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Der Kartenausschnitt aus dem Stadtentwicklungsplan Verkehr, Stand 2003, zeigt die geplante Verlängerung der U 5, deren westlicher Abschnitt mit den Stationen Hauptbahnhof (damals noch Lehrter Bahnhof), Bundestag und Brandenburger Tor (bisher Unter den Linden) am 8. August in Betrieb genommen werden soll. Ab 2010 soll dann der U5-Abschnitt Brandenburger Tor—Unter den Linden—Museumsinsel — Berliner Rathaus — Alexanderplatz realisiert werden. Karte: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilung VII |
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Vom 8. Dezember 2008 bis 21. Januar 2009 bestand
die Möglichkeit, die Pläne zur 2. Änderung
des Planfeststellungsbeschlusses
zum U5-Bau einzusehen.
Gegenstand der Planänderungen waren im
Wesentlichen die Ausgänge und Aufzüge
für den U5/U6-Umsteigebahnhof unter der
Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße
sowie ein modifiziertes Bauverfahren mit einem
Großschildvortrieb. Nicht thematisiert
wurden in den ausliegenden Unterlagen
merkwürdigerweise die Kosten. Waren bisher
für die ca. 2 km lange Strecke 367 Mio
Euro veranschlagt worden, so berichtete die
Presse nun von einer Kostensteigerung auf
415 Millionen Euro.
Weder planungsrechtlich noch kostenmäßig
berücksichtigt wurden die Auswirkungen
der veränderten Gestaltung der Bahnhöfe.
Abweichend von der bisher verfolgten
Strategie der BVG will die Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung nun doch wieder von
Architekten großzügig gestaltete Bahnhöfe,
was sich sicherlich nicht gerade kostenmindernd
auswirken wird.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat zu
den ausgelegten Planfeststellungsunterlagen
folgende Stellungnahme abgegeben:
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U-Bahnhof Französische Straße auf der U6. Mit dem Bau der U5 soll diese Station durch einen Umsteigebahnhof U5/U6 an der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße ersetzt werden. Foto: Marc Heller |
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Unvollständige Unterlagen
Die ausgelegten Unterlagen waren unvollständig.
So fehlten z. B. Grundrisspläne des
gegenüber der bestehenden Planfeststellung
deutlich veränderten neuen Umsteigebahnhofs
Unter den Linden. Aus den ausgelegten
Unterlagen gingen weder die genaue
Lage der veränderten Bahnsteige noch die
konkrete Organisation der Zu- und Abgänge
und der Verbindungen zwischen den Bahnsteigen
von U 5 und U 6 hervor.
Fragwürdiger Großschildvortrieb
Gegenstand der geänderten Planfeststellungsunterlagen
war auch die veränderte
Bauweise mit einem Großschildvortrieb mit
einem Durchmesser von 8,1 m, womit vermutlich
deutlich höhere Baukosten entstehen. Außerdem
sind höhere Betriebskosten und durch
die deutlich tiefere Lage erhebliche Nachteile
für aus- und einsteigende bzw. umsteigende
Fahrgäste durch die größeren Höhenunterschiede
zu erwarten (am Bf. Unter den Linden
soll der U5-Bahnsteig 15 m unter der Straßenebene
liegen; allein der Höhenunterschied
zum U6-Bahnsteig beträgt 9 m!).
Die Begründung für die veränderte Bauweise
ist nicht ausreichend. So müssten in
den Planfeststellungsunterlagen u. a. die Varianten
genau beschrieben, gegenübergestellt
und – auch monetär – bewertet werden. Der
Großschild mag beim Bau des U-Bahnhofs
Museumsinsel Vorteile bieten. Beim Bau des
U-Bahnhofs Unter den Linden trifft dies nicht
zu, da dieser in offener Bauweise gebaut wird.
Daher werden wegen des Vorteils auf einer
Bahnsteiglänge (110 m) 1900 m Strecke zu
groß aufgefahren.
Der große Schild hat die doppelte Fläche
wie der normale Schild. Damit verdoppelt
sich z. B. auch das Risiko, auf Findlinge zu
stoßen. Ferner wird unnötig umbauter Raum
mit enormem Energieaufwand beim Auffahren
geschaffen, unnötig viel Beton und
Stahl verbaut. Die Baustoffe werden jedoch
grundsätzlich (da sehr energieabhängig) wesentlich
teurer. Somit bringt die Großschildbauweise
enorme Verteuerungen und birgt
weitere finanzielle und zeitliche Risiken (z. B.
bei Findlingsauftreffen, bei Grundwasserproblemen
oder bei Rissbildungen an Gebäuden
wie gerade wieder am Brandenburger Tor).
Sofern gegenüber der bestehenden Planfeststellung
kein eindeutiger Nachweis erbracht
wird, dass die nunmehr vorgesehene
Planung erheblich kostengünstiger (Investitions-
und Betriebskosten) und mit weniger
finanziellen Risiken verbunden ist als die
bisher vorgesehene, fordert die IGEB zur
Vermeidung der oben beschriebenen Nachteile
für die Fahrgäste eine Beibehaltung der
bisher vorgesehenen Bauweise mit einem
„Normalschild“-Vortrieb.
Fehlende Gleiswechselanlage
Nicht mehr vorgesehen ist die bisher geplante
Gleiswechselanlage zwischen den U-Bahnhöfen
Brandenburger Tor und Unter den
Linden mit der Folge, dass auf dem fast 4 km
langen Streckenabschnitt zwischen Berliner
Rathaus und Hauptbahnhof kein Gleiswechsel
mehr erfolgen kann. Aus Fahrgastsicht ist
dies angesichts der leider nicht seltenen Verkehrsunterbrechungen
durch Havarien nicht
akzeptabel, weil dann der Betrieb auf dem
gesamten Streckenabschnitt unterbrochen
werden muss und aufgrund der straßenverkehrlichen
Situation auf diesem Abschnitt
ein Schienenersatzverkehr nur mit großem
Aufwand möglich ist. Insbesondere stellt die
beschriebene „gleichwertige betriebliche
Maßnahme“ (= Ermöglichung von Linksfahrbetrieb)
keinen ausreichenden Ersatz dar. Die
IGEB fordert daher die Beibehaltung des bisher
geplanten Gleiswechsels, damit in Havarienfällen
wenigstens auf Teilabschnitten der
Betrieb aufrechterhalten werden kann.
Fehlende Fahrtreppen
Aus den schriftlichen Erläuterungen geht
hervor, dass am Umsteigebahnhof Unter den
Linden Rolltreppen lediglich vom Bahnsteig
der U 5 zu den Bahnsteigen der U 6 vorgesehen
sind, nicht jedoch von der U6-Ebene
zur Straßenebene. Angesichts der hohen zu
erwartenden Aus- und Einsteigerzahlen am
wichtigsten Bahnhof der geplanten Strecke
hält die IGEB dies für unzureichend, zumal
die durchgehenden Aufzüge
hinsichtlich der sehr
begrenzten Leistungsfähigkeit
keinen ausreichenden
Ersatz bieten.
Deshalb ist die Berücksichtigung
mindestens
von aufwärts laufenden
Rolltreppen von der U6-
Ebene zur Straßenebene
unverzichtbar.
Monatelange U6-Unterbrechung?
Aus dem Erläuterungsbericht
geht hervor, dass
„zur Beschleunigung
und Risikoverringerung
die Unterbrechung des
Zugverkehrs auf der U 6
zwischen den Bahnhöfen
Friedrichstraße und
Französische Straße für
max. 9 Monate vorgesehen“
ist. Die Planungen
der BVG gehen sogar von
einer 12-monatigen Sperrung
der U 6 aus. Für die
täglich ca. 100 000 Fahrgäste
der U 6 dürfte diese lange Sperrung mit
Reisezeitverlängerungen von bis zu 30 Minuten
verbunden sein, da der beschriebene Ersatzverkehr
durch die zu erwartenden Staus
im Straßenverkehr einen kaum akzeptablen
Ersatz darstellen wird,
aber andere Ausweichrouten
im Schnellbahnnetz
wegen der diversen
Umsteigezwänge
kaum schneller sind.
Diese lange Sperrung
ist kaum nachvollziehbar,
weil z. B. der Neubau
des Umsteigebahnhofs
Bismarckstraße
auch ohne lange Unterbrechung
des Verkehrs
der damaligen U-Bahn-
Linie 1 bei räumlich vergleichbaren
Rahmenbedingungen
möglich
war. Die IGEB fordert
daher eine Organisation
der Bauabläufe, die eine
lange Unterbrechung
des Verkehrs auf der
U 6 vermeidet und die
notwendige Sperrung
des U6-Verkehrs auf ein
Minimum begrenzt.
Für die verbleibenden
Sperrzeiten sollte durch
verkehrsorganisatorische
Maßnahmen sichergestellt werden, dass
die vom Ersatzverkehr durchfahrenen Straßen
vom Durchgangsverkehr freigehalten
werden und neben dem öffentlichen Verkehr
nur dem Anliegerverkehr dienen. Berliner Fahrgastverband IGEB
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