Fernverkehr

Fahrgastbeirat in Sicht? Ein Gespräch mit Heinz Dürr.

Fast drei Jahre ist es her, da forderten die mehrheitlich auf dem Berliner Fahrgastkongreß vertretenen deutschen Fahrgastverbände, geregelte Mitsprachemöglichkeiten für die Fahrgäste zu schaffen. Erste Stufe sollte die Aufnahme in sogenannte Fahrgastbeiräte der Verkehrsunternehmen sein, für einen späteren Zeitpunkt wurde die Vertretung in den Verwaltungsräten gefordert. Die damaligen Forderungen verhallten scheinbar ungehört. Die meisten Betreiber sind offensichtlich nicht bereit, sich der Fahrgastkritik zu stellen bzw. Anregungen "Von außen" anzunehmen. Um dennoch nicht ihr Gesicht zu verlieren, führten einige Verkehrsbetriebe Pseudo-Fahrgastbeiräte ein, die aus sorgfältig ausgewählten Einzelpersonen bestehen. Sachverständige Mitglieder von Fahrgastverbänden sind dort nicht erwünscht.

Neuen Wind in die etwas abgeflaute Fahrgastbeirats-Diskussion brachte nun Heinz Dürr, Vorstandsvorsitzender von DB und DR. In einem Gespräch, das er im November 1991 in Frankfurt am Main mit dem PRO BAHN-Bundesvorsitzenden Kurt Bielecki und dem ostdeutschen PRO BAHN-Präsidenten Gerhard J. Curth führte, begrüßte er die Idee, einen Fahrgastbeirat bei den deutschen Staatsbahnen einzuführen. Denn eine Bahn-Lobby sei wichtig, aber es gäbe derzeit keine, zumindest nicht in Bonn. Überrascht war Herr Dürr, als er feststellte, daß es sich bei PRO BAHN nicht um einen Eisenbahnverein, sondern um einen Interessenverband gerade auch seiner Kunden handelt. Dem vorgetragenen Wunsch nach Installierung eines Fahrgastbeirates wolle er sich nicht verschließen. Mittlerweile hat er dem Bahnvorstand einen Antrag auf Einrichtung eines Fahrgastbeirates unterbreitet. Noch (?) keine Zustimmung fand bei Herrn Dürr dagegen der Wunsch, Fahrgastvertreter in den Verwaltungsrat der DB aufzunehmen.

Neben dem zentralen Thema "Fahrgastvertretung" brachten die PRO BAHN-Vertreter auch anderes zur Sprache. Den PRO BAHN-Vorschlag zur Einführung eines Jedermann-Passes zum Preis von 199 DM fand der Bahnvorsitzer interessant und stellte in Aussicht, daß 1992 in diese Frage Bewegung kommen werde. Das Dauerproblem der Fahrradbeföderung soll bei der DB noch einmal intensiv geprüft werden, sagte Herr Dürr zu. Ferner sollen die von PRO BAHN kritisierte Abwanderung des Großkunden Post von der Bahn sowie der Vorschlag eines ICE-Post-Nachtverkehrs untersucht werden.

Keine Einigkeit erzielten die Gesprächspartner bei der Beurteilung des Transrapids. Herr Dürr will sich hier dem technischen Fortschritt in keinem Fall verschließen. Auf den Einwand von Herrn Curth, dann müsse man den Zug aber nach Moskau fahren lassen, um nennenswerte Fahrzeitvorteile zu erzielen, erwiderte Herr Dürr, daß man den Transrapid erst im eigenen Land fahren lassen müsse, um ihn später ins Ausland verkaufen zu können.

Abschließend stellten alle Beteiligten fest, daß es sich um ein sehr nützliches Gespräch handelte. Die PRO BAHN-Chefs äußerten die Hoffnung auf eine künftig einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen Bahn und Fahrgastverband.

PRO BAHN

aus SIGNAL 1/1992 (Februar 1992), Seite 13

 

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