Schienenverkehrswochen 2014

Pünktlichkeit, Fahrgastinformation, VLB

Fahrgast-Sprechtag BVG-Omnibus auch 2014 ein gutes Abbild der Alttagssorgen

Wieder gut besucht von engagierten und sehr kundigen Fahrgästen war der Fahrgast-Sprechtag für die BVG-Busfahrgäste am 16. September. Abteilungsleiter Hartmut Reupke vom BVG-Betriebsmanagement Omnibus referierte und antwortete auf die vielen Fragen.

In seinem Einführungsreferat berichtete er über aktuelle und künftige Entwicklungen bei der BVG. Um die Busflotte für die vom Land Berlin bestellten Zusatzverkehre kurzfristig zu erweitern, wurden 15 gebrauchte Gelenkbusse beschafft, vier aus Stuttgart und elf aus Amsterdam. Die Fahrzeuge sind im Regelfall im Schienenersatzverkehr anzutreffen.

Mitte 2015 sollen vier Solaris-Elektrobusse den Betrieb auf der Linie 204 aufnehmen. An den jeweiligen Endstellen werden entsprechende Stromaufladeeinrichtungen errichtet. Außerdem erprobt die BVG ab Dezember einen neuen Doppeldecker. Das nur 10,80 Meter lange und nur mit einer Treppe ausgerüstete Fahrzeug soll ausgiebig auf seine Einsatztauglichkeit für die Berliner Verhältnisse getestet werden. Eine klare Aussage über das künftige Einsatzgebiet dieses Fahrzeuges vermied Hartmut Reupke allerdings. Es scheint jedoch klar, dass dieses Fahrzeug wohl kein Nachfolger für den jetzigen 13,70 Meter langen Doppeldecker sein kann, eher für die zum Ausmustern anstehenden 15-Meter-Eindecker.

Nochmals Angebotsverbesserungen

Bekanntermaßen hat der Aufgabenträger die Bestellerentgelte erhöht, damit die BVG bei U-Bahn, Straßenbahn und Bus ihr Angebot verbessern kann. Neben bereits erfolgten Taktverdichtungen erläuterte Herr Reupke die noch im Dezember folgenden Maßnahmen:

So wird der 248er vom Ostbahnhof bis zum S-Bahnhof Warschauer Straße (Tamara-Danz-Straße) verlängert und erschließt im 20-Minuten-Takt die Mühlenstraße im Bereich der O2-World.

Bus an der Kreuzung im Stau.
Zu wenige und notgedrungen zu kleine Busse fuhren auf dem stark frequentierten M 49, nachdem die Spandauer Freybrücke plötzlich für Fahrzeuge über 18 Tonnen gesperrt wurde. Foto: Angelo Januschew

Die Linie 167 wird in 165 umbenannt und verkehrt ab S-Bahnhof Treptower Park im Zuge der Linie 265 bis U-Bahnhof Märkisches Museum. Auf diesem Abschnitt wird mit beiden Linien daher ein 10-Minuten-Takt erreicht. Der dadurch wegfallende Ast des 167ers zum U-Bahnhof Boddinstraße wird von der vom S-Bahnhof Treptower Park verlängerten Linie 166 im 20-Minuten-Takt übernommen. Um in diesem Abschnitt einen 5-Minuten-Takt erreichen zu können, wird die Linie 104 bis U-Bahnhof Boddinstraße ebenfalls entsprechend verstärkt.

Eine angestrebte Verdichtung beim M 41 im Zuge der Sonnenallee soll nur dann stattfinden, wenn es gleichzeitig Busbeschleunigungsmaßnahmen in diesem staugeplagten Bereich gibt. Hier bleibt abzuwarten, ob das angesichts des zu erwartenden Widerstandes der „Verkehrslenkung Berlin“ (VLB) gelingt.

Dauerärgernis VLB

Zur Verdeutlichung der problembelasteten Zusammenarbeit mit Berliner Behörden im Zusammenhang mit immer häufiger auftretenden Baumaßnahmen erläuterte Hartmut Reupke ein Beispiel. Die Gallwitzallee in Lankwitz sollte zum 9. Juli 2014 eine Grundsanierung erhalten. Am 13. August 2013 erfolgte eine Bauvorbesprechung mit der VLB. Es wurde der BVG mitgeteilt, dass die Gallwitzallee während der Bauarbeiten in weiten Bereichen auch für den Busverkehr nicht befahrbar ist. Es erfolgte daraufhin eine Neuplanung für die betroffene Linie M 82. Auf Grund der komplexen Baumaßnahme wurde der M 82 faktisch geteilt und im Linienverlauf so geändert, dass auch der X 83 planerisch einbezogen werden musste. Der Umstellungsaufwand war bei dieser Maßnahme enorm.

Bus an einer Kreuzung
Die Linie M 41 zwischen Baumschulenstraße und Hauptbahnhof fährt rund um die Uhr und gehört zu den am besten genutzten Buslinien der BVG. Eine weitere Taktverdichtung wird angestrebt, ist aber nur sinnvoll, wenn die Strecke gleichzeitig „busfreundlich“ umgebaut wird. Hier ist Widerstand der die Autobelange verteidigenden Verkehrslenkung Berlin vorprogrammiert. Foto: Angelo Januschew

Das Konzept wurde der VLB im Mai 2014 übermittelt. Am 2. Juli 2014, also sieben Tage vor Baubeginn, teilte die VLB der BVG mit, dass die Baumaßnahme so nicht genehmigungsfähig sei und legte der BVG eine Neuplanung vor, bei der die Gallwitzallee weitgehend mit Bussen befahren werden konnte. Eine völlige Neuplanung war nun der BVG aber nicht mehr möglich, weil die Ersatzleistungen fahrplantechnisch und dienstrechtlich bereits eingetütet und gegenüber den Fahrgästen kommuniziert worden waren. Die kurzfristige erneute Änderung hatte zur Folge, dass teilweise Umleitungsmaßnahmen gefahren wurden, die vom Bauverlauf nicht mehr notwendig gewesen wären. Fazit: Viel Geld und Zeit verschwendet, Fahrgäste verärgert.

Kritik am Busangebot nach Sperrung der Freybrücke

In der Publikumsfragerunde wurde das schlechte Angebot auf der Linie M 49/X 49 nach der überraschenden Sperrung der Spandauer Freybrücke für Kraftfahrzeuge über 18 Tonnen bemängelt (siehe auch SIGNAL 2/2014). Bekanntlich wurde der M 49 ersatzweise mit 12-Meter-Bussen zunächst nur im 10-Minuten-Takt anstelle mit 18-Meter-Gelenkbussen bedient, der X 49 ersatzlos eingestellt und der parallel fahrende X 34 zum S/U-Bahnhof Rathaus Spandau geführt. Erst später wurde der Takt auf dem M 49 verdichtet, viele Busse aber blieben überfüllt. Besonders kritisiert wurde, dass auch der Abschnitt zwischen Zoo und Theodor-Heuss-Platz nicht verstärkt bedient wurde.

In seiner Antwort verwies Herr Reupke auf den Mangel an 12-Meter-Bussen in den für diese Linien zuständigen Betriebshöfen. Schließlich sei es dann ja zu dem verbesserten 6/7/7-Minuten-Takt gekommen. Ein Brechen der Linie im Bereich Theodor-Heuss-Platz mit zusätzlichen Fahrten wurde als nicht möglich betrachtet – warum eigentlich? Ferner wies Herr Reupke darauf hin, dass nach der Taktverdichtung beim M 49 dieses Angebot von den Fahrgästen „mehr als eigentlich nötig“ angenommen wurde, was die weiterhin überfüllten Busse erkläre. Er verwies auf die schnellere Möglichkeit, mit der S-Bahn nach Spandau und weiter z. B. mit dem dorthin geführten X 34 zu fahren. Offensichtlich wollten viele Fahrgäste das aber nicht und hätten dafür vermutlich Gründe. Fragestellern, die leere Doppeldecker und Gelenkbusse auf der Freybrücke beobachtet haben, antwortete Herr Reupke, dass es Ausnahmegenehmigungen ausschließlich für leere Fahrzeuge und Fahrten für betriebliche Zwecken gegeben hat.

Zur Frage, warum die von VBB-Umlandbetrieben durchgeführten Fahrten auf den Daisy-Anzeigern der BVG nicht angezeigt werden, sagte Herr Reupke, es sei ein Systemwechsel der Anzeigegeräte erforderlich. Nach der gegenwärtigen Planung sei dies erst nach 2017 möglich.

Bemängelt wurden Taktlücken beim 260er. Die Linie steht regelmäßig vor dem S-Bahnhof Adlershof im Fahrzeugstau. Es wurde vorgeschlagen, diese Linie auf der vorhandenen Tram-Trasse fahren zu lassen. Die BVG habe genau das gewollt, sagte Herr Reupke, aber – wie sollte es anders sein – die technische Aufsichtsbehörde hat dieses Ansinnen abgelehnt. Schließlich sei diese Trasse für die Tram und nicht für den Bus genehmigt worden. Nun muss man erneut prüfen, überlegen und mit den Aufsichtsbehörden nach machbaren Möglichkeiten suchen.

Probleme im Südwesten

Fahrgastkritik gab es zu ständigen Ausfällen von Fahrten beim X 83 ab Dahlem-Dorf und zu unregelmäßigen Verkehren auf den Linien M 48, M 85 und 285. Gefordert wurde eine Busspur ab Bäkestraße auf dem Hindenburgdamm, um die Situation für M 85/285 zu verbessern. Angeregt wurde auch eine Teilung dieser Linien bzw. Shuttle-Verkehre in Linienteilbereichen bei Störungen. Hartmut Reupke antwortete, der BVG seien diese Probleme bekannt. Man sei dabei, Entstörungskonzepte für die genannten Linien zu erarbeiten. So denkt man z. B. über eine ständige Führung des M 85 durch den Tiergartentunnel anstelle der oberirdischen Lösung durch das Regierungsviertel nach.

Fragen gab es auch zu dem erklärten politischen Ziel, bis 2022 den ÖPNV barrierefrei zu gestalten. Das bedeutet auch den Umbau aller Haltestellen nach diesen Maßstäben. Die BVG diskutiert die barrierefreien Aspekte mit Behindertenverbänden und dem BVG-Beirat. Bus-Kaps sind eine denkbare Lösung. Die Genehmigung liegt hier aber bei den sehr unterschiedlich denkenden Berliner Bezirken. Das Ziel 2022 hat man im Auge, es ist aber sehr fraglich, ob bis zu diesem Zeitpunkt alles realisierbar ist.

Vergitterte Bushaltestelle
Immer wieder machen unbenutzbare Haltestellen den Fahrgästen Ärger. Wenn eine Haltestelle (wie hier „An der Urania“) so zugestellt ist, muss die BVG eine Verschiebung oder eine Ersatzhaltestelle organisieren. Die Hinnahme solcher Zustände durch die BVG ist Vereitelung der Fahrgast-Information von Amts wegen. Hier müssen die BVGLinien-bzw. Gebiets-Manager einschreiten. Foto: Thomas Brodthage

Kritik gab es für nicht stattfindende Haltestellendurchsagen bei Ausfall des RBL-Systems, überfüllte Haltestellenbelegungen am S-Bahnhof Pankow, defekte Klimaanlagen in Bussen sowie über Mängel bei der Anschlusssicherung am Knoten S/U-Bahnhof Rathaus Spandau, wenn bei Ankunft der Linie 134 der M 37 mal wieder weg ist. Auch wurde von den Zuhörern angeregt, die Leitstelle aktiv in die Steuerung von Betriebsabläufen bei Bus-Pulkbildung einzubinden. Bislang werden in solchen häufig auftretenden Fällen nur die Fahrer-Ablöseprobleme behandelt. Zum letzten Punkt verwies Herr Reupke auf ein in Erarbeitung befindliches Konzept mit zusätzlichen Aufgaben für die Leitstelle, welches nach der endgültigen Vernetzung der Bus- und Straßenbahn Leitstelle, welche jetzt beide im Betriebshof Lichtenberg angesiedelt sind, umgesetzt werden soll.

Die gesamte Diskussionsrunde ist hier natürlich nur auszugsweise wiedergegeben, etliche Fragen und Anregungen wurden von Hartmut Reupke „mitgenommen“. Mit Beifall ging der Abend zu Ende.

Die Antworten auf offen gebliebene Fragen zum Fahrgast-Sprechtag stehen im Internet unter www.igeb.org/svw-vortraege.html bereit.

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 6/2014 (Dezember 2014), Seite 20-21

 

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