Wieder gut besucht von engagierten und
sehr kundigen Fahrgästen war der Fahrgast-Sprechtag
für die BVG-Busfahrgäste am
16. September. Abteilungsleiter Hartmut
Reupke vom BVG-Betriebsmanagement
Omnibus referierte und antwortete auf die
vielen Fragen.
In seinem Einführungsreferat berichtete er
über aktuelle und künftige Entwicklungen
bei der BVG. Um die Busflotte für die vom
Land Berlin bestellten Zusatzverkehre kurzfristig
zu erweitern, wurden 15 gebrauchte
Gelenkbusse beschafft, vier aus Stuttgart
und elf aus Amsterdam. Die Fahrzeuge sind
im Regelfall im Schienenersatzverkehr anzutreffen.
Mitte 2015 sollen vier Solaris-Elektrobusse
den Betrieb auf der Linie 204 aufnehmen. An
den jeweiligen Endstellen werden entsprechende
Stromaufladeeinrichtungen errichtet.
Außerdem erprobt die BVG ab Dezember
einen neuen Doppeldecker. Das nur 10,80
Meter lange und nur mit einer Treppe ausgerüstete
Fahrzeug soll ausgiebig auf seine
Einsatztauglichkeit für die Berliner Verhältnisse
getestet werden. Eine klare Aussage
über das künftige Einsatzgebiet dieses Fahrzeuges
vermied Hartmut Reupke allerdings.
Es scheint jedoch klar, dass dieses Fahrzeug
wohl kein Nachfolger für den jetzigen 13,70
Meter langen Doppeldecker sein kann,
eher für die zum Ausmustern anstehenden
15-Meter-Eindecker.
Nochmals Angebotsverbesserungen
Bekanntermaßen hat der Aufgabenträger
die Bestellerentgelte erhöht, damit die BVG
bei U-Bahn, Straßenbahn und Bus ihr Angebot
verbessern kann. Neben bereits erfolgten
Taktverdichtungen erläuterte Herr
Reupke die noch im Dezember folgenden
Maßnahmen:
So wird der 248er vom Ostbahnhof bis
zum S-Bahnhof Warschauer Straße (Tamara-Danz-Straße)
verlängert und erschließt
im 20-Minuten-Takt die Mühlenstraße im
Bereich der O2-World.
|
Zu wenige und notgedrungen zu kleine Busse fuhren auf dem stark frequentierten M 49, nachdem die Spandauer Freybrücke plötzlich für Fahrzeuge über 18 Tonnen gesperrt wurde. Foto: Angelo Januschew |
|
Die Linie 167 wird in 165 umbenannt und
verkehrt ab S-Bahnhof Treptower Park im
Zuge der Linie 265 bis U-Bahnhof Märkisches
Museum. Auf diesem Abschnitt wird
mit beiden Linien daher ein 10-Minuten-Takt
erreicht. Der dadurch wegfallende Ast
des 167ers zum U-Bahnhof Boddinstraße
wird von der vom S-Bahnhof Treptower
Park verlängerten Linie 166 im 20-Minuten-Takt
übernommen. Um in diesem Abschnitt
einen 5-Minuten-Takt erreichen zu können,
wird die Linie 104 bis U-Bahnhof Boddinstraße
ebenfalls entsprechend verstärkt.
Eine angestrebte Verdichtung beim M 41
im Zuge der Sonnenallee soll nur dann stattfinden,
wenn es gleichzeitig Busbeschleunigungsmaßnahmen
in diesem staugeplagten
Bereich gibt. Hier bleibt abzuwarten, ob
das angesichts des zu erwartenden Widerstandes
der „Verkehrslenkung Berlin“ (VLB)
gelingt.
Dauerärgernis VLB
Zur Verdeutlichung der problembelasteten
Zusammenarbeit mit Berliner Behörden
im Zusammenhang mit immer häufiger
auftretenden Baumaßnahmen erläuterte
Hartmut Reupke ein Beispiel. Die Gallwitzallee
in Lankwitz sollte zum 9. Juli 2014 eine
Grundsanierung erhalten. Am 13. August
2013 erfolgte eine Bauvorbesprechung mit
der VLB. Es wurde der BVG mitgeteilt, dass
die Gallwitzallee während der Bauarbeiten
in weiten Bereichen auch für den Busverkehr
nicht befahrbar ist. Es erfolgte daraufhin
eine Neuplanung für die betroffene Linie
M 82. Auf Grund der komplexen Baumaßnahme
wurde der M 82 faktisch geteilt und
im Linienverlauf so geändert, dass auch der
X 83 planerisch einbezogen werden musste.
Der Umstellungsaufwand war bei dieser
Maßnahme enorm.
|
Die Linie M 41 zwischen Baumschulenstraße und Hauptbahnhof fährt rund um die Uhr und gehört zu den am besten genutzten Buslinien der BVG. Eine weitere Taktverdichtung wird angestrebt, ist aber nur sinnvoll, wenn die Strecke gleichzeitig „busfreundlich“ umgebaut wird. Hier ist Widerstand der die Autobelange verteidigenden Verkehrslenkung Berlin vorprogrammiert. Foto: Angelo Januschew |
|
Das Konzept wurde der VLB im Mai 2014
übermittelt. Am 2. Juli 2014, also sieben Tage
vor Baubeginn, teilte die VLB der BVG mit,
dass die Baumaßnahme so nicht genehmigungsfähig
sei und legte der BVG eine Neuplanung
vor, bei der die Gallwitzallee weitgehend
mit Bussen befahren werden konnte.
Eine völlige Neuplanung war nun der BVG
aber nicht mehr möglich, weil die Ersatzleistungen
fahrplantechnisch und dienstrechtlich
bereits eingetütet und gegenüber den
Fahrgästen kommuniziert worden waren.
Die kurzfristige erneute Änderung hatte zur
Folge, dass teilweise Umleitungsmaßnahmen
gefahren wurden, die vom Bauverlauf
nicht mehr notwendig gewesen wären. Fazit:
Viel Geld und Zeit verschwendet, Fahrgäste
verärgert.
Kritik am Busangebot
nach Sperrung der Freybrücke
In der Publikumsfragerunde wurde das
schlechte Angebot auf der Linie M 49/X 49
nach der überraschenden Sperrung der
Spandauer Freybrücke für Kraftfahrzeuge
über 18 Tonnen bemängelt (siehe auch
SIGNAL 2/2014).
Bekanntlich wurde der M 49
ersatzweise mit 12-Meter-Bussen zunächst
nur im 10-Minuten-Takt anstelle mit 18-Meter-Gelenkbussen
bedient, der X 49 ersatzlos
eingestellt und der parallel fahrende X 34
zum S/U-Bahnhof Rathaus Spandau geführt.
Erst später wurde der Takt auf dem M 49
verdichtet, viele Busse aber blieben überfüllt.
Besonders kritisiert wurde, dass auch
der Abschnitt zwischen Zoo und Theodor-Heuss-Platz
nicht verstärkt bedient wurde.
In seiner Antwort verwies Herr Reupke
auf den Mangel an 12-Meter-Bussen in den
für diese Linien zuständigen Betriebshöfen.
Schließlich sei es dann ja zu dem verbesserten
6/7/7-Minuten-Takt gekommen. Ein Brechen
der Linie im Bereich Theodor-Heuss-Platz mit zusätzlichen Fahrten wurde als
nicht möglich betrachtet – warum eigentlich?
Ferner wies Herr Reupke darauf hin,
dass nach der Taktverdichtung beim M 49
dieses Angebot von den Fahrgästen „mehr
als eigentlich nötig“ angenommen wurde,
was die weiterhin überfüllten Busse erkläre.
Er verwies auf die schnellere Möglichkeit,
mit der S-Bahn nach Spandau und weiter
z. B. mit dem dorthin geführten X 34 zu fahren.
Offensichtlich wollten viele Fahrgäste
das aber nicht und hätten dafür vermutlich
Gründe. Fragestellern, die leere Doppeldecker und Gelenkbusse auf der Freybrücke
beobachtet haben, antwortete Herr Reupke,
dass es Ausnahmegenehmigungen ausschließlich
für leere Fahrzeuge und Fahrten
für betriebliche Zwecken gegeben hat.
Zur Frage, warum die von VBB-Umlandbetrieben
durchgeführten Fahrten auf den
Daisy-Anzeigern der BVG nicht angezeigt
werden, sagte Herr Reupke, es sei ein Systemwechsel
der Anzeigegeräte erforderlich.
Nach der gegenwärtigen Planung sei dies
erst nach 2017 möglich.
Bemängelt wurden Taktlücken beim
260er. Die Linie steht regelmäßig vor dem
S-Bahnhof Adlershof im Fahrzeugstau. Es
wurde vorgeschlagen, diese Linie auf der
vorhandenen Tram-Trasse fahren zu lassen.
Die BVG habe genau das gewollt, sagte Herr
Reupke, aber – wie sollte es anders sein –
die technische Aufsichtsbehörde hat dieses
Ansinnen abgelehnt. Schließlich sei diese
Trasse für die Tram und nicht für den Bus
genehmigt worden. Nun muss man erneut
prüfen, überlegen und mit den Aufsichtsbehörden
nach machbaren Möglichkeiten
suchen.
Probleme im Südwesten
Fahrgastkritik gab es zu ständigen Ausfällen
von Fahrten beim X 83 ab Dahlem-Dorf und
zu unregelmäßigen Verkehren auf den Linien
M 48, M 85 und 285. Gefordert wurde eine
Busspur ab Bäkestraße auf dem Hindenburgdamm,
um die Situation für M 85/285
zu verbessern. Angeregt wurde auch eine
Teilung dieser Linien bzw. Shuttle-Verkehre
in Linienteilbereichen bei Störungen. Hartmut
Reupke antwortete, der BVG seien diese
Probleme bekannt. Man sei dabei, Entstörungskonzepte
für die genannten Linien
zu erarbeiten. So denkt man z. B. über eine
ständige Führung des M 85 durch den Tiergartentunnel
anstelle der oberirdischen Lösung
durch das Regierungsviertel nach.
Fragen gab es auch zu dem erklärten politischen
Ziel, bis 2022 den ÖPNV barrierefrei
zu gestalten. Das bedeutet auch den Umbau
aller Haltestellen nach diesen Maßstäben.
Die BVG diskutiert die barrierefreien Aspekte
mit Behindertenverbänden und dem
BVG-Beirat. Bus-Kaps sind eine denkbare Lösung.
Die Genehmigung liegt hier aber bei
den sehr unterschiedlich denkenden Berliner
Bezirken. Das Ziel 2022 hat man im Auge,
es ist aber sehr fraglich, ob bis zu diesem
Zeitpunkt alles realisierbar ist.
|
Immer wieder machen unbenutzbare Haltestellen den Fahrgästen Ärger. Wenn eine Haltestelle (wie hier „An der Urania“) so zugestellt ist, muss die BVG eine Verschiebung oder eine Ersatzhaltestelle organisieren. Die Hinnahme solcher Zustände durch die BVG ist Vereitelung der Fahrgast-Information von Amts wegen. Hier müssen die BVGLinien-bzw. Gebiets-Manager einschreiten. Foto: Thomas Brodthage |
|
Kritik gab es für nicht stattfindende Haltestellendurchsagen
bei Ausfall des RBL-Systems,
überfüllte Haltestellenbelegungen am
S-Bahnhof Pankow, defekte Klimaanlagen in
Bussen sowie über Mängel bei der Anschlusssicherung
am Knoten S/U-Bahnhof Rathaus
Spandau, wenn bei Ankunft der Linie 134 der
M 37 mal wieder weg ist. Auch wurde von
den Zuhörern angeregt, die Leitstelle aktiv
in die Steuerung von Betriebsabläufen bei
Bus-Pulkbildung einzubinden. Bislang werden
in solchen häufig auftretenden Fällen
nur die Fahrer-Ablöseprobleme behandelt.
Zum letzten Punkt verwies Herr Reupke auf
ein in Erarbeitung befindliches Konzept mit
zusätzlichen Aufgaben für die Leitstelle, welches
nach der endgültigen Vernetzung der
Bus- und Straßenbahn Leitstelle, welche jetzt
beide im Betriebshof Lichtenberg angesiedelt
sind, umgesetzt werden soll.
Die gesamte Diskussionsrunde ist hier
natürlich nur auszugsweise wiedergegeben,
etliche Fragen und Anregungen wurden von
Hartmut Reupke „mitgenommen“. Mit Beifall
ging der Abend zu Ende.
Die Antworten auf offen gebliebene Fragen
zum Fahrgast-Sprechtag stehen im Internet
unter
www.igeb.org/svw-vortraege.html bereit.
IGEB Stadtverkehr
|