U. a. wegen Sanierungsmaßnahmen bzw. damit verbundener eingleisiger Betriebsführung zwischen Baruth und Wünsdorf vom 14. Dezember 2008 bis 13. Juni 2009 hat sich die Fahrzeit der InterCity-/EuroCity- Züge gegenüber dem Jahresfahrplan 2008 nochmals verschlechtert. Zwischen Berlin Hbf und Dresden Hbf benötigen die Züge nunmehr 2:18 Stunden (im Fahrplanjahr 2008: 2:06 Stunden). Sehr unerfreulich ist diese Tatsache vor dem Hintergrund, dass die Bahnfahrzeit sich damit noch weiter der Fahrzeit der preislich deutlich günstigeren Fernbusse angenähert hat. So bietet der BerlinLinienBus eine Fahrzeit von 2:30 Stunden zwischen Berlin ZOB und Dresden Hbf an!

IC-Linie 51 Düsseldorf—Erfurt—Halle (Saale)—Berlin—Ostseebad Binz

In der Relation Erfurt—Halle (Saale) —Berlin wurden die InterCity-Züge um bis zu 18 Minuten beschleunigt.

IC-Linie 77 Schiphol—Berlin

Insgesamt sieben statt bislang vier Zugpaare verkehren im 2-Stunden-Takt zwischen Berlin bzw. Hannover und dem Flughafen Schiphol über Amsterdam Zuid.

Auch weiterhin ist die Strecke im Abschnitt Rathenow—Großwudicke (Stammstrecke der Lehrter Bahn) für den Neubau der Havelbrücke gesperrt. Als Ersatz für die Einschränkungen bei der Regionalbahn wird einerseits ein Schienenersatzverkehr im gesperrten Abschnitt angeboten, andererseits halten die InterCity-Züge der Linie Schiphol—Berlin weiterhin in Rathenow. Hier muss die Chance genutzt werden, diesen Halt dauerhaft zu erhalten!

Die Sperrung der Stammstrecke im Abschnitt Rathenow—Großwudicke wird voraussichtlich noch bis zum 5. Dezember 2009 andauern.

Nachtzugangebot

Erstmals seit Jahrzehnten fährt mit D 448/449 wieder regelmäßig ein Fernzugpaar über die Ostbahn. Es verkehrt zwischen Berlin-Gesundbrunnen (ab 20.48 Uhr), Berlin-Lichtenberg (ab 21.04 Uhr) und Warszawa Wschodnia (an 8.27 Uhr). In der Gegenrichtung erfolgt die Abfahrt in Warszawa Wschodnia um 21.18 Uhr; die Ankunft in Berlin-Lichtenberg ist um 8.06 Uhr, in Berlin-Gesundbrunnen um 8.29 Uhr. Dieses Zugpaar führt Kurswagen nach Gdynia, Kraków und Kaliningrad. Es wird von der polnischen Bahngesellschaft PKP Intercity betrieben und besteht aus Schlaf-, Liege-und Sitzwagen (s. auch SIGNAL 5/2008)

Mit EN 476/477 „Metropol“ Berlin— Wien—Budapest über Dresden—Bratislava wurde ebenfalls ein neues Angebot eingeführt. Das bisherige Angebot mit EN 428/429 wurde hier integriert, einschließlich der Autobeförderung.

Die CityNightLine-Verbindung (CNL) Berlin— Paris verkehrt neu über Saarbrücken statt Brüssel. Unbefriedigend ist dabei allerdings die von 11:48 Stunden im letzten Fahrplanabschnitt auf nunmehr 13:32 Stunden verlängerte Fahrzeit – angesichts der erheblichen Konkurrenz durch Billigflugangebote eine bedenkliche Entwicklung!

CNL „Sirius“ Berlin—Zürich erhielt einen neuen Laufweg über Halle (Saale)—Weimar— Erfurt statt über Wolfsburg—Hannover und wurde damit um ca. 1 Stunde beschleunigt. Zwischen Berlin und Erfurt kann dieser Zug auch als Spätverbindung genutzt werden.

IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 6/2008 (Dezember 2008/Januar 2009), Seite 4-5