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Seit dem 20. September 2008 fährt die Usedomer Bäderbahn (UBB) von Ahlbeck über die deutsch-polnische Grenze nach Swinemünde zum vorläufigen Endbahnhof Świnoujście Centrum. Foto: Florian Müller |
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Eisenbahnhubbrücke bei Karnin, 1933 fertig gestellt und bereits 12 Jahre später nicht mehr nutzbar, nachdem die Wehrmacht die zuführenden Brücken gesprengt hatte. Foto: Christian Schultz |
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20. September 2008: Feierliche Eröffnungsfahrt der UBB von Ahlbeck Grenze nach Świnoujście Centrum. Foto: Florian Müller |
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Mit dem Wiederaufbau der Strecke Ducherow—Karnin—Usedom—Swinemünde (Świnoujście) könnte die Bahnverbindung von Berlin/Brandenburg nach Usedom erheblich verkürzt und beschleunigt werden. Karte: Deutsche Reichsbahn, 1935 |
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Am 20. September 2008 war es endlich
soweit: Im Beisein von Ministerpräsident
Harald Ringstorff, Mecklenburg-Vorpommern,
Stadtpräsident Janusz Zmurkiewicz,
Świnoujście, und UBB-Geschäftsführer
Jörgen Bosse wurde der grenzüberschreitende
Streckenabschnitt Ahlbeck Grenze—
Świnoujście Centrum feierlich eingeweiht.
Nachdem am 8. Juni 1997 der 2,4 km lange
Streckenabschnitt zwischen dem Bahnhof
Seebad Ahlbeck und dem Haltepunkt
Ahlbeck Grenze in Betrieb genommen wurde,
konnte mit der 1,4 km-Verlängerung bis
Świnoujście Centrum (Swinemünde Zentrum)
nun endlich der zweite Bauabschnitt
realisiert werden.
Nach einem langwierigen, zähen Genehmigungsverfahren
war am 5. Oktober 2007
in Ahlbeck Grenze der erste Spatenstich für
diese Verlängerung vollzogen worden (vgl.
SIGNAL 6/2007). Die Finanzierung der Kosten
von rund 3 Millionen Euro erfolgte zu
90 % mit Mitteln aus der Gemeinschaftsinitiative
INTERREG III A der EU und des Bundeslandes
Mecklenburg-Vorpommern, 10 %
trug die DB AG.
Besonders bemerkenswert ist, dass die
Usedomer Bäderbahn GmbH (UBB) – ein
Tochterunternehmen der DB Regio AG –
Bauherr für die Infrastruktur auch auf polnischem
Gebiet war.
Die eingleisige Streckenverlängerung sollte
ursprünglich bereits zu Ostern 2008 in Betrieb
gehen. Immer wieder ließ die Betriebsgenehmigung
für den polnischen Abschnitt
aber auf sich warten. Mit der direkten Anbindung
der Hafenstadt Swinemünde mit ihren
rund 42 000 Einwohnern dürfte sich der seit
Gründung der UBB anhaltende Erfolgskurs
fortsetzen und die wichtige Rolle der UBB
für die Tourismuswirtschaft gestärkt werden.
Zugleich haben sich die Chancen verbessert,
die mit dem Autoverkehr verbundenen Verkehrsprobleme
auf Usedom zu mindern und
eine umweltschonende Mobilität für Touristen
und Inselbewohner zu ermöglichen.
Weitere Bauabschnitte geplant
In einer dritten Etappe soll die Strecke von
Swinemünde in Richtung Garz (Flughafen
Heringsdorf) verlängert werden, wobei
dabei auf deutscher Seite die Trasse der
ehemaligen Eisenbahnlinie Ducherow—
Swinemünde genutzt werden kann. Im Bereich
von Swinemünde ist jedoch eine neue
Trasse notwendig, da die alte Bahntrasse
inzwischen überbaut ist.
Als vierter Abschnitt ist der Wiederaufbau
Garz—Ducherow geplant. Damit wäre
dann die alte Bahnverbindung Berlin—
Pasewalk—Karnin—Swinemünde wiederhergestellt
und die Fahrzeit zwischen Berlin
und Usedom könnte deutlich verkürzt
werden. Bereits in der Vorkriegszeit wurden
zwischen Berlin Stettiner Bahnhof und
Bf. Seebad Heringsdorf teilweise Fahrzeiten
von unter 3 Stunden erreicht, heute sind es
dagegen rund 4 Stunden.
Auch die aufstrebende Hafenwirtschaft
von Swinemünde würde von einer besseren
Hinterlandanbindung profitieren.
Folgerichtig geht das Land Brandenburg
in seinem Landesnahverkehrsplan 2008 –
2012 im Kapitel zum Angebotskonzept 2020
davon aus, dass die Direktanbindung von
Usedom über Swinemünde bis dahin realisiert
ist.
Karniner Brücke drückt Nutzen-Kosten-Faktor
Vorsichtiger formuliert es die Bundesregierung
im Bundesverkehrswegeplan 2003.
Dort wird im Kapitel „Bau leistungsfähiger
Verkehrswege in den neuen Bundesländern“
ausgeführt: „Im Rahmen der EU-Osterweiterung
wird der direkte Schienenverkehr von
Berlin zur Insel Usedom mit Weiterführung
nach Świnoujście eine steigende verkehrliche
Bedeutung erfahren. In diesem Zusammenhang
nimmt die Brücke über das Oderhaff
(Karniner Brücke) eine Schlüsselfunktion
ein. Die Reaktivierung der Schienenstrecke
kann zur Steigerung internationaler Verkehre
genauso beitragen wie zur Verbesserung
des Fern- und Nahverkehrs. Sie könnte damit
die generelle Strukturschwäche im Grenzgebiet
zu Polen überwinden helfen und einen
Beitrag zur nachhaltigen Tourismusentwicklung
leisten. Die Dringlichkeit der Maßnahme
muss im Rahmen weiterführender
Untersuchungen auch unter Einsatz von
EU-Strukturfondsmitteln in Abstimmung mit
dem Land Mecklenburg-Vorpommern noch
abschließend geklärt werden.“
Dieser „Schlüsselfunktion“ ist die Karniner
Brücke in der zwischenzeitlich durchgeführten
Nutzen-Kosten-Untersuchung gerecht
geworden. Der im Tagesspiegel vom
11.8.2008 berichtete Nutzen-Kosten-Wert
von nur 0,73 statt der mindestens erforderlichen
1,0 ist maßgeblich auf die hohen
Kosten für den Wiederaufbau der Brücke
zurückzuführen. Aber auch die umfassend
aus- bzw. neu gebauten Autobahnstrecken
A 11 und A 20 haben die Untersuchung der
Bahnstrecke belastet, weil es nach so großen
Investitionen in den Straßenbau schwierig
wird, die für einen guten Nutzen-Kosten-
Wert geforderten Umsteiger auf die Schiene
zu errechnen.
Doch die jüngsten Entwicklungen im
Verkehr zeigen, dass selbst aktuelle Nutzen-
Kosten-Untersuchungen schon bald
veraltet sein werden, weil es
durch die stark gestiegenen
Benzinpreise in Deutschland
immer mehr Umsteiger von der
Straße auf die Schiene gibt und
weil der Schienengüterverkehr
schneller wächst, als viele erwartet
hatten bzw. wahrhaben
wollten. Durch den Seehafen
in Swinemünde eröffnen sich
hierdurch für die Bahnstrecke
Swinemünde—Ducherow
(—Pasewalk—Berlin) durchaus
neue Chancen. Deutscher Bahnkunden-Verband
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