|
In einem Gespräch im November 2003 zwischen
Landrat Dr. Schröder und DBV-Präsidenten
Curth wurden Alternativen zum Bahnverkehr
und Infrastrukturbetrieb der Deutschen
Bahn sowie Beispiele diskutiert. Die Anlaufberatung
für die zeitgleich vom Kreistag ausgelösten
Arbeitsgruppen fand dann noch im Dezember
2003 statt. Die Arbeitsgruppen sollen
Grundlagen und Voraussetzungen für den
Bahnerhalt ermitteln und alternative Betreiberkonzepte
prüfen. Außerdem soll die Bedienung
des Nahverkehrsraumes mit Bahn und
Bus hinsichtlich eines integrierten Verkehrskonzeptes
bewertet werden, wobei auch touristische
Potentiale zu berücksichtigen sind.
Die Erfahrungen des Busersatzes entlang der
Bahnstrecke sind auch zu beurteilen. Die ersten
Arbeitsgruppensitzungen fanden im Januar
2004 statt.
Jahrelang untätig:
Bahn und Verkehrsministerium
Bisher entstand ein Ausgleichsbedarf durch
das Land von 1,7 Millionen Euro pro Jahr für
die RB 50. DB Regio hatte die Prignitzer Eisenbahn
mit der Verkehrsdurchführung beauftragt,
die Triebwagen (VT 98) mit Rapsölmotor
einsetzte. Das brandenburgische Verkehrsministerium
rechtfertigt seine Entscheidung der
Abbestellung mit dem seit 1996 festgestellten
Handlungsbedarf wegen der Auslastung der
Züge und Investitionsbedarf für die Strecke.
Diese wenig zielführenden Tipps führen in den
Arbeitsgruppen zu deutlicher Kritik am Aufgabenträger
Land, der bei der Entwicklung der
Bahn als Verantwortlicher trotz eigener Erkenntnisse
initiativlos geblieben ist. Unbedeutend
blieb hierbei auch der Verkehrsverbund
Berlin-Brandenburg. Amtsdirektor Jendretzky
vom Amt Rhinow bringt es auf den
Punkt, wenn mit schlechten Unterstellmöglichkeiten
und Bahnanschlüssen alles getan
wurde, um Bahnkunden zu vergraulen. Ferner
bestehen Zweifel an den angeblich geringen
Fahrgastzahlen, wenn vor Ort andere Beobachtungen
gemacht wurden. Unverständlich
ist, weshalb schwächer ausgelastete Strecken
in der Prignitz gleichzeitig Chancen zum Weiterbetrieb
haben. Angeregt wurde, die Bildung
eines Zweckverbandes mit den Kommunen zu
prüfen, der die Strecke in seine Trägerschaft
übernimmt.
|
Kursbuchtabelle für den Städtebahn-Abschnitt Treuenbrietzen - Neustadt (Posse), Winter 1955. |
|
DB Netz beabsichtigt jetzt, die Strecke im
Februar 2004 für Dritte auszuschreiben und
rechnet damit, das die betrieblich stillgelegte
Strecke noch ein Jahr durch sie bis zur Abgabe
oder endgültigen Stilllegung vorgehalten werden
muss. Möglicherweise soll der Streckenteil
vom Bahnhof Rathenow bis Rathenow
Nord in die RB 51 aus Brandenburg/Havel einbezogen
werden, wenn sie Ende 2004 nach
Abschluss der Sanierung wieder in Betrieb
geht. Die Verkehrsbedeutung der Brandenburgischen
Städtebahn strahlt nach Auffassung
des DBV ohnehin über die einzelnen Abschnitte
zwischen Neustadt, Rathenow, Brandenburg,
Beizig und Treuenbrietzen hinaus, weshalb
ihre Zukunft auch bei Verknüpfung der
gesamten Strecke betrachtet werden muss.
Bei Weiterbestehen der Städtebahn-Brücke
über die Hamburger Bahn in Neustadt müssten
die ICE-Züge Hamburg - Berlin hier ihre
Geschwindigkeit von 230 auf 160 Stundenkilometer
drosseln. Das deshalb vorab ein Wegfall
der Strecke beabsichtigt gewesen sein
könnte, wurde verneint. Der von der DB ermittelte
pauschale Investitionsbedarf an
Bahnübergängen, Sicherungstechnik, Oberbau
und Brücken muss überprüft werden. Es bestehen
Zweifel, weil ihre Ansprüche erfahrungsgemäß
zu hoch sind und geringere Anforderungen
je nach alternativen Betriebskonzept
nicht berücksichtigen. Derzeit liegt die
Streckenhöchstgeschwindigkeit bei 50 km/h,
von den 36 Bahnübergängen sind acht technisch
gesichert. Eine Betrachtung der Lage der
Zugangsstellen muss noch durchgeführt werden.
Die Bevölkerung wird im Durchschnitt zunehmend
älter und die Schülerzahlen gehen
zurück. Statt diese allgemeine Tendenz wie
bei der Diskussion um die Rentenversicherung
ständig nur zu bedauern sollte sie durch Nahverkehrsangebote
begleitet werden, weil das
Autofahren für ältere Menschen schwieriger
wird und die Infrastruktur im ländlichen Raum
(Ärzte, Einkauf) zurückgeht. Unverständnis
bestand bei den Kommunalpolitikern, weshalb
die Schüler nicht vom Bahnhof zur Schule laufen
oder umsteigen könnten, was von den
Verfechtern des Schulbusverkehrs vertreten
wurde. Immerhin wohnen 115 Schüler unmittelbar
in den Orten der Städtebahn. Aus den
touristischen Einrichtungen entlang der Strekke
lassen sich zwar noch keine regelmäßig
großen Verkehrsaufkommen ableiten. Im Hinblick
auf die hohen Touristenzahlen aber in
Neustadt sind zusätzliche Bahnnutzer, die
Rathenow (Landesgartenschau 2006) oder
Brandenburg/Havel per Städtebahn besuchen
wollen, anzunehmen. Um Entwicklungspotentiale
im Radtourismus überhaupt nutzbar zu
machen, ist die Eisenbahn Voraussetzung.
Wichtig ist ein Marketing für die Region, die
in Berlin viel zu wenig bekannt ist.
Brandenburgische Dörfer:
ÖPNV-Wüste
Die neun (Montag-Freitag, am Wochenende
acht) Fahrtenpaare der RB 50 wurden am
1. Dezember 2003 durch Busse ersetzt. Dafür
erhält der Landkreis als Aufgabenträger für
den Busverkehr (noch) etwa 400.000 Euro pro
Jahr, die Finanzierung des Ersatzbusses in den
Folgejahren ist offen. Seitdem ist die Buslinie
684 aus Rathenow um diese Schienenersatz-Fahrten
verstärkt und über die Kreisgrenze
hinaus von Rhinow nach Neustadt verlängert.
Taktgleich wie vorher die Regionalbahnzüge
liegen die Bustouren und folgen bis auf den
Bereich um den Ort Spaatz der Bundesstraße
B 102. Dabei erhalten jetzt erstmals Siedlungen,
in denen für die Bahn keine Zugangsstelle
errichtet wurden, eine zweistündliche ÖPNV-Bedienung
- und das auch am Wochenende.
Die gesamte Region zwischen Rathenow und
Neustadt wurde vorher nur an Schultagen
Montag bis Freitag durch wenige Busse vor und
nachmittags bedient, in den Ferien verkehren
einige Fahrten sogar nur einmal in der
Woche! Und am Wochenende fuhr nur die
Bahn. Das hat bereits Wünsche nach Anschluss
weiterer Orte an den Schienenersatzverkehr
geweckt, was seine Ersatzfunktion
für die RB 50 in Frage stellen würde. Offensichtlich
ist jetzt immerhin das Interesse an
der ÖPNV-Bedienung in den Dörfern entstanden.
Nach ersten Zählungen liegen die Fahrgastzahlen
Montag bis Freitag bei 190 bis 210 pro
Tag, an den Wochenenden etwa bei der Hälfte.
Die stärkste Nutzung der Busse erfolgt erwartungsgemäß
im Abschnitt zwischen
Rathenow und Rhinow. Weiter nach Großderschau
und Neustadt nimmt die Nachfrage
dann ab, vermutlich weil sich hier die Anschlusssituation
zur Hamburger Bahn nicht
verbessert hat und der Schülerverkehr im
wesentlichen innerhalb der Kreise verläuft.
Auf Nachfrage erklärte die Busgesellschaft,
das allerdings bereits vor dem 1. Dezember
2003 etwa die gleichen Fahrgastzahlen erreicht
waren, was die zuständige Kreisverwaltung
nicht bestätigen wollte. Bis zu fünf
Fahrräder können in den Bussen befördert
werden, größere Gruppen müssen sich aber
einen Tag vorher anmelden. Den spontanen
Wochenendtourismus in dieser Region hat
man mit diesem Angebot wohl schon vor Saisonbeginn
abgewürgt, (sm) DBV Havelland
|