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2. Juli 1990: Senat und BVG sind gefordert

Aufgrund der Währungsunion erwarten Politiker und Fachleute ab dem 2. Juli einen stark zunehmenden Verkehr aus Berlin (Ost) und dem Umland nach Berlin (West) zum Einkaufen. Am selben Tag wird jedoch die von vielen Ost-Berlinern genutzte U-Bahn-Linie 1 von Kreuzberg in die City für über zwei Monate unterbrochen. Der Busersatzverkehr ist wenig attraktiv und nur begrenzt leistungsfähig. Viele werden deshalb auf andere Bahnen ausweichen. Diese sind aber teilweise schon jetzt ausgelastet oder sogar überlastet. Deshalb hat die IGEB am 12. Mai einen Katalog der als zwingend erforderlich angesehenen Angebotsverbesserungen, mit denen auf den zu erwartenden Fahrgastansturm reagiert werden sollte, an die zuständigen Stellen versand.

U. Alexander
Am Alexanderplatz. Dieser Abgang zur U-Bahn-Linie 8 wurde in ein in den 30er Jahren errichtetes Geschäftshaus integriert (Architekt: Peter Behrens). Doch seit 1961 ist der Zugang verschlossen, die BVG-Züge durchfahren den Ost-Berliner Bahnhof ohne Halt. Die IGEB fordert wegen des zu erwartenden Fahrgastandrangs eine Öffnung zum 2. Juli. Foto: U. Alexander
Zeichnung
Der Bf. Friedrichstraße ist völlig überlastet. Deshalb fordert die IGEB, ab dem 2. Juli, an dem die Grenzkontrollen entfallen sollen, sofort alle zur Zeit noch geschlossenen Zugänge zu öffnen. Zeichnung: IGEB
  • Einführung des 5-Minuten-Taktes auf der Stadtbahn (S3) zwischen Friedrichstraße und Charlottenburg. Am besten wäre es, wenn ab 2. Juli Ost-Berliner S-Bahn-Züge, die in Friedrichstraße enden, zur Verstärkung des BVG-Angebotes bis Charlottenburg verlängert werden. Sollte das noch nicht möglich sein, muß die BVG zusätzliche Züge zwischen Charlottenburıg und Friedrichstraße einsetzen. Bei Fahrzeugmangel müßte wieder die Deutsche Reichsbahn aushelfen.
  • Bauarbeiten im Bf. Friedrichstraße. Zur besseren Verteilung der Fahrgastströme im völlig überlasteten Bf. Friedrichstraße müssen die direkten Umsteigemöglichkeiten vom S-Bahnsteig, auf dem die Ost-Berliner S-Bahn-Züge enden, zu den Bahnsteigen der BVG-Linien U6 und S2 (derzeit von der S1 befahren) wiederhergestellt werden (s. Abb.). Dafür sind nur kleinere Baumaßnahmen nötig, die aber erhebliche Erleichterungen bringen werden.
  • Die über Friedrichstraße führende Nord-Süd-S-Bahn der BVG (derzeit S1) muß durch Verlängerung der Züge der S2 von Anhalter Bahnhof bis Gesundbrunnen zu den Hauptverkehrszeiten auf einen 5-Minuten-Takt verdichtet werden.
  • Die von Reinickendorf/Wedding durch das Ost-Berliner Zentrum hindurch nach Kreuzberg/Neukölln verkehrende BVG-U-Bahn-Linie 8 muß endlich auch vormittags und sonnabends, wenn zehntausende von Einkäufern mit dieser U-Bahn fahren, im 5-Minuten-Takt verkehren.
  • Die für den 31. August geplante Öffnung aller U-Bahnhöfe auf Ost-Berliner Gebiet, die derzeit von den BVG-Zügen noch ohne Halt durchfahren werden, muß auf zwei wichtigen Umsteigebahnhöfen zum 2. Juli vorgezogen werden: Stadtmitte auf der U6 und Alexanderplatz auf der U8.
  • Vom S-Bf. Treptower Park aus sollten die Busse nicht nur zum U-Bf. Schlesisches Tor, sondern ab 2. Juli auch zum U-Bf. Hermannplatz verkehren.

Inzwischen gibt es erste positive Ergebnisse. So soll der durchgehende S-Bahn-Verkehr auf der Stadtbahn frühestens zum 15. Juni, spätestens aber zum 2. Juli eingerichtet werden. Getrübt wird diese erfreuliche Meldung aber durch Äußerungen, nur alle 20 Minuten einen Zug durchfahren lassen zu wollen. Dies zeigt, daß die Verantwortlichen den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt haben, denn insbesondere freitags und sonnabends ist die Situation auf der Stadtbahn zwischen Fridrichstraße und Zoo schon jetzt unerträglich. Immer wieder kommen einzelne Fahrgäste nicht mehr in die überfüllten Züge, und das Zusteigen dauert oft so lange, daß der Fahrplan auf der S3 nicht eingehalten werden kann. Deshalb müssen mindestens alle 10 Minuten durchgehende Züge angeboten werden, und in der HVZ ist zwischen Friedrichstraße und Charlottenburg ein 5-Minuten-Takt überfällig. Einen solchen 5-Minuten-Takt gibt es auf der U-Bahn-Linie 8 seit dem 18. Mai nun endlich auch sonnabends am Vormittag und von Montag bis Freitag durchgehend von ca. 6 bıs 19 Uhr!

IGEB

aus SIGNAL 4/1990 (Juni 1990), Seite 4-5

 

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