Schienenverkehrswochen 1996

Fragen an den BVG-Chef

Am 14. Mai fand im Rahmen der 13. Schienenverkehrs-Wochen eine Veranstaltung mit dem Vorstandsvorsitzenden der BVG, Herrn Rüdiger vorm Walde statt. Schon bei seinem Amtsantritt 1993 hat es sich Herr v. Walde zur dankenswerten Gewohnheit gemacht, den Dialog mit den Fahrgästen auch auf den jährlich stattfindenden Schienenverkehrs-Wochen zu suchen.

Erwartungsgemäß standen Fragen zur Entwicklung der Tarife in Berlin im Mittelpunkt. Herr v. Walde machte deutlich, daß die BVG nach ihrer Einschätzung pro Fahrgastfahrt zu wenig erlöst und sich deshalb eine "Verbesserung der Einnahmesituation" wünscht. Dies soll durch Einführung eines topographischen Zonensystems (im Gegensatz zum augenblicklich geltenden ansatzweisen Zeitzonensystem) erreicht werden. Eine grundsätzliche Änderung des Tarifsystems ist aber nur im Gesamtrahmen der VBB möglich, was bedeutet, daß sich die BVG in der Zwischenzeit mit pauschalen Tariferhöhungen (die nächste am l.l0.96) "behilft".

Ein wichtiges Thema war auch das Semesterticket. Nachdem es bereits im vergangenen Jahr eine ausführliche Diskussion dazu gegeben hatte, stellte sich jetzt heraus, daß in der Sache keinerlei Fortschritt erzielt wurde. Die BVG und die Studentenvertreterwarten in trauter Gemeinsamkeit auf ein Gutachten, um zu entscheiden, was ein derartiges Ticket denn nun kosten darf. Bis dahin geschieht - nichts (außer regelmäßigen Tariferhöhungen, siehe oben).

Überraschenderweise wurden diesmal der weitergehende Personalabbau bei der BVG (Vorruhestandsregelungen u.ä.) und dessen mögliche Konsequenzen für das Angebot nicht thematisiert. Im letzten Jahr hatte eine derartige Regelung zu gravierendem Mangel beim Fahrpersonal geführt und Betriebseinschränkungen verursacht.

Kleinbus
Dieser Kleinbus wurde zwar nur kurze Zeit von der BVG eingesetzt, war als Linienfahrzeug aber ebenso schwer zu erkennen, wie die zahlreichen von privaten Unternehmen im Auftrag der BVG eingesetzten Fahrzeuge. Foto: I. Schmidt

Auf Nachfrage erläuterte Herr v. Walde Probleme, die es bei der Fremdvergabe von BVG-Linien an private Unternehmen gibt. Dies betrifft hauptsächlich Fragen des Fahrzeugeinsatzes. Während im Tagesverkehr den Firmen der einzusetzende Fahrzeugpark genau vorgeschrieben wird, ist dies im Spät- und Nachtverkehr nicht so. Die BVG sieht somit keine Möglichkeit, gegen die abends verkehrenden Kleinbusse (z.B. nur in einer Tür, ohne beleuchtete Zielbeschilderung, Nichterkennbarkeit als öffentliches Linienverkehrsmittel etc.) vorzugehen.

Podium
War auch bei den 13. Schienenverkehrs-Wochen dabei: Der BVG-Vorstandsvorsitzende Rüdiger vorm Walde (links). Moderiert wurde der Abend vom IGEB-Vorsitzenden Gerhard J. Curth. Foto: Michael Altmann

Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang sind die bislang unzureichenden Möglichkeiten, auf Nachfrageschwankungen bei den mit Kleinbussen oder Taxis betriebenen Nachtlinien zu reagieren. Kommt es auf einer derartigen Linie dazu, daß die Plätze nicht für alle Fahrgäste ausreichen, so soll eigentlich das betreffende Fahrzeug einen weiteren Umlauf absolvieren. Ist dies nicht möglich (was auf den allermeisten Linien aufgrund des Linienzuschnitts der Fall ist), muß der Fahrgast bis zur nächsten regulären Fahrt warten (ernsthaft!) oder ein Taxi nehmen. Die BVG sieht sich ohne Nennung von nachvollziehbaren Gründen nicht in der Lage, die in zahlreichen Städten bzw. Verkehrsuntemehmen (z.B. Havelbus) übliche Praxis zu übernehmen, nach der der Fahrer des überlasteten Kleinbussses über die Zentrale ein zusätzliches Fahrzeug bestellt. Der BVG-Chef deutete lediglich an, daß sein Unternehmen in einem derartigen Fall die Kosten einer notwendig gewordenen Taxifahrt dem Kunden erstatten könnte.

IGEB

aus SIGNAL 6/1996 (September 1996), Seite 16-17

 

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