Die 15. Schienenverkehrs-Wochen finden im Mai 1998 statt, und die Planung
hierfür hat bereits begonnen. Dennoch wollen wir Ihnen noch einen Bericht
von den letzten Schienenverkehrs-Wochen nachreichen, genauer: vom
Kundensprechtag mit BVG-Chef Rüdiger vorm Walde am 10. Juni.
In einem einführenden Vortrag stellte Herr vorm Walde die derzeitige
Situation seines Unternehmens dar. Insgesamt sieht er die BVG auf dem
richtigen Kurs, ohne jedoch Schwachstellen zu verschweigen. Die BVG hat mit
jährlich 1 Milliarde Fahrgästen derzeit einen Marktanteil von 75% am Berliner
ÖPNV. Sie erreicht eine Marktdurchdringung von 91%, das heißt: Es gibt nur
wenige Berliner, die nicht mindestens einmal im Monat die BVG nutzen.
Interessant waren einige weitere statistische Daten. So wurden die
Wagenkilometer je Bus innerhalb von zwei Jahren von 14.000 auf 17.000 km pro
Jahr erhöht. Negativ war dagegen die Entwicklung der BVG-Fahrgastzahlen. Als
eine Ursache für den Rückgang um 20 % in den letzten Jahren nannte vorm Walde
ganz offen die Fahrpreiserhöhungen, als zweiten Grund die schrittweise
Wiederinbetriebnahme stillgelegter S-Bahn-Strecken. Weniger nachvollziehbar
war sein drittes Argument: veränderte Berechnungsmethoden bei der Ermittlung
der Fahrgastzahlen.
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BVG-Chef Rüdiger vorm Walde zählt zu den Stammgästen auf den Schienenverkehrs-Wochen. Foto: Matthias Hansen (1996) |
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Rüdiger vorm Walde stellte ausführlich die dramatische finanzielle Situation
der BVG dar, auf die seitens des Vorstands nur ein geringer Einfluß bestehe.
So mahnte er an, daß bei den anstehenden Ausschreibungen von
Verkehrsleistungen die (vom Land Berlin gewollte) "Belastung" aus den
Tarifverträgen mit den Arbeitnehmern zu berücksichtigen sei. Dieser
Tarifnachteil der BVG liege bei rund 35% Mehrkosten gegenüber den potentiellen
Mitbewerbern. Auf eine Frage aus dem Publikum zu der willkürlichen
Zuschußkürzung des Senats um fast 50 Millionen DM (vgl. SIGNAL 3/97 )
konnte er nur antworten, daß dabei die BVG in einer sehr schlechten
Verhandlungsposition war. Trotzdem wolle der Vorstand die Interessen
der BVG stärker vertreten, auch im Interesse der Fahrgäste.
Die Diskussion brachte beiden Seiten wertvolle und "ungefilterte"
Informationen. Mehr als einmal fiel von Seiten des BVG-Chefs das Wort
"peinlich", wenn er sich für das Versagen einzelner Mitarbeiter rechtfertigen
mußte. Trotzdem will die BVG den Fahrgästen künftig bestimmte
Qualitätsstandards wie saubere Fahrzeuge und eingehaltene Anschlüsse
garantieren. Wenn beispielsweise ein Fahrgast sich an einem schmutzigen Sitz
die Bekleidung beschmiert, so will die BVG die Reinigungskosten übernehmen.
Ähnliches gilt für den verpaßten Anschluß. Dort soll dann im Extremfall das
Taxi bezahlt werden. Außerdem berichtete er von dem Projekt eines
inzwischen gegründeten BVG-Kundenclubs.
Eine Nachfrage galt dem Semesterticket. Vorm Walde erklärte, daß der von den
Studentenvertretern vorgeschlagene Gutachter zu einem Preis von 190 DM pro
Semesterticket gekommen sei. Das liegt ziemlich genau bei den Vorstellungen
der BVG, wird jedoch bei den Studenten kaum durchsetzbar sein.
Harsche Kritik mußte sich vorm Walde zur BVG-Kundenzeitschrift "BVG Plus"
anhören. Ergab zu, das diesem Produkt bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt
wurde. "Entsetzt" war er jedoch, als fast alle Anwesenden das BVG-Maskottchen
"Elsa" zumindest verbal "schlachteten". Im Juli-Heft war die Hündin Elsa
dann zwar verschwunden, aber die Qualität von "BVG Plus" insgesamt noch
nicht viel besser.
In seinem Schlußwort zeigte sich Rüdiger vorm Walde sehr angetan vom Verlauf
der Veranstaltung. Der BVG-Chef äußerte - ebenso wie viele seiner Zuhörer -
den Wunsch nach einer Fortsetzung des Gespräches bei den nächsten
Schienenverkehrs-Wochen.
IGEB
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