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Titelbild: Zum dritten Mal in Folge war die Berliner S-Bahn dem Winterwetter nicht gewachsen und musste den Betrieb massiv einschränken. Foto: Marc Heller, Ringbahn, 20. Dezember 2010 |
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S-Bahn-Leistungen müssen ausgeschrieben
werden, entschied der Bundesgerichtshof
(BGH) am 8. Februar 2011. Der Fahrgastverband
IGEB forderte daraufhin am 9. Februar
die Länder Berlin und Brandenburg erneut
auf, sofort alle Weichen zugunsten einer Ausschreibung
des Verkehrs der Berliner S-Bahn
zu stellen – oder eine Landeseisenbahngesellschaft
zu gründen, die den S-Bahn-Verkehr
übernimmt. Eine erneute Direktvergabe an
die Deutsche Bahn oder an einen privaten Anbieter
ist mit der BGH-Entscheidung jedenfalls
ausgeschlossen. Rechtlich möglich ist weiterhin
eine Übernahme der S-Bahn durch die
BVG, aber das wird von der IGEB entschieden
abgelehnt. Es darf im öffentlichen Nahverkehr
Berlins keinen Monopolbetrieb geben.
Am 7. Januar 2010 hatte Verkehrssenatorin
Ingeborg Junge-Reyer einen Zeitplan vorgestellt:
„Die Vergabe der Leistungen wird
etwa 1½ Jahre dauern, da den Unternehmen
ausreichend Zeit gegeben werden muss, ein
Angebot für derartig komplexe Leistungen zu
kalkulieren. Zudem rechnen wir damit, dass
die Fahrzeugindustrie etwa 5½ Jahre benötigt,
um 190 Neufahrzeuge für die S-Bahn zu entwickeln,
zu erproben und zu bauen. Wir müssen
daher bis spätestens Januar 2011 entscheiden,
ob und wie wir das mit Neufahrzeugen zu bedienende
Teilnetz vergeben wollen.“
Tatsächlich wurden seither auch alle Voraussetzungen
für eine Ausschreibung zumindest
eines Teilnetzes geschaffen, doch die für „spätestens
Januar 2011“ versprochene Entscheidung,
ob es eine Ausschreibung gibt, ist noch
immer nicht gefallen. Aber mit der BGH-Entscheidung
muss das Zögern und Zaudern des
Senats nun ein Ende haben. Ein Aufschieben
bis nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus
im September 2011 darf es jetzt nicht
mehr geben. Der Berliner Fahrgastverband
IGEB fordert deshalb,
Landeseisenbahngesellschaft…
entweder die Gründung einer Landeseisenbahngesellschaft
der Länder Berlin und Brandenburg, die den S-Bahn-Betrieb nach 2017
übernimmt, wobei durchaus einzelne Serviceleistungen
durch VBB oder BVG erbracht
werden können,
…oder Vergabe im Wettbewerb
oder die Vergabe der S-Bahn-Leistungen im
Wettbewerb unter folgenden Prämissen
- Die von Senat und VBB vorbereitete Ausschreibung
des Teilnetzes muss umgehend
in die Wege geleitet werden.
- Es muss umgehend ein Fahrplan für die
Ausschreibung auch des übrigen S-Bahn-
Netzes vorgelegt werden.
- Die Länder Berlin und Brandenburg müssen
eine Bürgschaft für die Fahrzeugbeschaffung
übernehmen, so dass auch private
Bieter Chancen zur Finanzierung der erforderlichen
neuen S-Bahn-Fahrzeuge haben.
Und die Länder müssen durch eine Fahrzeugwiedereinsatzgarantie
sicherstellen,
dass im Falle eines Betreiberwechsels nach
Ende der Vertragslaufzeit der Fahrzeugpark
vom nachfolgenden Betreiber übernommen
wird.
Dem Fahrgastverband IGEB ist bewusst, dass
die Ausschreibung keinen Beitrag zur Lösung
der aktuellen Probleme der Berliner S-Bahn
leistet und dass die Vergabe der Leistungen im
Wettbewerb keine Garantie ist, dass es nicht
auch nach 2017 noch Probleme gibt.
Aber die BGH-Entscheidung bietet die
Chance, dass endlich schnell die Weichen für
die Zukunft der Berliner S-Bahn nach dem
Ende des 2017 auslaufenden Vertrages mit
der Deutschen Bahn gestellt werden. Solange
diese Zukunftsfrage nicht geklärt ist, wird die
S-Bahn GmbH verständlicherweise nichts für
die Entwicklung neuer Fahrzeuge tun.
Die rechtzeitige Entwicklung und Herstellung
neuer Fahrzeuge ist aber die Schlüsselfrage
für die Zukunft der Berliner S-Bahn. Wie
die Verkehrssenatorin selbst Anfang 2010 richtigerweise
festgestellt hatte, muss sofort mit
der Fahrzeugentwicklung begonnen werden,
damit 2018 ausreichend S-Bahnen zum vollständigen
Ersatz der Baureihen 480 und 485
und in den Folgejahren zur stufenweisen Ablösung
der Baureihe 481 zur Verfügung stehen.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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