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Die IGEB fürchtet: Es wird nur Verlierer geben, bei den Fahrgästen
ebenso wie bei den Berliner Verkehrsunternehmen.
Höhere Tarife =
Mehr Einnahmen?
Fortgesetzte Fehlkalkulation!
Seit Jahren erhofft sich die BVG durch
eine Erhöhung der Tarife höhere Einnahmen.
Meist vergeblich. Denn seit Jahren
verliert die BVG Fahrgäste und damit Einnahmen.
In den ersten neun Monaten
dieses Jahres gab es zwar endlich einen
leichten Fahrgastzuwachs, aber keine
höheren Fahrgeldeinnahmen.
Seit einem Jahrzehnt wurden die BVG- bzw.
VBB-Tarife regelmäßig, zumeist drastisch
erhöht. Von 1995 bis 2000 lag die
Steigerung der Tarife bei 30 Prozent, während
die Lebenshaltungskosten in Berlin
insgesamt nur um rund 4 Prozent stiegen.
Die Folgen für die BVG waren stete
Fahrgastverluste und damit trotz großer
Tarif Steigerungen nur geringfügige Mehreinnahmen
(Angaben in Millionen DM):
Jahr | Fahrgäste | Verkehrserträge |
1994 | 923 | 944 |
1995 | 872 | 973 |
1996 | 808 | 930 |
1997 | 779 | 1.088 |
1998 | 771 | 1.108 |
1999 | 763 | 978 |
1994-99 | -17% | + 4% |
Eine BVG-Abschätzung der Fahrgastzahlen
und Fahrgelderträge für die Monate
Januar bis September 2000 zeigt einen
leichten Fahrgastzuwachs, aber stagnierende
Fahrgelderträge (in Millionen):
Jahr | Fahrgäste | Fahrgelderträge |
1 -9/1999 | 573 | 586 DM |
1 - 9/2000 | 580 | 585 DM |
Zwei Monate nach der Tariferhöhung
vom 1. August 2000 waren die Erträge
also nicht höher als vor einem Jahr, obwohl
die BVG Mehreinnahmen von
durchschnittlich 1,8 Mio DM je Monat erwartet
hatte (vgl. LPD vom 14. Juli 2000,
Seite A 11).
Fazit und Forderung
- Die bisherige Tarifpolitik führt in jeder
Hinsicht in eine Sackgasse.
- Die erhöhten Tarife sind sozialpolitisch
fatal.
- Die sinkenden Fahrgastzahlen sind
Verkehrs- und umweltpolitisch fatal.
- Die sinkenden Fahrgelderträge sind
finanzpolitisch fatal.
- Verkehrspolitiker und Verkehrsunternehmen
müssen endlich gemeinsam
eine grundlegend veränderte Verkehrs- und
Tarifpolitik gestalten. Das
dem Unternehmensvertrag zwischen
Senat und BVG zugrunde liegende
BSU-Konzept, das eine jährliche Steigerung
der Verkehrstarife von zwei
bis drei Prozent vorschreibt, muß geändert
werden.
Tariferhöhung 2001: Wieder
sollen die Stammkunden zahlen
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Um 30 Prozent sind von 1995 bis 2000 die Fahrpreise gestiegen! Foto: Alexander Frenzel, April 2000 |
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Am 1. August 2001 sollen die VBB-Tarife
erneut steigen. Die BVG spricht von zwei
bis drei Prozent. Die bekannt gewordenen
Tariferhöhungspläne sehen jedoch
bei allen Tages- und Zeitkarten mit Ausnahme
der Berliner Schülermonatskarte
Erhöhungen zwischen drei und 39 Prozent
vor. Das ist unverantwortlich.
Positiv sind in den Plänen für 2001 die
Ersetzung des Kurzstreckentarifes durch
den Kieztarif (mehr Haltestellen und Umsteigeberechtigung)
und die Einführung
einer Freizeitkarte, gültig abends und an
den Wochenenden. Im Wesentlichen aber
soll die bisherige phantasie- und erfolglose
Tarifpolitik fortgesetzt werden, die sich
auf das Schröpfen der Stammkunden
konzentriert und keine Anreize zum Gewinnen
neuer Kunden enthält. Zum wiederholten
Male sollen die Zeitkartentarife
stärker als die Einzelfahrscheine erhöht
werden, so daß die Zahl der Fahrten, die
man mit Einzelfahrscheinen zurücklegen
kann, bevor sich die Anschaffung einer
Monatskarte lohnt, erneut steigt. 1997
hatte der VBB noch vollmundig formuliert:
„Die Preisbildung im Verbundtarif
und die Verwendbarkeit von Zeitkarten
werden so gestaltet, daß eine vermehrte
Inanspruchnahme des Zeitkartentarifs
durch die Fahrgäste erreicht wird."
Die Realität in Berlin sieht heute anders
aus; Beispiel: Tarifzone AB in DM:
Jahr | Einzelfahrschein | Monatskarte | Einzelfahrten billiger als Monatskarte |
1995 | 3,70 | 89,- | 24 Fahrten |
1998 | 3,90 | 99,- | 25 Fahrten |
2000 | 4,- | 105,- | 26 Fahrten |
2001* | 4,- | 109,- | 27 Fahrten |
*geplant |
„Jedem Interessentenkreis bieten wir die
angepaßten Tickets", wirbt der VBB in
seinem Faltblatt „Der Kleingruppentarif"
und nennt die Zielgruppe: „Ausflügler
und Touristen, Kaffeekränzchen und Familien".
Doch zum 1. August 2001 soll
der Kleingruppentarif ersatzlos entfallen.
Verschärft wird dieser Verlust durch die
gleichzeitig geplante drastische Verteuerung
der Tageskarten (in DM):
Fahrkarte | heute | geplant | Änd. % |
Tageskarte Berlin AB, Erwachsener |
8,70 | 11,20 | + 29 |
Kleingruppenkarte Berlin AB, 5 Personen |
21,- | entfällt |
Tageskarte Berlin ABC, Erwachsener |
9,90 | 13,80 | + 39 |
Kleingruppenkarte Berlin ABC, 5 Personen |
25,00 | entfällt |
Fazit und Forderung
- Jedes Unternehmen pflegt seine
Stammkunden, die Basis seiner Existenz,
in besonderer Weise. In Berlin
aber werden Inhaber von Monats- oder
Jahreskarten nur noch als „Melkkühe"
betrachtet. So gab es hier schmerzliche
Kunden- und Einnahmeverluste. Künftig
müssen die Monats- und Jahreskarten
bei Preisen und Leistungen endlich
wieder attraktiver werden!
- Bei fast allen Verkehrsbetrieben gibt
es Angebote für Kleingruppen, oft
sogar noch attraktiver als in Berlin.
Die VBB-Kleingruppenkarte muß erhalten
bleiben, nicht zuletzt als attraktives
Angebot an Familien.
Wann gibt es endlich
familienfreundliche Tarife?
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Fahrpreisvergleiche für Erwachsene und Kinder (in DM) |
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Berlin (und Brandenburg) sind bei Kinderfahrscheinen
beispiellos teuer, zum einen
hinsichtlich der absoluten Fahrpreishöhe,
zum anderen im Verhältnis zum Erwachsenen-Fahrschein.
Berlin ist zur Hauptstadt
familienfeindlicher Nahverkehrstarife
geworden.
„Die besondere Situation von Familien
mit schulpflichtigen Kindern ist dem Senat
bewußt", teilte Verkehrsstaatssekretärin
Maria Krautzberger mit und versprach,
sich dafür einzusetzen, „daß im Rahmen
der Weiterentwicklung des Tarifs weitere
verbesserte Angebote u.a. auch für Schüler
geschaffen werden" (Landespressedienst
vom 26. Juni 2000, Seite A7). In
diesem Sinne sind die Pläne, im Jahr 2001
auf Preiserhöhungen bei den Berliner AB-Tarifen
zu verzichten und verbilligte
Grundschülermonatskarten einzuführen,
erste richtige, aber noch vollkommen unzureichende
Schritte. Denn die Ermäßigung
für Kinder ist in Berlin geringer als in
fast allen anderen Städten. Einige Beispiele
enthält die Tabelle unten.
Fazit und Forderung
Alle Kinder- und Ausbildungstarife im VBB
müssen billiger werden! Preiswerte Tarife
für die Kinder sind familien-, sozial- und
verkehrspolitisch geboten, denn hier
wachsen die Kunden von morgen heran.
Kinder müssen lernen können, daß Bahnen
und Busse nicht nur für den Weg zur
Schule, sondern auch zum Einkaufen und
für Ausflüge geeignet sind.
Alternativen zu
Tariferhöhungen
Wer höhere Tarife fordert, der sollte zunächst
einmal nachweisen, daß er alle
Einsparpotentiale ausgeschöpft hat und
daß die höheren Tarife tatsächlich zu höheren
Einnahmen führen.
Die BVG scheint im Geld zu schwimmen,
denn noch immer plant sie die Ausgabe
einiger 100 Millionen DM, um die
Berliner U-Bahnhöfe mit Zugangssperren
auszurüsten. Begründung: Eindämmen
des „Schwarzfahrens", das 2000 einen
von der BVG geschätzten Einnahmeausfall
von rund 24 Millionen DM gebracht
hat. Selbst bei der Annahme, daß 50 Prozent
dieser Ausfälle, also 12 Millionen
DM, auf die U-Bahn entfallen, liegen die
jährlichen Kosten der Zugangssperren für
Abschreibung, Wartung und zusätzliches
Personal um ein mehrfaches höher.
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U-Bahnhof Warschauer Straße, Juni 2000. Foto: Marc Heller |
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Der Senat könnte der BVG die Einsparung
von jährlich mehreren Millionen DM
Betriebskosten ermöglichen, wenn die
Pläne zur Beschleunigung von Bus und
Straßenbahn endlich umgesetzt würden.
Erforderlich sind: mehr Busspuren, eigene
bzw. auf der Fahrbahn abmarkierte Trassen
für die Straßenbahn, konsequente
Vorrangschaltungen an den Kreuzungen,
Einrichtung von Haltestellenkaps.
Der Senat sollte der BVG nicht länger in
unternehmerische Entscheidungen hineinreden.
So mußte die BVG im letzten
Jahr 20 neue U-Bahn-Züge von ADtranz
im Wert von rund 300 Millionen DM kaufen,
die sie gar nicht brauchte.
Der VBB und die Verkehrsbetriebe
könnten Millionen sparen, wenn die Tarifveränderungen
statt jährlich höchstens
alle zwei Jahre stattfinden. Denn die Kosten
für Vorbereitung, Abstimmung und
Durchführung einer Tarifveränderung
sind beträchtlich.
Der VBB, die Verkehrsunternehmen und
die verantwortlichen Politiker müssen vor
jeder Tariferhöhung künftig sorgfältiger
prüfen, ob die angestrebten Mehreinnahmen
auch tatsächlich erreicht werden
oder ob die Tariferhöhung sogar die Ertragslage
verschlechtert.
Fazit und Forderung
Die Verkehrspolitiker, der Verbund und
die Verkehrsunternehmen schulden den
Nachweis, daß
- sie Alternativen zum alljährlichen Tariferhöhungsritual
umfassend und
sorgfältig geprüft haben und
- die Politiker dabei stets auch das Ziel
im Auge behalten, nicht nur die Ertragslage
der Verkehrsunternehmen
zu verbessern, sondern aus Verkehrs-,
sozial- und umweltpolitischen Gründen
mehr Fahrgäste für den öffentlichen
Nahverkehr zu gewinnen.
IGEB
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