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Kein Vorbild für Deutschland: Autobahn-Jahres-Vignette Österreich – die Vielfahrer-Flatrate. Abb.: ADAC |
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Jetzt hat auch die CSU den Finger in die
Wunde gelegt. Die Kosten des Autoverkehrs
für den Steuerzahler übersteigen bei
weitem die Einnahmen durch Lkw-Maut,
Kfz- und Mineralölsteuer.
Deshalb ist der
auf dem CSU-Parteitag
im Oktober 2011
gefasste Beschluss,
die Autofahrer an den
entstehenden Kosten
zu beteiligen, zu begrüßen.
Für das Jahr 2005
berechnete das Forschungsinstitut
Infras
die jährlichen staatlichen
Einnahmen
durch die Lkw-Maut
mit 4 Milliarden, die
Kfz-Steuer mit 9
Milliarden und die
Mineralölsteuer mit
40 Milliarden Euro,
zusammen also 53
Milliarden Euro, während sich die quantifizierbaren
Kosten des Kfz-Verkehrs auf 77
Milliarden Euro beliefen. Das Umweltbundesamt
beziffert die jährlichen externen
Kosten mit 120 Milliarden Euro.
Dieses Defizit, für das auch Steuerzahler
ohne Auto bezahlen müssen, zeigt sich
deutlich in der mittelfristigen Finanzplanung
des Bundes. Dort, so der CSU-Parteitagsbeschluss,
„klafft eine Finanzierungslücke
von über zwei Milliarden Euro“.
Deshalb „tritt die CSU für eine nutzerbezogene
Lösung ein“, denn sie „dient der
gerechten Anlastung der Wegekosten“.
Die Ernsthaftigkeit ihrer Forderung nach
einer Pkw-Maut darf allerdings bezweifelt
werden. Über die Höhe oder die Art der
Abrechnung wird nichts gesagt. Der CSU
geht es vor allem um die „Heranziehung
der ausländischen Verkehrsteilnehmer zur
Finanzierung deutscher Verkehrswege“.
Deren Anteil wird vom ADAC mit 5,2 Prozent
beziffert. Vorausgesetzt, diese würden
alle z. B. eine Jahresvignette für 100
Euro kaufen, kämen etwa 300 Millionen
Euro zusammen, die
von dem notwendigen
Verwaltungsaufwand
wieder aufgefressen
würden. Bei
einer solchen Regelung
würden allerdings
die deutschen
Autobahnnutzer
knapp 4 Milliarden
Euro für die Maut
zahlen. Um diese aber
nicht zu belasten, sollen
sie „an anderer
Stelle eine Kompensation
erfahren“. Abgesehen
davon, dass
es das Geheimnis der
CSU ist, wie das im
Einklang mit der europäischen
Gesetzgebung
realisiert werden soll, würde wegen
der fehlenden Nutzerfinanzierung kein
zusätzliches Geld eingenommen.
Jahresvignette begünstigt Vielfahrer
Unabhängig davon ist eine Pkw-Maut in
Gestalt einer Jahresvignette auch das falsche
Instrument. Sie entspräche einer Flatrate,
bei der Wenigfahrer ebenso belastet
würden wie Vielfahrer. Das widerspricht
jeglichem ökologischen Sachverstand.
Wer mehr fährt, sollte auch mehr bezahlen
müssen.
Allein für die Sanierung der Autobahnbrücken
– so Verkehrsminister Peter
Ramsauer am 9.9.2011 im Deutschen
Bundestag – müssen in den nächsten
Jahren 7 Milliarden Euro aufgebracht
werden. Hier kann nicht gespart werden.
Wohl aber bei einigen Großprojekten. Der
Bahnhof in Stuttgart, der möglicherweise
im Nah- und Regionalverkehr Engpässe
schafft, kostet schon nach heutigen Planungskosten
mehr als 4 Milliarden Euro.
Die neue Strecke zwischen Stuttgart und
Ulm wird schon jetzt mit fast 3 Milliarden
Euro beziffert, wobei sie ebenso wenig
wie die alte mit der Geislinger Steige für
den Güterverkehr benutzbar sein wird.
Und in Berlin soll, so der frühere Senatsbaudirektor
Hans Stimmann (SPD), „ein
Stadtautobahn-Projekt der 1950er mit
den Argumenten der 1970er Jahre“ realisiert
werden, das mit knapp 140 Millionen
Euro pro Kilometer die teuerste Autobahn
der Republik wäre.
Das dort gebundene Geld fehlt an anderer
Stelle. Gab es 1972 noch 18 tägliche
Bahnverbindungen nach Polen, sind es
heute, 22 Jahre nach dem Fall des Eisernen
Vorhangs in Europa, nur noch zehn (!). Nur
2,5 Stunden brauchte der „Fliegende Schlesier“
vor dem Krieg für die 350 Kilometer
von Berlin nach Breslau. Weil zwischen
Cottbus und der Grenze 50 km Fahrdraht
fehlen und im Ramsauer-Etat für diesen Lückenschluss
kein Geld vorhanden ist – die
Strecke in Polen ist vollständig elektrifiziert
– sind zwei Lokwechsel nötig. Auch
deshalb ist man heute fast sechs Stunden
unterwegs. Das sind Zustände wie um 1885.
Mineralölsteuer belohnt Wenigfahrer
Eine gerechte und umweltfreundliche
Kostenbeteiligung der Autofahrer ohne
bürokratischen Mehraufwand sowie eine
Orientierung am Verursacherprinzip ist
noch immer die Mineralölsteuer. Sie ist –
anders als die Bahnpreise – seit vielen
Jahren unverändert geblieben. Mit einer
Erhöhung um einen einzigen Cent käme
mit 400 Millionen Euro mehr Geld in die
Staatskasse als mit dem Vignetten-Erlös
der „ausländischen Verkehrsteilnehmer“.
Und würde die bestehende Lkw-Maut
auf alle Bundesstraßen und, wie in der
Schweiz, auch auf alle Lkw ab 3,5 Tonnen
ausgeweitet, kämen jährlich sogar 2 Milliarden
Euro zusammen.
Die von der CSU geforderte „gerechte
Anlastung der Wegekosten“ und die „nutzerbezogene
Lösung“ zielen in die richtige
Richtung. Aber irregeleitet von dem Motiv,
vor allem die „ausländischen Verkehrsteilnehmer“
zur Kasse zu bitten, springt sie
konzeptionell zu kurz! Michael Cramer, MdEP
Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament
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