Berlin

In Elstal halten nach sieben Jahren wieder Züge

Zum Fahrplanwechsel am 16. Juni 2002 ging nach sieben Jahren endlich der Bahnhof Elstal weider in Betrieb.

Damit ist die Zeit des zeitraubenden Schienenersatzverkehrs nach Wustermark vorbei. Mit dem RE 2 besteht jetzt wieder eine umsteigefreie Verbindung zur Berliner Stadtbahn und nach Rathenow. Montags bis freitags ergänzt die Regionalbahn nach Spandau und Wustermark das Angebot zum Halbstundentakt.

Von dem alten Bahnsteig ist nichts übrig geblieben. Das schöne Dach ist durch zwei Buswartehäuschen auf dem Bahnsteig ersetzt worden und auch sonst ist die Ausstattung spartanisch. Genau vier (!) Sitzgelegenheiten sind das Serviceangebot. Da die Gleislage geblieben ist, hat der Bahnsteig seine respektable Breite behalten, wirkt ohne Dach aber irgendwie nackt. Auf dem hinteren Teil des Bahnsteiges erstreckt sich eine große Grünfläche, auf der auch schon wildwuchsmäßig etliche Sommerblumen das Auge des wartenden Fahrgastes erfreuen. Die neue Fußgängerbrücke stellt den Zugang zum Ort Elstal sowie zum Ortsteil Dyrotz-Luch her.

Der gesamte alte Bahnsteig im Stile eines S-Bahnhofes mit typischen Bahnsteigaufbauten und Dach ist abgerissen worden. Damit ist der letzte „S-"Bahnsteig dieser Art am westlichen Stadtrand wie zuvor in Falkensee und Finkenkrug verschwunden. Der Neubau ist zum Glück nicht ganz so gesichtslos wie die beiden anderen. Am Ende des neuen Bahnsteigs sieht man noch die Reste des alten Bahnsteigbelages, Mosaikpflaster und Ziegel-Bahnsteigkante.

Gemeinde verschleppte Inbetriebnahme

Alter und neuer Bahnsteig in Elstal
Wustermark Rangierbahnhof im Juni 1998. Kleine Foto: Bahnhof Elstal vier Jahre später. Beide Fotos: Florian Müller

Im Sommer 1995 war der Bahnhof, damals noch Wustermark Rangierbahnhof, vom Schienennetz abgeklemmt worden, ebenso wie der gesamte Regionalverkehr auf der Lehrter Bahn zwischen Spandau und Rathenow. Der Grund war der Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin - Hannover. SEV-Busse im 2-Stunden-Takt sollten den Ersatz übernehmen. Erst nach Intervention des Bahnkunden-Verbandes wurde ein 1-Stunden-Takt eingerichtet. Im Dezember 1998, also nach dreieinhalb Jahren, ging der Regionalverkehr wieder los. Aber auf Grund der wegen Baufälligkeit gesperrten langen Fußgängerbrücke über die Anlagen des Betriebswerkes gab es keinen Zugang zum Bahnsteig. Der Bahnsteig war praktisch betriebsbereit, aber kein Fahrgast konnte ihn erreichen.

Daraufhin schloss sich ein langer Streit zwischen der Gemeinde Elstal, dem Land Brandenburg und der DB AG an, Es ging um die Finanzierung der Brücke. Die Gemeinde drängte auf einen behindertengerechten Zugang mit zwei Aufzügen; aber die Mehrkosten wollte niemand übernehmen. Durch die Maximalforderung Elstals stockte das ganze Brückenprojekt. Fahrgäste sahen die Züge nach Berlin am Bahnsteig vorbeifahren. Aber dann gab es doch eine Einigung - ohne Aufzüge, Land und Bahn teilten sich die Kosten, Die Option für einen späteren Aufzugseinbau ist berücksichtigt worden.

Groß Behnitz ohne Hoffnung

Ohne Verkehrshalt bleibt nach wie vor Groß Behnitz, 17 Kilometer von Elstal entfernt. Der Bahnsteig liegt am nicht elektrifizierten Gleis der alten Lehrter Stammstrecke. Da alle anderen Stationen mit elektrischer Traktion angefahren werden können, ist der Einsatz von Dieselfahrzeugen hier auch nicht sinnvoll. Die Lösung wird erst die Elektrifizierung des Stammgleises bringen. Diese ist zwar geplant, ein Termin ist jedoch auch langfristig nicht abzusehen. Und dem Vernehmen nach sind die wenigen Fahrgäste, die in Groß Behnitz übrig geblieben sind, mit dem Schienenersatzverkehr nach Nauen leidlich zufrieden. Wer nach Berlin Will, quält sich halt mit dem Auto über die verstopfte B 5 entlang und hat die Bahn aus seinem Gedächtnis bereits gestrichen.

IGEB, S-Bahn und Regionalverkehr
DBV Havelland

aus SIGNAL 4/2002 (September/Oktober 2002), Seite 13

 

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