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Die "Zukunft des Nahverkehrs in der Region
Berlin durch Verkehrsverbund und S-Bahn-Gesellschaft"
hieß am 25. August das Thema des
Abends mit Herrn Dipl.-Ing. Jakob, Abteilungsleiter
bei der Rbd Berlin und dort bis vor kurzem
für die Verbundverhandlungen zuständig. Die
große Besucherzahl und die rege Diskussion unterstrichen,
daß viele die Bedeutung dieses Themas
für die Zukunft des Berliner Verkehrs erkannt
haben.
Umso überraschender war, daß anscheinend sowohl
zum Verkehrsverbund wie auch zum künftigen
S-Bahn-Betreiber noch sehr viele Fragen
offen sind. Immerhin hatten die Beteiligten seit
Abschluß des Einigungsvertrages drei Jahre Zeit,
Vorbereitungen zur Gründung einer S-Bahn-Betreiber-Gesellschaft
zu treffen, die dann ab 1.1.94
auch gleich den Betrieb und das Personal der
West-Berliner S-Bahn-Strecken hätte übernehmen
können. Nun werden die BVG-Strecken
wohl - entsprechend dem Einigungsvertrag - zunächst
von der DR übernommen, obwohl dies
aufgrund der beabsichtigten Regionalisierung des
Schienennahverkehrs mit Sicherheit wieder nur
eine Übergangslösung sein kann. Das ist nicht nur
für die Beschäftigten sehr unbefriedigend.
Ähnlich ungewiß, das zeigten die Ausführungen
von Herrn Jakob, ist auch der zukünftige Verkehrsverbund.
Lange (zu lange!) wurde von den
Beteiligten die Errichtung eines Verkehrsverbundes
auf der Basis des überholten Betreibermodells
geplant. Erst der Druck aus den Koalitionsfraktionen
und von Berlins Regierendem Bürgermeister
höchstpersönlich brachte den Verkehrssenator
und seine Mitstreiter auf die richtige Schiene (vgl.
SIGNAL 6/93 ). Doch bis zur Gründung des
"Kommunalverbundes" entsprechend dem geplanten
Rhein-Main-Verbund werden wohl noch
Jahre ins Land gehen. In dieser Zeit soll es eine
Vorbereitungsgesellschaft geben, doch auch hier
gibt es Schwierigkeiten, denn der Bund will nicht
dabei sein.
Dieses Verschleppen und Taktieren von beteiligten
Verkehrsunternehmen und vor allem den zuständigen
Politikern kann jedoch schon bald dramatische
Folgen haben: Auch wenn Herr Jakob
es so eindeutig nicht sagte, so wurde doch die
Gefahr deutlich, daß die derzeitige unverbindliche
Zusammenarbeit der wichtigsten Verkehrsunternehmen
in der Region Berlin auseinanderbricht.
Gefährdet ist vor allem der gemeinsame
Verkehrstarif, denn zu unterschiedlich sind die
Interessenlagen der einzelnen Beteiligten. Während
sich die Reichsbahn aufgrund des Bonner
Druckes möglichst schnell vom Einheitstarif verabschieden
soll, sind die politischen Vorgaben aus
Berlin diffus, und in Potsdam befürchtet man bei
weiteren Tariferhöhungen einen deutlichen Nachfragerückgang.
Können sich die Beteiligten zu den
drei Fragen "Einheits- oder Zonentarif?", "Wie
lange noch Ost-West-Tarif?" und "Umfang der
Tariferhöhung?" nicht bald einigen, dann dürfte
der gemeinsame Verkehrstarif schon bald der
Vergangenheit angehören.
IGEB
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