Das "Nadelöhr" der Autobahn am Sachsendamm soll schon seit
Jahren beseitigt werden, seit fast 20 Jahren wird
dort geplant und
vorbereitet - aber nun sind für die
Bahn keine Einzelbrücken vorgesehen,
sondern es ist eine 6.000 Quadratmeter große Betonplatte
geplant. Trotz der Proteste seitens des Bezirkes,
der Naturschutzverbände
und praktisch aller zum Thema arbeitenden Gruppen in
Schöneberg verfolgt die Senatsbauverwaltung unbeirrt
die Zubetonierung
und Verschandelung eines Teiles von Schöneberg.
Am 17. und 18. März fand im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens beim Senator
für Bau- und Wohnungswesen die gesetzlich
vorgeschriebene öffentliche Anhörung der
Einwendungen gegen den Betondeckel am
Sachsendamm statt. Schnell wurde klar, daß
die harte Linie der Bauverwaltung weitergefürt
werden soll. Ungerührt wurde nach
wie vor behauptet, ein "Eisenbahnkonzept
liegt im Grundsatz vor" - obwohl seit Wochen
der Bahnplanungs-Abstimmungs-Kampf zwischen
Bund und Land tobt, kein
Mensch mehr durchblickt, welche der diskutierten
Varianten gerade aktuell ist, und sogar
noch während der Anhörung völlig neue
Papiere der Reichsbahn vorgelegt wurden.
Die Anzahl der Gleise; kommt ein Regionalbahnhof;
was passiert dann mit dem S-Bahn-Ring - alles ungeklärte Fragen.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
hatte zu Beginn des Auslegungszeitraumes
nach Meinung der meisten Anwesenden
nicht vorgelegen, was als Verfahrensfehler
auch bemängelt wurde. Dessen ungeachtet
waren die Vertreter der Senatsbauverwaltung
der Ansicht, den gesetzlichen
Bestimmungen Genüge getan zu haben,
denn die entsprechenden Unterlagen wollen
sie "demnächst" zusammenfassen und vorlegen
...
Bei dem jetzigen Verfahren wird nur eine
"Variante" geprüft, das heißt, es gibt nur
diese Lösung, Vergleichsmöglichkeiten sind
nicht vorhanden. Zwar wird behauptet, andere
Varianten seien schon in dem 1990 abgebrochenen
Verfahren geprüft und für
nicht gut befunden worden. Aber: die Ergebnisse
sind nicht mit ausgelegt worden
und damit nicht nachvollziehbar.
Außerdem haben sich inzwischen durch den
Mauerfall verschiedene Bedingungen für
die Planung am Sachsendamm grundlegend
verändert (Fernbahn, neuer Bahnhof, mehr
Autos). Das aber schert die hohen Planer
nicht; ohne irgendeinen Beweis vorzulegen
behaupten sie: "Das damalige Auswahlverfahren
hat auch heute noch Bestand, weil
sich der geänderte Nutzungsanspruch der
Bahn auf alle Varianten gleichbleibend auswirkt."
Damals war die Mauer noch zu, und
von Regional- oder Intercityzügen sprach
noch kein Mensch in dieser Stadt.
Rechtlich immer noch nicht geklärt ist im
übrigen die Frage, ob überhaupt Prüfungsergebnisse
aus einem Planungsfeststellungsverfahren,
das ohne Beschluß abgebrochen
(nicht unterbrochen!) wurde, in dieses Verfahren
ohne weitere Auslegung und Prüfung
einfließen können.
(Schöneberger Stichel, April 1992)
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