2/3 aller neuen Ampeln bremsen die Straßenbahn aus
Wie aus der vom Berliner Fahrgastverband IGEB erstellten Übersicht
(siehe Grafik) deutlich wird, behindern weniger die "Alt"-Ampelanlagen die
Straßenbahn, vielmehr stellen die mit moderner Technik ausgestatteten
Neuanlagen das Hauptproblem dar. Zwei Drittel aller seit der Wende neu
errichteten Ampeln gewähren der Straßenbahn entweder keinen Vorrang,
oder sie benachteiligen die Straßenbahn sogar durch z.T. minutenlange
Wartezeiten! Nur jede zehnte unter der Regie der Berliner
Senatsverkehrsverwaltung errichtete Lichtsignalanlage ist so
programmiert, daß die Straßenbahn freie Fahrt erhält.
Pilotprojekt Linie 20 - ein Flop
|
Beschleunigung der BVG-Linie 20: Vom Pilotprojekt zum Flop. Foto: Marc Heller |
|
Die Linie 20 sollte schon vor einigen Jahren als Pilotprojekt für eine
komplette Bevorrechtigung ausgebaut werden. Eine Reduzierung der Fahrzeit
von 25 auf 16 Minuten war geplant. Doch die ersten entsprechend geschalteten
Ampeln blieben Ausnahmen.
- Beispiel Danziger/Kniprodestraße: Hier gab es
eine Vorrangschaltung, die aber wieder aufgehoben wurde.
- Beispiel Bersarinplatz: Trotz vorheriger Anmeldung über mehrere
Induktionskontakte muß die Bahn hier an einer reinen Fußgängerampel
regelmäßig stoppen.
Um solche und ähnliche Behinderungen im gesamten Berliner Straßennetz
abzubauen, wollten BVG und Senat einen Vertrag abschließen. Im Vorfeld
der Vertragsverhandlungen bewies die BVG dem Senat Anfang diesen Jahres
durch eine detaillierte Kosten-Nutzen-Rechnung, wie vorteilhaft eine
gesamtnetzbezogene Beschleunigung der Straßenbahn wäre. Durch die
Beschleunigung könnten einige Linien bis zu 10 Minuten schneller werden!
44 Fahrzeuge weniger wären erforderlich, so daß fast 150 Mio DM
Investitionskosten sowie jährlich 8 Mio DM Personal- und sonstige
Kosten eingespart werden könnten.
(siehe SIGNAL 7/96 )
Die BVG wollte die für Umbau- und Programmierung erforderlichen Kosten
von ca. 50 Mio DM sogar vorfinanzieren, wenn damit der langfristige
Bestand der neuen Ampelprogramme
gesichert sei. Doch die geplante Unterzeichnung des Vertrages ist
gescheitert! Senat und BVG schieben sich nun gegenseitig den schwärzet
Peter zu - der eindeutige Verlierer ist mal wieder der Fahrgast: Er muß
weiterhin mit der Straßenbahn vor den roten Ampeln warten und darf die
dadurch entstehenden Mehrkosten durch noch höhere Tarife und schlechtere
Taktangebote ausbaden.
|
Berücksichtigung der Straßenbahn bei Neubau-LSA in Berlin (seit 1990). Grafik: IGEB |
|
Nach Aussagen von Herrn Wardakas, oberster "Ampelplaner" in der
Senatsverkehrsverwaltung, wird sich der Senat nun auch ohne
Vorfinanzierung durch die BVG um die Beschleunigung der Tram
kümmern. Dabei legt er großen Wert auf
die Zusammenarbeit mit dem Fahrgastverband. "Wenn wir eine neue
Anlage bauen, wird die Straßenbahn priorisiert", verspricht der
Ampelexperte. Umfangreiche Änderungen sind teuer, doch manchmal
könnten schon Kleinigkeiten großen Nutzen bringen.
Tram-Beschleunigung finanziell und verkehrspolitisch sinnvoll
Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert angesichts des bisher
unhaltbaren Zustandes die Verantwortlichen auf, umgehend die
Tram-Beschleunigung zu beginnen. Gerade angesichts leerer
Haushaltskassen hat wohl niemand mehr Verständnis dafür, daß Maßnahmen
zur Verringerung des BVG-Defizits weiterhin boykottiert werden. IGEB
|